Mittwoch, 17. April 2024


Die »lyrix«-Gewinner im Dezember 2014

'Salz - Weißes Gold' war unser Thema im Dezember. Zum Jahresabschluss wollten wir von euch wissen, ob Salz für euch mehr ist, als die Würze in eurem Mittagessen. Inspiration boten euch Exponate aus dem Salzmuseum Lüneburg und das Gedicht 'salat' von Ulrike Draesner. Hier sind die Gewinnertexte.

31.12.2014
    Salzgewinnung und Verarbeitung in Walvis Bay am Atlantischen Ozean
    Salzgewinnung und Verarbeitung in Walvis Bay am Atlantischen Ozean (picture alliance / zb / Thomas Schulze)
    Salz: früher Luxusprodukt, heute etwas ganz Alltägliches. Im Dezember drehte sich bei »lyrix« alles um das 'weiße Gold', das vielen Städten jahrhundertelang zu großem Reichtum verhalf. Wir wollten von euch wissen, was ihr mit dem Mineral verbindet.
    Einfallsreich und vielseitig sind die Texte, die uns erreicht haben. Sie handeln von lebensgefährlichen, gewaltigen Reisen durch Salzwüsten oder spielen mit der Idee von Salz als chemische Verbindung. Auch intensive, intime Momente des Abschieds mit salzig schmeckenden Tränen waren Thema eurer Gedichte. Ein Teilnehmer bringt das "Zauberzeug" Salz mit dem großen Ganzen zusammen: Für ihn ist es die magische Würze in der "Suppe des Lebens"
    Vielen Dank für eure Einsendungen.
    Die Monatsgewinner, Dezember 2014:
    Salzwüste
    Das weiße Gold brennt
    heißer als die Sonne im tropischen Zenit
    die Karawane will nicht, sie muss.
    Wir trotzen dem Salzsturm
    der sich langsam ankündigt
    und gierig an unseren Wasservorräten zehrt.
    Die Wüste breitet ihre Flügel aus
    steigt in die Höhe
    baut die Mauer auf
    die uns niederreißt.
    Wir kriechen weiter
    vorwärts! immer weiter
    trotzen dem weißen Tod
    läuten unser Lied ein.
    Salz verfeinert edle Speisen
    und erstickt den faulen Keim
    drum von allen weiten Reisen
    bringen wir dies Wunder heim.
    Vladimir Schadrin, Jahrgang 1996
    Zauberzeug - ein kleiner Zauberspruch für Alltagsglück -
    kleine Flöckchen
    tanzen durch den Raum
    prasseln aus dem Streuer
    entzünden einen Traum
    zip zap Zaubermut
    fip fap Feuerglut
    weißes Gold, du tust so gut!
    die Körnchen fallen auf mein Ei
    zaubern den Geschmack herbei!
    der Einzug
    ins neue Haus wird begangen
    Glückwünsche und Trinksprüche
    sollen die Besitzer erlangen
    zip zap Zaubermut
    fip fap Feuerglut
    weißes Gold, du tust so gut!
    weiße Magie vertreibt die bösen Geister
    Brot und Salz sind ihre Meister!
    viele Facetten
    geordnet nach Norm
    bewundert den Schein,
    die Spiegelung, die Form
    zip zap Zaubermut
    fip fap Feuerglut
    weißes Gold, du tust so gut!
    die Gestalt der Kristalle
    ergötzen und alle!
    der Raum
    im Ozean der Welt
    in der unbekannten Tiefe
    für uns Rätsel offenhält
    zip zap Zaubermut
    fip fap Feuerglut
    weißes Gold, du tust so gut!
    schenkst uns Leben, unbekannte Wesen
    lass uns von Meerestieren lesen!
    Salz
    in der Suppe des Lebens
    wir genießen die Würze
    den Glanz und das Glück
    zip zap Zaubermut
    fip fap Feuerglut
    weißes Gold, du tust so gut!
    zip zap Zaubermut
    fip fap Feuerglut
    weißes Gold, du tust so gut!
    Tom Bussemas, Jahrgang 2002
    kristalltrüb
    fade konformität
    taktvoll trottend den bordstein entlang
    augenlider halb geschlossen, halb vorbei, halb vergessen
    pfeile prallen ab und sinken träge nieder
    kein,
    weder aus noch ein
    dazwischen ohne dabei zu sein
    halbherzige fragezeichen schweben lose
    und dann
    bewusste blicke öffnen weite
    heute, jetzt, vielleicht auch morgen
    raue hände greifen
    zu
    salzige taten entfachen pulsierende stärke
    beginnen, planen, aufrecht blicken
    krosses knäckebrot als wegbegleiter
    endlich horizontlosigkeit
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    (es orientiert sich an der bibelstelle der bergpredigt in der gesagt wird ihr seid das salz der welt wenn ihr, aber nicht salzt, womit dann.... wenn wir also nicht salzen, ändern, leben...dann schmeckt das leben fad...zum vergleich....)
    Friederike Teller, Jahrgang 1998
    Aufgerieben
    Natriumchlorid
    im Gitter des Kristalls
    sich das Ja-Wort gegeben
    Heirat aus Zwang
    der Physik
    geschuldet.
    Verbunden gefangen
    auf ewig bis dass
    die Energie sie
    scheidet.
    Zermalmend das
    universelle Zahnrad
    namentlich Zeit
    das Stärkste im
    All.
    Zerrieben zertrennt
    auseinander gesprengt
    zerstoben
    die Teilchen
    entzweit.
    David Jansen, Jahrgang 1994
    erdnusskerne rösten
    lachend gingen wir auseinander
    ohne süßes abschiesdrama
    wir betonten
    die gemeinsam gehabte zeit
    wir versprachen
    uns wiederzusehen eines tages
    wir umarmten uns und
    du verschwandest mit deinen koffern zum check-in auf ungewiss ohne einen weiteren blick
    und da sitze ich wie
    früher
    hähnekrähen und vögel hören
    bei kugelschreiberkratzen am teetisch
    aber du? -
    ich will wieder
    erdnusskerne rösten
    mit dir
    und leise perlt
    mir eine einsame träne durchs gesicht
    und schmeckt
    salzig
    Aaron Schmidt- Riese, Jahrgang 1995
    Und hier ein Beitrag "außer Konkurrenz":
    (Jeder Teilnehmer kann maximal zweimal Leitmotivrundengewinner werden. Weitere eingesandte Gedichte werden trotzdem von der Jury bewertet. Sollte ein Gedicht nach Punkten unter den besten sein, wird es "außer Konkurrenz" veröffentlicht.)
    schmutziggrau
    und glitzern und funkeln und feiner kristall:
    das salz deiner tränen hat seinen geschmack verloren
    konserviert nicht länger mein mitleid dies sind
    ionisierte gefühle in symmetrischen gittern
    welches wasser welches licht hat uns geboren
    metall und nichtmetall teilchen mit konträrer
    ladung dass wir uns so untrennbar anziehen und
    träumst du noch manchmal vom meer
    jetzt eine träne die von deiner haut auf
    meinen finger läuft wird mich nicht halten von jedem
    weiteren kuss bleibt auf meinen lippen salz
    Ansgar Riedißer, Jahrgang 1998