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DAAD fördert ausländische Wissenschaftler
Gegen den Braindrain aus Afrika

Immer mehr Flüchtlinge kommen aus Afrika – darunter mancher, der in Afrika selbst gebraucht würde. Etwa im Wissenschaftsbetrieb. Doch bisher fehlt es vor Ort an attraktiven Arbeitsmöglichkeiten für afrikanische Wissenschaftstalente. Jetzt will die Bundesregierung das Abwandern der Talente aus Afrika stoppen.

Von Ludger Fittkau | 29.04.2015
    Die Zentrale des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD).
    Die Zentrale des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). (picture alliance / dpa / Oliver Berg)
    Lovell Fernandez lehrt als Jura-Professor an der Western Cape-Universität im südafrikanischen Kapstadt. Er leitet dort eines der sieben sogenannten "Fachzentren", die mit Mitteln des DAAD und des Berliner Außenministeriums an afrikanischen Universitäten eingerichtet wurden. In Kapstadt können Master-Studierende und Doktoranden Stipendien bekommen, wenn sie etwa dazu forschen, wie man Korruption oder Geldwäsche besser bekämpfen kann. Lovell Fernandez:
    "Wir unterrichten die Studierenden, wie sie Korruption und kriminelle Geldwäsche erkennen können. Und mit welchen Strategien sie dagegen arbeiten können. Entweder mit Mitteln des Rechts oder auch mit Ermittlungstechniken, mit denen man diese Typen von Kriminalität bekämpfen kann."
    Aus den Studierenden werden somit künftige Staatsanwälte oder Richter. Gebraucht werden sie gerade in Ländern, die sich im Übergang von despotischen Regimen zu Demokratien befinden.
    Entstanden ist dieses juristische Fachzentrum in Südafrika in enger Kooperation der Western Cape und der Berliner Humboldt-Uni. Eine Zusammenarbeit, die bereits unmittelbar nach dem Mauerfall in Deutschland 1989 begann. Gemeinsam war Ostdeutschen und Südafrikanern damals die Erfahrung, dass sowohl die Zeit nach dem Ende der Apartheid als auch nach der Überwindung der deutschen Teilung enorme Auswirkungen auf die Rechtssysteme beider Länder hatten. Auch heute noch müssen viele Länder Afrikas den Übergang von Diktaturen zu demokratischen Strukturen bewältigen. Lowell Fernandez:
    "Unsere Studierenden kommen aus sehr verschiedenen Ländern Afrikas. Die meisten aus anglophonen Ländern des Kontinents, vor allem aus Ostafrika. Aber es kommen auch einige aus Zentralafrika, etwa aus Ruanda. Und wir haben auch einige deutsche Studierende, die an den Seminaren teilnehmen."
    Dorothea Weiler vom Deutschen Akademischen Auslandsdienst war vor sieben Jahren an der Entwicklung des Fachzentrumsprogramms für Afrika maßgeblich beteiligt. Dem DAAD ging es mit diesem Projekt vor allem darum, besonders förderungswürdige junge Wissenschaftstalente nicht mehr nur nach Deutschland zu holen. Sondern ihnen gute Studien- und Arbeitsbedingungen in ihren Heimatorten zu geben. Dorothea Weiler:
    "Das Fachzentren-Programm ist vom DAAD entwickelt worden, um den speziellen Bedürfnissen der afrikanischen Universitäten entgegen zu kommen. Wer Afrika bereist hat oder wer in Afrika sich aufgehalten hat, dem ist bekannt, dass zwar sehr viele junge Menschen auf die Universitäten zuströmen, dort es aber sowohl an der Anzahl der Lehrkörper fehlt, Infrastruktur fehlt, die akademische Qualität verbessert werden soll."
    Nicht nur Afrika profitiert
    Auch deutsche Wissenschaftler beteiligen sich aktiv an der Arbeit der afrikanischen Fachzenten. Gabriele Bäcker ist Geschäftsführerin des Instituts für Entwicklungsforschung und Entwicklungspolitik an der Uni Bochum. Das Institut ist an einem politikwissenschaftlichen Fachzentrum in Afrika beteiligt, das zum Thema Armut forscht. Das gemeinsame Projekt wurde gestartet, als man in Bochum merkte: 50 Prozent der internationalen Studierenden an der Ruhr-Uni kommen aus Afrika. Nur arbeiten deutsche und afrikanische Wissenschaftler im Fachzentrum direkt vor Ort – dort, wo die Probleme entstehen. Etwa in den südafrikanischen Townships, so Gabriele Bäcker:
    "Beispielsweise schauen wir in einem Township: Wie wirksam ist ein Projekt, das zur Armutsreduzierung gedacht ist? Wie wirkt das? Es hat sich jemand am grünen Tisch ausgedacht, wie machen dies und jenes. Und dann gucken wir uns in der Realität an, wie wirkt das denn auf die Menschen. Das ist ein konkretes Beispiel."
    Der Gießener Uni-Chef und DAAD-Vizepräsident Joybrato Mukherjee hebt hervor: Nicht nur Afrika profitiert inhaltlich von der Fachzentren des DAAD, sondern auch Europa. Er nennt ein Beispiel aus dem Feld des transnationalen Rechts:
    "Nehmen sie etwa Überlegungen in Südafrika zu grenzüberschreitenden Naturreservaten, ihre rechtliche Verortung. Wie gehen sie mit unterschiedlichen Rechtssystemen, die aber auf einen zusammenhängenden Nationalpark einwirken, um? Das erinnert ganz schnell an unsere europäischen Verhältnisse, wo wir im supra-nationalen Rahmen auch mit unterschiedlichen Rechtssystemen aber gemeinsam agieren wollen.
    Joybrato Mukherjee ist sicher: Nach nunmehr sieben Jahren Erfahrung sind die Fachzentren in Afrika sowohl im DAAD als auch im Auswärtigen Amt anerkannt. Als ein wichtiger Baustein für die sogenannte "Außen-Wissenschaftspolitik" Deutschlands. Sie werden auch künftig so oder in ähnlicher Form weitergeführt. Der Braindrain aus Afrika soll schließlich nachhaltig gestoppt werden.