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Diabetes
Herzspezialisten gefragt

In Deutschland leiden über sechs Millionen Menschen an Diabetes. Deutlich häufiger als andere Menschen haben Diabetiker Probleme mit hohem Blutdruck und damit verbundenen Herzerkrankungen.

Von Anna-Lena Dohrmann |
    Kretzschmann: "Das war wohl eine Routineuntersuchung und da stellte der Arzt fest, dass auch Zucker im Spiel ist. Schmerzen hatte ich keine, keine Nachteile."
    Die Diagnose Diabetes bekam Günter Kretzschmann vor gut 20 Jahren. Damals haben die Ärzte auch festgestellt, dass sein Blutdruck zu hoch ist. Doch wirklich ernst genommen hat der 67-jährige seine Krankheiten nicht. Jetzt kämpft er mit den Komplikationen: "Es sind starke Schmerzen in der Brust, bei den unterschiedlichsten Aktivitäten: Radfahren, alles Mögliche, Schwimmen… Erstmals waren die Schmerzen vor acht Jahren und daraufhin habe ich drei Bypässe bekommen."
    Denn Günter Kretzschmann hatte einen Herzinfarkt. Seine Herzgefäße waren zum Teil verschlossen, nur eine große Operation konnte ihm noch helfen. Solche Verläufe sind typisch, weiß Prof. Dietrich Pfeiffer, Leiter der Kardiologie der Uniklinik Leipzig: "Wir wissen, dass etwa ein Drittel aller Patienten die zu uns ins Katheterlabor kommen mit einem Herzinfarkt oder Vorstadien eines Herzinfarktes Diabetiker sind. Ein Drittel!"
    Das Problem: Der zu hohe Zucker im Blut schadet den Gefäßwänden. Es lagern sich langsam schädliche Substanzen ab. Kleine Gefäße können sogar komplett verstopfen - im Herzen führt das zum Infarkt. Durch die Ablagerungen versteifen außerdem die Gefäßwände. Dadurch steigt der Blutdruck an. Ein Teufelskreis, denn zu hoher Blutdruck schadet wiederum den Gefäßen. Deshalb müssen die Herzspezialisten Diabetiker besonders intensiv betreuen. "Die meisten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, also Hypertonie zum Beispiel, wird beim Diabetiker etwas anders behandelt als beim Nicht-Diabetiker. Da sind Medikamente, auch Medikamentenkombinationen, untersucht, die man normalerweise gar nicht oder allenfalls im Ausnahmefall machen würde."
    Durchblutungsstörungen erkennen
    Gerade beim Beispiel Bluthochdruck, also Hypertonie, haben die Ärzte in den letzten Jahren noch etwas dazugelernt. "Das war so eine Philosophie über viele Jahre zu sagen, der Diabetiker muss strenger eingestellt werden, niedrigere Blutdruckwerte haben als der Nicht-Diabetiker. Das war solange richtig, bis es eine Studie gab, die so ganz am Rande gezeigt hat, dass eine gar zu strenge Blutdruckeinstellung des Diabetikers mehr Schlaganfälle produziert."
    Die Erklärung dafür: Bei Diabetes-Patienten verengen sich vor allem die kleinen Gefäße – auch im Gehirn. Damit überhaupt noch Blut durch diese engen Gefäße kommt, braucht es den höheren Druck. Die Durchblutungsstörungen sind das Hauptproblem. "Bei Durchblutungsstörungen soll der Diabetiker stärker, kräftiger, auch mit stärkeren Medikamenten, auch mit höheren Dosen an blutgerinnungshemmenden Substanzen behandelt werden, als der Nicht-Diabetiker."
    Denn ein einmal eingetretener Schaden ist nicht mehr rückgängig zu machen. Doch oft werden Durchblutungsstörungen zu spät entdeckt. "Wenn dann der Patient keine Beschwerden hat und das EKG in Ordnung ist, dann unterstellt mancher leichtfertig, da wird am Herzen nichts sein. Manchmal sind aber schwere Veränderungen längst da und man könnte sie auch nachweisen, wenn man Belastungs-Ultraschall-Untersuchungen macht, so wie die Diabetes-Gesellschaft das ja auch empfiehlt."
    Nur wenn man diese Patienten erkennt, können schwere Komplikationen verhindert werden. Medikamente sind dabei wichtig, doch viele Patienten müssen auch ihren Lebensstil verändern. Günter Kretzschmann ist das viele Jahre nicht gelungen. "Also ich habe diese Krankheiten immer verdrängt undhabe auch nichts dagegen getan. Nach wie vor zu viel gegessen, zu fettig. Und das war dann wohl sicher falsch."
    Jetzt bemüht sich der 67-jährige, mehr auf seine Gesundheit zu achten. Denn nicht nur die unterschiedlichen Ärzte müssen an einem Strang ziehen, auch die Patienten müssen mitmachen.