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Datenschutz-Reform
IT-Firmen fürchten enge Fesseln

Nach vier Jahren Verhandlung haben sich die EU-Kommission, das Europaparlament und die Mitgliedsländer auf eine Reform des europäischen Datenschutzes geeinigt. Unternehmen, die gegen die zum Teil verschärften Bestimmungen verstoßen, müssen künftig wohl mit empfindlichen Strafen rechnen. Wie kommt das bei den betroffenen Unternehmen an?

Von Philip Banse |
    Ein Passwort wird auf einem Laptop über die Tastatur eingegeben.
    Die strengen Anforderungen der neuen Richtlinien in Software einzubauen verursache erheblichen Aufwand, kritisiert der IT-Lobbyverband Bitkom. (picture alliance / dpa / Oliver Berg)
    Grundsätzlich sind weite Teile der Wirtschaft erleichtert, dass nach vier Jahren zäher Verhandlungen jetzt weitgehend klar ist, wie der Datenschutz europaweit ab 2018 geregelt wird. Sandra Schulz vom Verband der Internetwirtschaft, eco:
    "Ja, ist positiv, endlich, dass es erledigt ist. Nettes Weihnachtsgeschenk der EU noch für uns alle – auch wenn wir damit bestimmt nicht alle 100-prozentig glücklich sind und sagen, ja, das ist jetzt, was wir uns gewünscht haben."
    Der Kompromiss zwischen EU-Parlament, Kommission und Ministerrat muss noch von den Gremien verabschiedet werden, das gilt aber als Formalie und so werde die EU einen großen Schritt in Richtung eines einheitlichen digitalen Marktes machen, sagt der deutsche Verband der Internetwirtschaft:
    "Dann ist natürlich toll, dass die Unternehmen einen Markt haben von über 500 Millionen Verbrauchern. Das haben wir uns ja auch immer gewünscht, dass wir ein Produkt entwickeln. Und dann geht das mit den gleichen Datenschutzregeln in alle Länder rein."
    "Das bleibt abzuwarten", entgegnet Sandra Dehmel, Datenschutzexpertin beim Bitkom, dem Lobbyverband der deutschen IT-Industrie:
    "Diese Verordnung befördert den digitalen Binnenmarkt nur insofern, als dass sie einen einheitlichen Rechtsrahmen bietet. Aber ob dieser Rechtsrahmen inhaltlich die Digitalisierung befördert, da wage ich doch erhebliche Zweifel anzumelden."
    Kunden sollen das Recht bekommen, persönliche Daten löschen zu lassen
    Die zahlreichen Verbraucherschutzregelungen verursachten großen bürokratischen Aufwand für die Wirtschaft. Nach Hochrechnungen des Statistischen Bundesamtes liegen die Umstellungskosten zwischen gut 500 Millionen und gut einer Milliarde Euro, die jährlichen Mehrkosten bei einer und rund 2,5 Milliarden Euro – je nachdem, was am Ende wirklich in der Verordnung steht. Kunden sollen nach dem jetzigen Entwurf das Recht bekommen, persönliche Daten löschen zu lassen; sie sollen Daten auch von einem Dienst zum anderen leichter mitnehmen können; Unternehmen sollen Kunden und Behörden auch viel öfter und genauer informieren müssen, wenn Kundendaten verloren oder illegal kopiert wurden. Sie sollen auch viel öfter als heute die Zustimmung ihrer Kunden einholen müssen, bevor sie deren Daten verarbeiten dürfen. Das alles in Software und Produkte einzubauen, verursache erheblichen Aufwand und sei nicht immer sinnvoll, sagt Sandra Dehmel vom IT-Lobbyverband Bitkom. Sie kritisiert etwa, dass Unternehmen die Daten von Jugendlichen unter 16 nur verarbeiten können sollen, wenn deren Eltern zugestimmt haben:
    "Sollen 14-Jährige jetzt nicht an einem Preisausschreiben teilnehmen dürfen und sagen, ja, ich möchte Informationen über den, weiß ich nicht, Jugendkanal haben, ohne dass sie ihre Eltern fragen?"
    Auch andere Industrieverbände wie DigitalEurope fürchten zu strenge Fesseln für die Firmen – etwa im Vergleich zu den USA. Der Bundesverband der IT-Anwender Voice, dem 400 Unternehmen organisiert sind, kritisiert: Der "alleinige Fokus auf den Datenschutz der Bürger" behindere Innovationsprozesse und die Zusammenarbeit von Unternehmen. Sandra Schulz vom Verband der Internet-Wirtschaft, eco, hofft auf den Mehrwert des einheitlichen europäischen digitalen Marktes:
    "Zurzeit sind es erst mal Investitionen zwei Jahre. Dann wird sich zeigen, ob sich 2018, 2019, 2020 diese Investitionen wieder refinanzieren."
    Facebook hat auf eine Anfrage per E-Mail nicht reagiert. Ein Sprecher von Google Deutschland wollte sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern, weil die Verordnung noch nicht beschlossen sei."