Freitag, 10. Mai 2024

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Doping
"Es darf keine weißen Flecken in der Bekämpfung mehr geben"

Das Thema Doping überschattet auch den Beginn der Olympischen Spiele. Neue Berichte belegen, dass sich die brasilianischen Sportler fast im gesamten Juli keinen Dopingproben unterziehen mussten. Lars Mortsiefer von der NADA sagte im DLF, dass weltweit koordinierter und konsequenter gegen Doping angegangen werden müsse.

Lars Mortsiefer im Gespräch mit Marina Schweizer | 06.08.2016
    Lars Mortsiefer, Vorstandsmitglied der NADA
    Lars Mortsiefer, Vorstandsmitglied der NADA (picture alliance / dpa / Alexander Heinl)
    Nach dem Bericht der britischen Zeitung "The Times" hat das brasilianische Sportministerium bestätigt, dass es in Brasilien keine Dopingkontrollen zwischen dem 1. und 24. Juli gegeben habe. In dieser Zeit war auch das Doping-Kontrolllabor in Rio von der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) suspendiert gewesen. Die WADA bestätigte der "Times", dass im Vorfeld der Spiele bei "führenden Athleten" keine Tests mehr stattgefunden haben - angeblich auch auf Druck staatlicher Stellen, was das Ministerium leugnete.
    "Es ist erschreckend zu sehen, dass die gesamte brasilianische Mannschaft im letzten Monat nicht mehr getestet wurde", sagte Lars Mortsiefer im DLF. Die deutsche Mannschaft sei hingegen bis zur Eröffnung mehrfach getestet worden, berichte das Vorstandsmitglied und Chefjustiziar der Nationalen Anti-Doping Agentur (NADA).
    Neue Anschuldigungen gegen WADA-Präsidenten
    "Die WADA muss stärker hinschauen und die nationalen Anti-Doping-Agenturen müssen besser zusammenarbeiten", forderte Mortsiefer in "Sport am Samstag". "Es darf keine weiße Flecken mehr auf der Welt geben, wo keine Dopingkontrollen durchgeführt werden. Das ist nicht chancengleich."
    Der ehemalige WADA-Chefermittler, Jack Robertson, hatte unter der Woche schwere Vorwürfe gegen WADA-Chef Craig Reedie erhoben. Robertson klagte in einem Interview mit der BBC und der US-Medienorganisation Pro Publica an, dass Reedie Untersuchungen gegen Doping-Vorwürfe verschleppt haben. Reedie habe "förmlich gezwungen werden müssen, damit ermittelt werden konnte".
    Kein Vertrauensbekenntnis für Reedie
    Auch Mortsiefer zeigte sich angesichts der neuen Anschuldigen beunruhigt. "Es ist schockierend für uns zu sehen, was da jetzt ans Licht kommt. Die WADA muss unabhängiger werden."
    Robertson hatte jahrelang vergeblich versucht, das von Whistleblowern belegte staatlich betriebene Dopingsystem in Russland öffentlich zu machen. Robertson gab im Interview zu, dass er auch die Quelle für Hinweise war, die der Dopingexperte Hajo Seppelt für seine Enthüllungsberichte verwendete. Die Filme dokumentierten erstmals das Ausmass der Dopingaktivitäten in Russland. "Ich weiß, dass Jack Robertson sehr gute Arbeit auch in der Zusammenarbeit mit Whistleblowern macht. Ich habe Vertrauen in die WADA", sagte Mortsiefer. Ein Vertrauensbekenntnis zu Präsident Craig Reede vermied er aber.
    Er kündigte aber eine Änderung in der Strategie im Kampf gegen Doping an. In Zukunft müsse man nicht zu sehr auf einzelne Dopingsünder oder postive Test schauen. "Wir müssen uns das gesamte Sportartensystem vornehmen. Aber das was in Russland aufgedeckt wurde, das überstieg unsere Vorstellungskraft. Wir müssen unseren Horizont erweitern", sagte der Chefjustiziar.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.