Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Dünnfilm-Solarzellen
Mehr Energie rausholen durch Löcher

Dünne Solarzellen sind zwar sehr biegsam, haben aber eine geringere Energieausbeute als dicke – 14 Prozent waren bis dato ein realistischer Wirkungsgrad. Forscher haben sich nun von Schmetterlingsflügeln einen Trick abgeschaut, wie sie noch mehr Sonnenlicht absorbieren können.

Von Simon Schomäcker | 17.01.2018
    Die Flügel des Schmetterlings Gewöhnliche Rose sind so schwarz, weil sie durch unregelmäßig gesäte Nanolöcher besonders gut Licht absorbieren. Forscher am Karlsruher Institut für Technologie wollen diesen Trick für Solarzellen mit größerer Absorptionsleistung nutzen.
    Der Schmetterling Gewöhnliche Rose hat so samtig schwarze Flügel, weil sie durch Nanolöcher besonders gut Licht absorbieren. Forscher in Karlsruhe wollen diesen Trick nun für Solarzellen nutzbar machen. (Imago / Blickwinkel)
    Solarzellen auf Hausdächern werden zumeist aus Silizium hergestellt, das relativ teuer ist. Um Material und Gewicht einzusparen, setzen die Hersteller zunehmend auf so genannte Dünnfilm-Solarzellen. Sie versorgen heute schon Taschenrechner mit Strom oder können – auf Rucksäcke genäht – Handys aufladen. Statt einer Siliziumscheibe dient bei Dünnfilm-Solarzellen oft eine Polymerfolie als Träger, erklärt Hendrik Hölscher vom Karlsruher Institut für Technologie:
    "Und dann kann man eben kein festes Silizium, kein kristallines Silizium mehr nehmen, sondern muss es in irgendeiner Form auf diese biegsamen Oberflächen aufdampfen. Dann hat man halt sehr wenig Material und kann es auch ein wenig biegen und vielseitiger einsetzen."
    Gerade ihre Flexibilität macht die Dünnfilm-Solarzellen für Hölscher und seine Kollegen interessant. Sie wollen der Photovoltaik neue Anwendungsfelder erschließen.
    "Nachteil ist natürlich, weil die wirksame Schicht wesentlich dünner ist, dass dann nicht ganz so viel Licht absorbiert wird."
    Wirkungsgrad gesteigert dank unregelmäßiger Löcher
    Dünnfilm-Solarzellen gibt es schon seit den 1970er-Jahren. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich ihre Effizienz deutlich gesteigert, betont Hendrik Hölschers Kollege Donie Yidenekachew:
    "Es ging damals los mit einer Effizienz von gerade mal einem Prozent. 2016 betrug der Wirkungsgrad dann immerhin 14 Prozent."
    Das heißt: 14 Prozent der Energie des einfallenden Sonnenlichtes wird in elektrischen Strom verwandelt – nur vier Prozent weniger als bei herkömmlichen Solarzellen. Möglich wurde diese Aufholjagd auch durch verschiedene Absorptionstechniken – etwa wabenförmig angelegte Noppen auf der Oberfläche, die Mottenaugen nachempfunden wurden.
    Das Forscherteam um Hendrik Hölscher beschäftigt sich schon länger mit solchen bioinspirierten Nanostrukturen – und konnte die Effizienz von Dünnfilm-Solarzellen jetzt nochmals steigern. Vorbild für die Photovoltaik-Experten war dabei die "Gewöhnliche Rose" – ein asiatischer Tagfalter. Seine tiefschwarzen Flügel verdankt er winzigen Löchern darin, die hundertmal feiner sind als ein Haardurchmesser und Licht stark absorbieren:
    "Der spannende Punkt ist eigentlich, dass die Nanolöcher nicht regelmäßig angeordnet sind, sondern sehr zufällig. Und sie haben eine Größe von etwa 130 bis 300 Nanometer. Dass es ein bisschen unregelmäßig ist, das ist wirklich sehr, sehr wichtig, um diese Effizienz zu erhöhen. Würde man das einfach periodisch anordnen, würde das nicht so gut funktionieren."
    Schräg einstrahlendes Licht ist so besser nutzbar
    Den Karlsruher Wissenschaftlern ist es gelungen, die Nanostruktur von den Flügeln der Gewöhnlichen Rose zu reproduzieren. Sie haben vergleichbare Lochmuster in die oberste Schicht ihrer Dünnfilm-Solarzellen geätzt – mit einem sehr guten Ergebnis, betont Donie Yidenekachew:
    "Solarzellen haben ja eigentlich den besten Wirkungsgrad, wenn das Licht direkt darauf fällt. Als wir die bioinspirierten Nanostrukturen auf unsere Solarzellen übertragen hatten, konnten wir bei direkter Einstrahlung tatsächlich einen Absorptionsgrad von 100 Prozent feststellen. Aber noch erfreuter waren wir, als wir bei einem schrägeren Einstrahlwinkel von 50 Grad gemessen haben. Da stellten wir gegenüber den bisherigen Werten eine Steigerung um 200 Prozent fest.
    Dünnfilm-Solarzellen mit bio-inspirierter Nanostruktur können also auch diffuses Licht noch effizient in Strom umwandeln. Dadurch eröffnen sich neue Einsatzmöglichkeiten. Donie Yidenekachew:
    "Natürlich werden Dünnfilm-Solarzellen mit nanostrukturierten Oberflächen Taschenrechner und Handy-Ladegeräte noch leistungsstärker machen. Aber auch für größere Anwendungen werden die flexiblen Module interessant sein. Zum Beispiel könnten sie direkt in Fensterscheiben oder auch Gebäudeverkleidungen integriert werden."
    Wenig Material, geringe Materialkosten
    Und dank des geringen Materialverbrauchs lassen sich Dünnfilm-Solarzellen auch sehr preisgünstig produzieren – bestenfalls mit speziellen Druckverfahren. Hendrik Hölscher:
    "Und wenn man das schafft, hat man eben eine Solarzelle von der Rolle, schneidet sich ein Stück ab – und kann das dann eben für funktionelle Kleidung oder das Beschichten von Häusern einsetzen."