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Deal der Superlative

Europas größter Telekom-Konzern Vodafone plant einen rund 130 Milliarden Dollar schweren Ausstieg aus dem US-Mobilfunk-Joint-Venture mit Verizon. Die Einigung scheint unter Dach und Fach zu sein, Einzelheiten könnten heute Abend bekanntwerden.

Von Felix Lincke | 02.09.2013
    Es wäre ein Deal der Superlative. Vodafone steht vor dem Verkauf seiner Anteile am US-Mobilfunkkonzern Verizon Wireless, der die Aktien selbst erwerben will, um unabhängig zu werden von Vodafone. Dafür müsste Verizon allerdings einen sehr hohen Preis bezahlen.

    Erinnerungen an die Übernahme von Mannesmann durch Vodafone werden wach. Mit 172 Milliarden US-Dollar war das der größte Deal der Mobilfunkbranche. Aktuell geht es um 130 Milliarden Dollar, und wieder ist Vodafone dabei, diesmal unter umgekehrten Vorzeichen: statt einer feindlichen Übernahme steht eine einvernehmliche Trennung von dem US-Partnerunternehmen Verizon Wireless an. Branchenanalyst Andreas Wex von der Commerzbank sieht darin eine eher ruhige und gut überlegte Finanztransaktion:

    "Verizon ist vielleicht nicht so sehr bekannt in Deutschland. Das ist schon der beste und profitabelste Mobilfunkanbieter, den es in den USA gibt. Von daher ein sehr interessantes Asset, keine Frage, aber auch nicht billig bewertet, also man kann schon Geld dafür bekommen."

    Seit mehr als zehn Jahren versuchen Vodafone und Verizon sich über das Wesen ihrer Mobilfunkpartnerschaft klar zu werden, und der Selbstfindungsprozess ist noch immer nicht ganz abgeschlossen. Von kompletter Trennung bis Vollfusion zu einem gemeinsamen Großunternehmen wurden schon alle Möglichkeiten durchgespielt.

    Nach dem letzten Stand könnte Vodafone bei Verizon zu einem geringeren Teil beteiligt bleiben. Nur für etwa die Hälfte der bisherigen Beteiligung von 45 Prozent in den USA bekommen die Briten richtiges Geld. Verizon will dafür einen Kredit über mehr als 60 Milliarden Dollar aufnehmen, finanziert zu gleichen Teilen von Bank of America, Barclays, JP Morgan und Morgan Stanley:

    "Ich glaube, dass jetzt gerade der Zeitpunkt ganz gut passt für beide Seiten. Wir haben auf der einen Seite Vodafone, die in Europa sich konzentrieren müssen, die auch von der Verschuldung nicht so sind, dass sie große Sprünge machen können, um das Europa-Geschäft zu stärken. Die Übernahme Kabel Deutschland kostet ja auch, das sind zehn bis elf Milliarden. Auf der anderen Seite bei Verizon ist es ähnlich, so dass man sagt: ‚Gut!’ Die Zinsen steigen, und die werden sich einen Kredit über 60 - 65 Milliarden besorgen müssen. Das heißt, ein Prozent Steigung macht hier 600 Millionen Dollar aus, das heißt auch, da gibt es einen gewissen Druck, das jetzt zu machen."

    Außerdem im Angebot ist ein Anteil von 23 Prozent an Vodafone Italia, den Verizon abgeben will. Für Vodafone läuft es auf eine Konzentration auf das Europageschäft hinaus mit einem eindeutigen Schwerpunkt in Deutschland. Von der Beteiligung an dem zweitgrößten französischen Mobilfunker SFR hat Vodafone sich zwar getrennt. Die Briten bieten aber für Kabel Deutschland, was sie insgesamt knapp acht Milliarden Euro kosten würde. Außerdem erfordert die Infrastruktur hier weitere Investitionen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. An der Börse gab es auch schon das Gerücht, dass Vodafone mit dem frischen Geld in der Kasse zu einem Übernahmekandidaten werden könnte. Der US-Telekomriese AT&T hätte allerdings nur Interesse am Mobilfunk von Vodafone, nicht am Kabel- und Festnetzgeschäft. Nach einer langen Flaute ist der Mobilfunkmarkt wieder kräftig in Bewegung gekommen. Nicht nur in den USA, auch in Deutschland, Frankreich und Italien hat Vodafone mit seinen zahlreichen Beteiligungen für Aufregung und Übernahmephantasie gesorgt.