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Duisburg
Gemischte Gefühle zu einem geplanten Outlet Center

Am 24. September wählen die Duisburger nicht nur einen neuen Bundestag und Oberbürgermeister, sondern sie stimmen auch über ein neues Outlet Center am Rande der Innenstadt ab. Viele Duisburger befürchten ein Aussterben der Innenstadt - das Ergebnis könnte knapp ausfallen.

Von Claudia Hennen | 05.09.2017
    Frank Oberpichler hat die Bürgerinitiative gegen das Designer Outlet in Duisburg gegründet.
    Frank Oberpichler hat die Bürgerinitiative gegen das Designer Outlet in Duisburg gegründet. (Claudia Hennen / Deutschlandfunk)
    Ungewohnte Klänge im heruntergekommenen Güterbahnhof in Duisburg. Es ist die musikalische Untermalung des Werbefilms für Deutschlands größtes Designer Outlet Center – kurz: DOC. Möbelriese Kurt Krieger zeigt in dem Film seine Vision für die 30-Hektar-Brache im Süden Duisburgs: Markenshops in edel sanierten Backsteingebäuden, Menschen die unter Stahl- und Glaskuppeln mit prall gefüllten Einkaufstüten flanieren:
    "Die Lage ist einfach affengeil! Wir haben hier nicht nur einen Autobahnanschluss, sondern zwei, der Hauptbahnhof ist in Sichtweite, die Innenstadt auch – das finden Sie so in Deutschland nicht noch mal."
    Investor Kurt Krieger und sein Partner, das Immobilienunternehmen Neinver, zweitgrößter Outlet-Betreiber in Europa, denken in großen Dimensionen. Über zwölf Millionen Menschen leben im Umkreis des Outlets.
    "Dieses DOC hat ein großes Einzugsgebiet, etwa 80 Kilometer. Duisburg würde einfach solchen Centern wie Roermond etwas wegnehmen, sozusagen die Kaufkraft im Lande halten."
    Einzelhandel befürchtet massive Einbußen
    Massive Einbußen aber fürchtet der Duisburger Einzelhandel. Einen guten Kilometer Luftlinie vom Güterbahnhof entfernt machen die Gegner des Outlets mobil. In der Fußgängerzone hängt ein 120 Quadratmeter großes Plakat. "Ja zu Duisburg. Kein DOC" steht darauf, daneben ein großes Stimmkreuz. Frank Oberpichler hat die Bürgerinitiative gegen das Designer Outlet gegründet, den Bürgerentscheid mit Unterschriften durchgesetzt. Er beobachtet mit sorgenvoller Miene das Treiben in der Fußgängerzone.
    "Wenn das DOC kommt, befürchten wir, dass sich dieses Leben hier gen Null bewegen wird, dass das Gros der Outlet-Besucher natürlich mit dem Auto anreisen wird und sich dann nach vier Stunden Shopping nicht mehr in die Innenstadt bewegen wird. Wir wissen jetzt schon, dass einige Filialisten dann definitiv die Innenstadt verlassen werden."
    Schon heute stehen 30 Prozent der Ladenfläche in der Innenstadt leer. Der Onlinehandel setzt den Geschäften zu, das Outlet könnte die Situation noch verschlimmern, befürchtet die Industrie- und Handelskammer. Der Vorsitzende des Einzelhandelsverbands Niederrhein, Lars Hoffmann, Inhaber eines Elektronikgeschäftes in der Altstadt, beklagt, dass die Outlet-Pläne schon jetzt Investitionen in der Innenstadt hemmen:
    "Weil die natürlich abwarten. Wir sind also wieder in einer Lethargie, wo potenzielle Investoren sagen, jetzt gucken wir erst mal. Wenn wir dann noch davon ausgehen, dass das DOC locker sieben Jahre Bauzeit hat, vielleicht auch zehn. Da glaube ich nicht, dass wir angesichts des Wandels im Handel das dann noch benötigen werden."
    CDU und SPD befürworten das Projekt
    Der Stadtrat aber hat Anfang Juli erneut grünes Licht für das Outlet gegeben. Die Große Koalition aus CDU und SPD befürwortet das Projekt, Oberbürgermeister Sören Link von der SPD ist sich sicher:
    "Das Designer Outlet ist eine Chance für die Stadt, weil es dazu führen kann, dass neue Besucher in die Stadt kommen, neue Kaufkraft in die Stadt bringen, darüber hinaus unsere Einrichtungen, Gastronomie und Kultureinrichtungen nutzen, das Image der Stadt wieder verbessern. Ich rechne mit mehreren hundert Arbeitsplätzen und entsprechenden Gewerbesteuereinnahmen."
    Innenstadt und alter Güterbahnhof seien zu weit voneinander entfernt, als dass ein Outlet den innerstädtischen Einzelhandel befördern könnte, sagen Kritiker. Das hat in Oberhausen schon nicht funktioniert.
    Duisburg und ein Outlet, das ist eine lange Geschichte. Bereits um die Jahrtausendwende plante der Investor Kurt Krieger ein Megaeinkaufscenter auf dem Gelände, das Multicasa, sprang aber verärgert ab, als der politische Widerstand wuchs. Dann sollte ein Outlet im Duisburger Norden gebaut werden, stieß auf massiven Anwohnerprotest und scheiterte schließlich am fehlenden Abstand zu einer Chemiefabrik. Nun ist ein regelrechter Outlet-Wettbewerb in NRW entbrannt – nicht nur in Duisburg, auch in Werl, Wuppertal und Remscheid laufen Planungen. An allen Standorten wird allerdings dagegen geklagt. Und auch die Duisburger sind skeptisch.
    - "Also, ich halte nicht viel davon. Ich denke, dass dann noch weniger Betrieb in der Stadt ist."
    - "Die Innenstadt verkommt hier an der Stelle, und dort bauen sie so einen Tempel hin."
    - "Wäre schon spannend, da mal rein zu kommen, kann man ja ein paar Schnäppchen machen!"
    - "Also ich kauf auch häufiger in Düsseldorf ein, weil es hier nicht so eine große Auswahl gibt."
    Eine halbe Million Euro lässt sich Investor Kurt Krieger die Öffentlichkeitskampagne für das DOC kosten. Ein Infomobil soll in den kommenden Wochen für das Projekt werben. Das Love-Parade-Areal, auf dem 21 Menschen den Tod fanden, soll übrigens von den Planungen unberührt bleiben, versichert Krieger. Er rechnet mit einem knappen Votum. Zuletzt gab es ein ähnliches Bürgerbegehren in Kiel, das der Immobilieninvestor mit 51 Prozent der Stimmen für sich entschied.