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Ein Meer voller Müll

Experten vermuten, dass inzwischen 100 Millionen Tonnen Plastikmüll in den Weltmeeren schwimmen. Die EU-Kommission versucht seit Längerem, gegen den laxen Umgang mit Kunststoffverpackungen anzugehen - Kritiker sagen: mit viel zu wenig Engagement.

Von Sarah Zerback |
    Fische, die an Plastikmüll verenden, dichter schwarzer Rauch, der aus den Verbrennungsanlagen steigt und Müllberge, die in den Himmel zu wachsen scheinen: Der Dokumentarfilm "Trashed" des britischen Oscar-Preisträgers Jeremy Irons zeigt eindrücklich, welche Folgen die wachsende Vermüllung für Umwelt und Gesundheit hat. Visuelle Unterstützung für EU-Umweltkommissar Janez Potocnik, der bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Brüssel zu nachhaltigem Umgang mit Müll aufruft:

    "Wir müssen das Problem bei der Wurzel packen. Die Bewirtschaftung von Kunststoffabfällen stellt uns im Hinblick auf den Umweltschutz vor eine große Herausforderung. Sie bietet aber auch enorme Chancen, um Europas Ressourcen effizienter zu nutzen. Ich fordere hiermit alle Interessenvertreter auf, sich an diesem Prozess zu beteiligen und zu überlegen, wie wir Kunststoffe nachhaltiger machen und künftige Umweltverschmutzung vermeiden können."

    Denn momentan sieht die Realität anders aus. Die Plastikindustrie ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Während in den 50er-Jahren weltweit 1,5 Millionen Tonnen Plastik jährlich hergestellt wurden, waren es 2008 schon 254 Millionen Tonnen. Und allein in Europa wächst die Branche jährlich um fünf Prozent, auf mittlerweile 60 Millionen Tonnen pro Jahr.

    Das ist gut für die Wirtschaft und für viele Industrieprozesse ist Kunststoff unentbehrlich - das unterstreicht auch der Umweltminister. Mit dieser Schlüsselrolle gehe aber auch eine besondere Verantwortung einher, die es in Zukunft stärker umzusetzen gelte:

    "Zuallererst müssen die Hersteller ihre Produkte selbst recyceln. Dann muss es klare Informationen für den Verbraucher geben, ob ein Produkt wiederverwertbar ist oder nicht. Und drittens, muss sich am Produktdesign etwas ändern. All das muss Teil unserer Philosophie sein."

    Doch die Produktion ist nur das eine, auch die Entsorgung läuft bislang alles andere als optimal. In Europa landet die Hälfte der Kunststoffe noch immer auf Mülldeponien oder in Müllöfen. Nur ein kleiner Teil wird bislang recycelt, im Schnitt 24 Prozent. Der EU-Umweltminister nennt das "eine enorme Verschwendung von Ressourcen".

    Das Problem: Das EU-Abfallrecht bleibt hier bisher recht vage. Die Mitgliedstaaten werden lediglich aufgefordert, Recycling gegenüber anderen Entsorgungsmethoden zu bevorzugen. Das soll sich in Zukunft ändern. Mit Hilfe des Grünbuchs werden nun länderübergreifende Strategien erarbeitet, die dann Gesetz werden sollen. Frühestens allerdings 2014.

    Dass der Weg von der Idee bis zur Umsetzung nicht immer einfach ist, zeigt das Beispiel Plastiktüte. Seit Monaten gibt es Bemühungen, die Einmaltüten in der EU zu verbieten. Bislang sind diese aber an rechtlichen Hürden gescheitert. Nun hat Potocnik den angekündigten Gesetzesvorschlag verschoben - zum Ärger der Grünen.

    Rebecca Harms, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament, reicht es nicht - so wörtlich - "Ressourceneffizienz im Grünbuch lediglich zu predigen und dann die Hände in den Schoß zu legen".

    Mehr Tun statt Reden und mehr Eigenverantwortung verlangen die Gastgeber auch vom Verbraucher. Ein Plädoyer von Filmproduzent Irons gegen die Wegwerfgesellschaft:

    "Wir sollten versuchen, gar keinen Müll mehr zu erzeugen. Natürlich gibt es das nicht - wie eine glückliche Ehe. Vielleicht schaffen wir es am Ende ja 75, 80 Prozent zu reduzieren. Aber seien wir optimistisch und lasst uns 'Zero waste – Null Müll' anstreben."