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Debatte über Verfassungsschutzpräsident
Koalitionskonflikt um Maaßen schwelt weiter

Weder die Union noch die SPD will die Große Koalition an dem Streit um Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen zerbrechen lassen. Eine Lösung zeichnet sich vor dem erneuten Treffen der Parteichefs zu Maaßens Zukunft aber auch nicht ab.

Von Gudula Geuther |
    Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), spricht auf einem Symposium.
    Verfassungsschutzpräsident Maaßen in der Kritik (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
    Wie gestern Kanzlerin Angela Merkel, wie in der SPD zumindest die Führungsriege, so sagt auch CSU-Chef Horst Seehofer am Morgen vor dem Parteitag: Die Koalition wird weiterarbeiten. Man habe in den vergangenen Wochen viel Positives entschieden, betonte der Bundesinnenminister vor Journalisten. Wie der Streit gelöst werden kann, ließ auch er offen. Nach ihrem Treffen am Mittwoch hatten die Parteichefs der Koalition, Angela Merkel, Andrea Nahles und Seehofer selbst Stillschweigen vereinbart. Das bindet die drei, die sich in der Causa Maaßen auf Dienstag vertagt haben. Aber nicht alle anderen. Auch nicht Christian Ude, den SPD-Politiker und früheren Münchner Oberbürgermeister. Im Deutschlandfunk bekräftigt auch er:
    "Das ist doch jetzt nicht Frage, ob die Koalition fortbesteht oder nicht."
    Um dann die Unionsparteien zu ermahnen.
    "Es geht jetzt um eine Personalfrage, wo man Farbe bekennt. Und je länger die Union an Herrn Maaßen festhält, desto länger hat sie ein qualvolles Thema am Backen."
    SPD verweist auf Unionsstreit
    Auch Bundesjustizministerin Katarina Barley sieht die Union am Zug. Und deutet den Streit, in dem ihre eigene Partei, SPD, die Ablösung Maaßens als Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz fordert, als weitere Auseinandersetzung zwischen CDU und CSU. "Wir sind in einer schwierigen innenpolitischen Situation" konstatiert sie gegenüber der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Umso wichtiger sei eine geschlossene und starke Regierung. CDU und CSU hätten zu viel Energie in innerparteiliche Konflikte gesteckt. Jetzt sei es überfällig, dass Merkel und Seehofer wieder einen gemeinsamen Weg fänden.
    Tatsächlich ist nicht bekannt, ob CDU und CSU in der Frage an einem Strang ziehen. Innenminister Seehofer hatte Maaßen demonstrativ gestützt. Mit seinen Äußerungen zu den Vorkommnissen in Chemnitz, in denen er Zweifel geäußert hatte, dass es Hetzjagden gegeben hatte und ein Video in Frage gestellt hatte, hatte Maaßen sich gegen Angela Merkel gestellt, die sich zuvor auf beides bezogen hatte. Und so zeigt auch Boris Pistorius, SPD, Innenminister in Niedersachsen, auf CDU und CSU. Freilich nicht nur mit Appellen zur Einigkeit. Notfalls müsse auch Maaßens Dienstherr Horst Seehofer gehen, fordert er im Interview mit der "Welt". Dabei steht unter den Vorwürfen gegen Maaßen für ihn offenbar nicht dessen Interview zu Chemnitz im Vordergrund, sondern ein Treffen mit dem Rechtsausschussvorsitzenden Stephan Brandner von der AfD. Nach einem – vom Verfassungsschutz freilich scharf dementierten – Bericht soll Maaßen dabei vertrauliche Informationen weitergegeben haben. Angela Merkel, so sagt deshalb Boris Pistorius, müsse sich entscheiden, was für sie an erster Stelle stehe – der Burgfrieden mit der CSU oder ihr Führungsanspruch und verantwortungsvolle Politik.
    CSU wirft SPD "überzogene Rhetorik" vor
    Der Unionsfraktionsvize Ralph Brinkhaus mahnt dagegen im SWR:
    "Das ist sicherlich keine ganz einfache Situation, aber trotzdem denke ich doch, dass vernünftige Menschen miteinander darüber reden werden, dass sie zu einer Lösung kommen werden, und dass das jetzt wirklich nicht die Fallhöhe hat, daraus für die Koalition etwas Größeres abzuleiten."
    Wie Horst Seehofer betont auch er: Man mache gute Politik. Alexander Dobrindt wirft der SPD "überzogene Rhetorik" vor. In der "Passauer Neuen Presse" beschuldigt der CSU-Landesgruppenchef die Genossen, mit dem Beharren auf Rücktritt oder Entlassung Maaßens mehr den Gegnern der rechtsstaatlichen Ordnung zu nutzen als deren Hütern. Die SPD möge wieder runterkommen von ihrem Baum. Tatsächlich stellt sich nach wie vor die Frage, was die SPD tun will, sollte sie sich nicht durchsetzen. Boris Pistorius weicht der Frage aus. Wie viele – nicht nur unter den Genossen – hofft er offenbar auf einen Rücktritt des Spitzenbeamten – für den es derzeit keine Anzeichen gibt.