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Connected World in Berlin
Worauf es beim Internet der Dinge ankommt

Selbstfahrende Autos, mitdenkende Kühlschränke, Roboter als Servicekraft: Technik, die mitdenkt, wird immer wichtiger. Damit das sogenannte Internet der Dinge (IoT) funktioniert, braucht es jede Menge Daten. Doch das ist nicht der einzige Faktor, wie auf der Connected World in Berlin zu hören war.

Von Jan Rähm und Manfred Kloiber | 24.02.2018
    Das Cockpit des pilotiert fahrenden Autos "Jack" vom Typ Audi A7 am 06.01.2015 in Las Vegas, USA, auf der CES (Consumer Electronics Show)
    Selbstfahrende Autos sind nur ein Beispiel für maschinelles Lernen (picture alliance / dpa / Britta Pedersen)
    Manfred Kloiber: Es ist Kickern angesagt auf der Connected World in Berlin, einem Kongress , der sich um omnipräsente Vernetzung aller Dinge dreht - vom Akkuschrauber über den Elektroherd, der digitalen Fabrik, dem Auto oder ganzen Städten und eben halt dem Kicker. Ich spiele nicht gegen meinen Kollegen Jan Rähm, der mit mir auf dem Kongress war, der fängt nämlich gerade mit seinem Mikrofon diese Szene ein, nein, ich spiele gegen vier pneumatische Antriebe mit Schrittmotoren, die genauso wie ich versuchen, das Tor zu treffen.
    Jan Rähm: Ja, aber ganz ehrlich, wenn ich mir das Gezappel da am Kicker so anschaue, dann muss ich doch feststellen, der Kicker-Automat mit seiner Künstlicher Intelligenz spielt noch schlechter als ich und auch schlechter als mein Kollege Manfred Kloiber.
    Allerdings: Man sagt ja, es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und so wie Kollege Manfred in jahrelangem Pausen-Kicker das Spielen gelernt hat, macht das nun auch die Maschine.
    Janette Kothe: Wir statten die Künstliche Intelligenz mit der Möglichkeit aus, die Stangen zu bewegen, also ziehen ihr quasi die Fußballschuhe an. Und dann ist es so: Sie geht zum ersten Mal auf den Platz und macht ein paar zufällige Bewegungen und beobachtet zum einen sich selbst aber auch sie als Gegenspieler. Und in dem Moment, wo sie merkt, ah, der Ball geht aufs gegnerische Tor, da merkt sie, ah, das funktioniert offensichtlich. Während, wenn der Ball aufs eigene Tor geht, dann notiert sie sich das als Problem, als Fehler.
    Und so lernt sie über die Zeit, sie trainiert das über die Zeit wirklich an. Und der Clou ist dann quasi, dass wir nicht programmieren müssen, wir müssen keinen Code mehr scheiben mit vielen Zeilen, sondern die Maschine lernt selbstständig und autonom ihre Aufgabe. Wir sagen ihr nur was gut und was schlecht ist.
    Rähm: Erklärt Janette Kothe von Bosch Rexroth Hack Manufacturing. Zur Hannovermesse Industrie im April soll dann der Robo-Kicker soweit sein, dass er ein ernsthafter Gegner für menschliche Spieler ist.
    Vernetzung von Maschinen und Dingen
    Kloiber: Nun geht es hier auf der Connected World vor allem um die Vernetzung von Maschinen und Diensten - denn das ist auch das Hauptgeschäft des Veranstalters, der Robert Bosch GmbH. Hier wird also vom Internet der Dinge und der Industrie 4.0 hauptsächlich gesprochen, zwei Konzepten, die in der jüngeren Vergangenheit mehr Hype als installierte Wirklichkeit waren. Jan, Ihr Eindruck: Sind die Konzepte jetzt in der Realität angekommen?
    Rähm: Also zum Teil wirklich, sie sind angekommen. Aber es ist noch viel zu tun. Sehr viel Aufmerksamkeit wird zum Beispiel der Künstlichen Intelligenz gewidmet, von dem sich die Unternehmen große Fortschritte bei der Automatisierung versprechen. Und: diese Künstliche Intelligenz, die braucht Daten. Allerdings, und auch darum ging es, ist wildes Datensammeln nicht mehr der Königsweg. Stefan Aßmann, Leiter des Bereichs Industrie 4.0 bei Bosc, berichtet von Ansätzen, die nicht zum gewünschten Erfolg geführt haben.
    Stephan Aßmann: Beispielsweise wenn man einfach mal wild Sensoren an irgendwelche Maschinen klebt, um einfach mal alles Mögliche zu messen, und dann hofft, dass man irgendwo einen Nutzen sieht. Dann kann es sein, dass man zufällig etwas findet, oder dass man sagt, man erstickt im Datensumpf und hat zwar viele Daten aber keine echten Informationen. Das wär mal so ein Beispiel: nice try, hat aber nicht viel gebracht.
    Daten sinnvoll nutzen
    Kloiber: Und trotzdem sind Daten natürlich die Grundlage von sowohl dem IoT, dem Internet der Dinge, als auch der Industrie 4.0. Daten sollen also nicht um jeden Preis erhoben werden. Aber: Wie wird dann mit den Daten umgegangen? Werden Daten beispielsweise auch sinnvoll zwischen Unternehmen ausgetauscht?
    Rähm: Also bisher eher weniger, aber das soll sich bald ändern. Zumindest hat sich das die Neugründung Caruso aus Ismaning bei München vorgenommen. Das Unternehmen möchte eine Art offene Handelsplattform für jegliche Art von Daten schaffen, die in und um das Auto herum entstehen. Welche Daten das genau sind, das erklärt Alexander Haid, der Geschäftsführer von Caruso:
    Alexander Haid: Wir selber sammeln gar keine Daten, wir besitzen auch keine Daten. Sondern wir wissen nur, wer welche Daten hat und wer welche Daten benötigt. Und wir unterscheiden das in drei Kategorien. Die erste Kategorie, das sind die sogenannten In-Fahrzeug-Daten, die aus den Sensoren generiert werden. Wie schnell ist das Fahrzeug, wo ist das Fahrzeug jetzt?
    Die zweite Kategorie, das sind die Fahrzeug-Informationen. Das heißt, was ist das genau für ein Fahrzeug? Ist das ein BMW, ist das ein Mercedes? Hat der zwei Liter, hat der Automatik-Getriebe, was sind da für Ersatzteile drin? Die dritte Kategorie sind sogenannte Prozessdaten. Und diese drei Arten von Daten, wissen wir, wer die heute hat und wir befähigen die Firmen, sich damit untereinander zu verknüpfen.
    Wie Vernetzung dem Kunden nutzt
    Kloiber: Und was soll dann mit diesen drei Arten Daten, die ja hier in diesem Beispiel aus dem Auto stammen, die auf dem Marktplatz gehandelt werden sollen, geschehen? Können Sie uns ein Beispiel geben, Jan?
    Rähm: Es sollen zum Beispiel moderne Wartungskonzepte entstehen. Aus einem Teil der Daten ermittelt dann eines der angeschlossenen Unternehmen, wie sich der Verschleiß verhält und erstellt Prognosen, wann Bauteile oder Baugruppen ausfallen könnten. Damit lässt sich dann also die Wartung besser planen. Diese Information gehen dann einerseits ans Auto und auch an den Halter. Der kann sich dann eine App hernehmen, die natürlich auch wieder auf den Daten aus diesem Marktplatz basiert, und sich zum Beispiel Werkstätten in seiner Umgebung anzeigen lassen, die dann die erforderlichen Wartungen ausführen können – fachlich wie auch zeitlich, also, dass zeit da ist und er nicht lange warten muss.
    Dann wird der Werkstattaufenthalt gebucht, und die Informationen über die benötigten Teile gehen an die Zulieferer und die Hersteller. Die stellen dann alles bereit, übergaben die Teile und die Daten an den Logistiker und der bringt das Ganze zum richtigen Zeitpunkt zur Werkstatt.
    Das war jetzt einmal den groben Durchlauf beschrieben, wie aus einer Vielzahl von Daten dann auch wirklich Dienste entstehen können, weil App und Logistik eben nicht nur zu einem Hersteller oder zur Werkstatt gehören, sondern die Beteiligten können unabhängig agieren auf Basis der Daten. Damit das aber funktioniert, müssen auch die Schnittstellen funktionieren
    Alexander Haid: Diese Schnittstellen haben wir initial einmal festgelegt mit den ersten Partnern. Aber die entwickeln sich ständig weiter. Also da wird sich über kurz oder lang auch so eine Art Industriestandard herausstellen, wie eine Werkstatt angebunden wird, wie ein Telematik-Serviceprovider angebunden wird, wie Mobilitätsdienstleister angebunden wird oder wie ein Pannendienst angebunden wird. Weil, heute hat die Industrie extrem fragmentierte Schnittstellen. Also, da ist ja nichts harmonisiert. Also brauchen wir Zeit, um das mehr und mehr zu standardisieren und um die Effizienz weiter zu steigern.
    Nicht nur Grundlage für neue Dienste
    Kloiber: Sagt Caruso-Geschäftsführer Alexander Haid. Daten sind nicht nur die Grundlage für neue Dienste, sie sind auch Grundlage für neue Systeme, vor allem bei der Künstlichen Intelligenz. KI – sie spielt beim Thema Autonomes Fahren eine eminente Rolle - denn sie hat das Fahrerlose Auto erst möglich gemacht. Doch auch wenn heute schon autonome Fahrzeuge testweise unterwegs sind und sie statistisch gesehen wahrscheinlich wesentlich sicherer als menschliche Fahrer sind - es sind gibt noch genügend Forschungsfragen für die Industrie. Darüber sprach ich mit Michael Bolle, dem Forschungschef von Bosch.
    Michael Bolle: Die Aufgabe, die noch vor wenigen Jahren mit klassischen Algorithmen zu lösen völlig undenkbar gewesen wäre, ist es, Objekte zu erkennen und diese Objekte zuzuordnen. Also: Was ist eine Fahrbahn? Was ist die Fahrbahnbegrenzung? Was ist ein Fußgänger? Und welche Absicht verfolgt der Fußgänger? All das sind sehr relevante Fragestellungen, die man sich ausdenken kann, wenn man autonom fahren möchte. Und die sind – Stand heute – mit den Methoden des Maschinellen Lernens und der Künstlichen Intelligenz lösbar.
    Es sind allerdings auch noch einige offene Fragen, die zu beantworten sind und mit denen wir uns in der Forschung auch beschäftigen. Das sind nämlich die Fragestellungen danach, welche Garantien können wir denn abgeben zu den Ergebnissen und den Antworten und den Aussagen, die die Verfahren uns geben? Das heißt, wie sicher ist sich der Algorithmus, dass ich jetzt wirklich einen Fußgänger erkannt habe? Und ist dem wirklich so? Das sind relevante Forschungsfragen, mit denen wir uns beschäftigen."
    Eine Frage der Haftung
    Kloiber: Am Ende steht ja auch die Frage der Haftung, wenn eine Entscheidung getroffen wird. Bei der klassischen Algorithmik weiß man ja, warum eine Entscheidung getroffen ist, weil das ja im Algorithmus abgebildet ist. Bei maschinell lernenden Systemen weiß man das am Ende nicht mehr. Arbeiten Sie an diesem Problem, ist das bei Ihnen bewusst?
    Bolle: Das ist also ein sehr relevantes Thema. Und der Forschungstitel, unter dem wir das bei uns betrachten, der heißt also Explainable AI oder Erklärbare Künstliche Intelligenz. Und da steckt dahinter, dass wir sagen, wenn wir beispielsweise in die Validierung von Autonomen Systemen gehen, dann müssen wir erklären können, warum das System in einer bestimmten Art und Weise entschieden hat. Und dazu sind zusätzliche Aspekte im Bereich des maschinellen Lernens erforderlich und das bearbeiten wir im Rahmen des Themas Explainable AI.
    Kloiber: Wie macht man das denn?
    Bolle: Wir sprechen hier über Verfahren des Maschinellen Lernens, die darauf beruhen, dass man Trainingsdaten hat, die manuell und von Menschen beurteilt wurden. Und aus diesen Daten werden dann komplexe Modelle gelernt, das heißt Parameter werden ermittelt und optimiert. Und auf Basis dieser Parameter und der komplexen Modelle werden dann die Entscheidungen getroffen. Und jetzt geht es darum, diese Entscheidungen transparent zu machen.
    Das kann man zum Beispiel machen, indem man zu den Parametern, die optimiert werden, auch eine statistische Verteilung angibt auf Basis der Trainingsdaten, die man eingegeben habt. Da spricht man von Bayesschen Neuronalen Netzen. Das hat dann den Vorteil, dass man für die Entscheidungen, die abgeleitet werden, dann auch eine gewisse Wahrscheinlichkeit angeben kann, dass diese Entscheidung dann auch richtig ist. Das heißt, das Netz – das ist noch eine Hypothese, das ist noch nicht nachgewiesen – könnte sagen, ich bin mir jetzt zu 70 Prozent sicher, dass das ein Fußgänger ist, oder zu 90 oder zu 99 Prozent. Und das ist eine ganz entscheidende Frage, dass man diesen Faktor, diesen Wert aus dem Verfahren ermitteln kann. Stand heute ist das mit den Verfahren noch nicht möglich."
    Kloiber: Wofür ist denn diese numerische Angabe, so wie Sie es gerade beispielhaft gemacht haben, überhaupt gut, dass man weiß, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Entscheidung stimmt?
    !!Bolle: In den Architekturen wird man sehen, dass diese neuen Verfahren des Maschinellen Lernens in der Regel kombiniert werden mit bekannten – wir nennen sie dann klassische – Verfahren. Sodass man dann neben dem Pfad des Maschinellen Lernens auch noch einen Alternativ-Pfad hat. Um dann plausibilisieren und sagen zu können, ich habe jetzt eine Rückfall-Ebene.
    Ziel sollte natürlich sein, dass man dann zu einem Zustand kommt, wo in 99 Prozent der Fälle das System sich sicher ist, dass es fahren kann. Und in den Fällen, in denen es nicht mehr sicher ist, automatsch anhält und in eine sichere Position geht. Und dann ist in der Regel der Ansatz, dass man sagt: Wenn so etwas passiert, dann wird es im Backend eine Steuerungseinheit geben - in der Regel Menschen – die dann dieses Fahrzeug in Fernsteuerung aus dieser Position heraus manövrieren.
    Große Herausforderungen für das Internet der Dinge
    Kloiber: Michael Bolle, war das über Autonomes Fahren und die Notwendigkeit, die Qualität autonomer Entscheidungen auch bewerten zu können. Die Qualität oder Zuverlässigkeit einer Entscheidung ist das eine, das andere ist die Zuverlässigkeit und Integrität der Systeme und aller Daten. Ein Problem, das vor allem eben in vernetzten Systemen mit vielen Einzelkomponenten, bislang jedenfalls noch nicht besonders tiefschürfend angegangen wurde, Jan?
    Rähm: Die IT-Sicherheit des Internets der Dinge und im Internet der Dinge sicherzustellen, das wirft gleich mehrere Herausforderungen auf. Eine zum Beispiel ist, dass viele der Geräte - denken Sie zum Beispiel an vernetzte Sensoren - sehr leistungsschwach sind. Eine andere Herausforderung ist, dass die Geräte sich eindeutig authentifizieren und identifizieren müssen. Für dieses Problem orientiert sich ein Aussteller an der Identifikation und Verifikation von menschlichen Mitarbeitern, man spricht vom Identitätsmanagement. Gerade in Großunternehmen kommen dafür Zertifikate und elektronische Schlüssel zum Einsatz. Und diesen Ansatz überträgt Forgerock, so heißt das Unternehmen, auf das Internet der Dinge.
    Allerdings - siehe Herausforderung 1 - sind viele IoT-Geräte entweder zu schwach oder gar schon zu alt. Gerhard Zehethofer von Forgerock erklärt, wie auch solche Geräte sicher eingebunden werden können:
    Gerhard Zehethofer: Das wird so gelöst, dass wir ein Stück Software in einem Gateway-Produkt implementieren. Dieses Gateway-Produkt ist fähig, diese Route of Trust zu etablieren bis zum Identity-Store. Die Verbindung dann zu den Restricted devices, die dann eben nicht in der Lage sind, eine eigene Route oft Trust zu etablieren, werden an dieses Gateway angeschlossen und vom zentralen Identity-Store quasi freigeschaltet. Sodass auch diese Geräte nicht einfach an- und abgeschlossen werden können und in den System-Verbund eingehen.
    Kloiber: Starkes Statement - aber ganz ehrlich gesagt auch ein bisschen viel IT-Chinesisch, oder?
    Rähm: Ja, aber wir können das Ganze ja aufdröseln, wie man so schön sagt. Es wird also ein ganz spezielles Gerät, das sogenannte Gateway, vor die schwachen oder die älteren Dinge geschaltet.
    Auf diesem Gateway mit einer speziellen Software wird dann die Authentifizierung gegenüber einem, zum Beispiel zentralen Rechner abgewickelt. Und danach können die Dinge sich über dieses Gateway also im Netzwerk ganz klar ausweisen.
    Mehr Sicherheit bei der Vernetzung bei der Datenweitergabe
    Kloiber: Bei dieser Vernetzung dann kann ja aber auch noch eine Menge schiefgehen. Beziehungsweise die Vergangenheit hat ja immer wieder gezeigt, dass gerade über schwache Stellen und eben schlecht abgesicherte Geräte, die Netze insgesamt angegriffen und teilweise sogar übernommen werden. Wie will die Industrie dem vorbeugen?
    Rähm: Über diesen Aspekt habe ich mit VMware gesprochen. Das Unternehmen kennt man ja eher aus dem Bereich der Rechenzentren und mancher kennt es auch von seinem Schreibtischrechner, wenn man da eine virtuelle Maschine nutzt. Diesen Ansatz nun verfolgt VMware auch in Sachen Netzwerke von Dingen, wie mir Matthias Schorer erklärte. Er sagte, man baue virtuelle Netzwerke auf:
    Matthias Schorer: Somit haben Sie dann die Möglichkeit, alles was das Netzwerk angeht, auch von einer zentralen Stelle zu managen, als wäre dieses Gateway in Ihrem Rechenzentrum, obwohl es sich vielleicht in einem Fahrzeug befindet oder in der Maschine auf einer Windturbine oder was auch immer. Somit ist für die Netzwerk-Leute die Sicht auf diese ganze Infrastruktur eine sehr ähnliche, die sie auch für das Rechenzentrum haben. Und Sie können jetzt auch sagen, ich brauche eine Firewall-Regel, die alle bis auf einen Port schließt für jedes Gateway, was in Windturbinen verbaut ist. Und dann wird das automatisiert entsprechend ausgerollt und somit haben Sie diesen Teil, der sich so weit außerhalb der IT befindet, auch abgesichert mit Mitteln, die eben die IT zur Verfügung hat.
    Rähm: Die räumlich weit verteilten Geräte werden nicht ans gleiche Netzwerk angeschlossen, sondern vielmehr in einem gesicherten, virtuellen Netzwerk zusammengefasst. Und für den Administrator sieht das Ganze dann so aus wie ein homogener Verbund von Komponenten, der gemeinsam gemanagt und gewartet werden kann.
    Künstliche Intelligenz wird bei der Vernetzung von Fahrzeugen immer wichtiger
    Kloiber: Jan, kommen wir zurück auf das Thema Auto und autonomes Fahren. Darüber habe ich mich auf der Connected World mit Günther Schuh unterhalten. Schuh ist einerseits Professor für Werkzeugmaschinenbau an der RWTH in Aachen und beschäftigt sich viel mit dem Thema Industrie 4.0. Und andererseits ist er auch Chef eines mittelständischen Autobauers mit 150 Mitarbeitern. Die Firma heißt e-go und baut komplette Elektro-Autos. Bekannt geworden ist er mit einem speziellen Kleintransporter, den sein Team für die Deutsche Post entwickelt hat. Schuhs Autos, die sollen anders sein - einfacher und billiger als herkömmliche mit Verbrennungsmotoren. Dabei sind Künstliche Intelligenz und die Vernetzung der Fahrzeuge ganz wichtig, meint Schuh.
    Schuh: Also grundsätzlich spielt das eine riesige Rolle, wie natürlich KI in vielen Bereichen jetzt in den nächsten Jahren eine gravierende Rolle spielen wird. Am stärksten werden wir sehen in der Befähigung des autonomen Fahrens. Da ist die wirklich intelligente Lösung dann erreichbar, wenn nicht nur das Auto befähigt wird Verkehrssituationen zu beherrschen, sondern wenn es mit seiner Infrastruktur - man fängt mit den Ampeln und den Schildern an - sozusagen reden kann, sie lesen kann, sie interpretieren kann.
    Und dann geht es weiter, wenn es mit anderen Autos kommunizieren kann. Weil wir auf einmal so viel Daten verarbeiten können und – also nicht nur einsammeln können, sondern durch KI überhaupt vernünftig und schnell genug verarbeiten können - dass wir dem Traum, dass es quasi ein völlig unfallfreies Fahren geben könnte, mit hoher Geschwindigkeit kommen. Also, das sehe ich mit hoher Geschwindigkeit durch KI im Automobilbau auf uns zukommen.
    Kloiber: Eine andere wichtige Frage bei der Elektromobilität ist ja das Energiemanagement. Und auch da sagen viele Experten, für das vernünftige Energiemanagement ist künstliche Intelligenz und vor allen Dingen Vernetzung unabdingbar. Sehen Sie das auch so?
    Schuh: Sehe ich auch so. Also das sehen wir heute schon bei guten, sogenannten Level III automatisierten Autos, also die erweiterten Assistenzsysteme, die wir jetzt seit jüngstem kaufen können. Was im Prinzip durch die Abstimmung mit der Verkehrssituation, also wie viel Verkehrsdichte haben wir. Das weiß das System über die drei Kilometer im Voraus. Das weiß auch, nach dem Hügel, dass da eine Geschwindigkeitsbegrenzung kommt und statt, dass ich dann bis dahin noch Hundert fahre auf der Landstraße, bremst er mich autonom ab. Und ich fahre damit ernsthaft 20, 30 Prozent Verbrauchs- oder Emissions-günstiger. Einfach durch diese Intelligenz Stufe. Und stellen Sie sich mal den Masseneffekt vor, wenn wir das mit allen Fahrzeugen machen. Sensationell!
    Kloiber: Auf der anderen Seite sind das alles sehr viele Fehlerquellen. Ist es nicht problematisch, wenn man das durch solche Ansätze überkomplex macht?
    Schuh: Ich glaube nicht, dass das am Schluss überkomplex ist. Trotzdem haben Sie recht, dass das jetzt in der Einführungsphase tatsächlich so ist. Da müssen wir wie bei anderen Zukunftssystemen ein bisschen durch. Ich glaube aber, dass die Innovativen unter uns das eine Zeit lang mitmachen und dazu beitragen, dass diese Systeme in ein paar Jahren - nicht in zwei, drei - aber in fünf bis zehn Jahren sind die so robust und so massenhaft verfügbar, dass das wirklich unser Mobilitätsverhalten verändern wird.
    Kloiber: Ihr Credo ist ja, wenn E-Mobilität abgehen soll, dann muss sie preiswert sein. Nun wissen wir ja aus der klassischen Autoindustrie, dass zwar ein immer größerer Teil der Wertschöpfung über Software gemacht wird. Auf der anderen Seite, Autos werden nicht billiger. Wie kann denn unter diesem Aspekt der Wirtschaftlichkeit der zunehmende Einzug von Informationstechnik ins Auto helfen, E-Mobilität auch preiswerter zu machen?
    Schuh: Wenn man es richtig macht, und so weit sind wir heute mit der IT, und zwar Hardware wie Software, dass wir wirklich entkomplizieren können. Also unser Auto hat als Ziel, als Entwicklungsziel Simplicity, Einfachheit. Und wir haben zum Beispiel in der Basisversion ein 15 Sekunden-Ziel ausgegeben. Man muss, wenn man sich zum ersten Mal in unser Auto setzt, nach 15 Sekunden sich mit dem Auto angefreundet haben. Das heißt, alles was relevant ist hat man verstanden und kann man bedienen, 15 Sekunden. Also ich guck da rein und ich erkenne an meinem Display – und das ist ein ganz einfaches, schönes buntes Display - aber ist nicht viel drauf. Und dann hab‘ ich meinen Lichtschalter gefunden, dann hab‘ ich meine Blinker usw. weiter gefunden, meine Heizungs-Betätigung. Und dann gibt es noch ein schickes Touch-Screen in der Mitte sozusagen. Das kann aber völlig ausbleiben. Wenn ich jetzt nur fahren will, dann kann ich das alles. Und das ist die Chance, dass wir die Usability, ich sag mal zunächst mal auf Einfachheit in der Anwendung und auf Sicherheit in der Anwendung trimmen. Und das ist ein ganz neuer Approach.
    Einfachheit und Sicherheit
    Kloiber: Günther Schuh war das. Einfachheit und Sicherheit fordert er als neuen Ansatz für die Elektromobilität.
    Rähm: Einfachheit und Sicherheit, das sind eigentlich auch Forderungen die für das Internet der Dinge an sich gelten müssten, gerade dann wenn sie private Bereiche treffen, also sprich vernetzte Küchen, vernetzte Wohnungen oder vernetzte Unterhaltungselektronik. Das war aber hier auf den BCW2018 nicht das Thema.
    Kloiber: Vielleicht wird das Thema sein auf dem Mobile World Congress nächste Woche in Barcelona, von dem wir natürlich auch berichten. Soweit über die Connected World diese Woche in Berlin. Herzlichen Dank an Jan Rähm. Und nun das digitale Logbuch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.