
Wladimir Putin spiele sehr erfolgreich auf der "geschichtspolitischen Klaviatur". Man erlebe im Moment, dass die objektive Situation für politisches Handeln nicht immer maßgeblich sei. Zwar sei Russland nicht, wie andere Staaten vor 1914, eingekreist, aber seine subjektive Wahrnehmung von Bedrohung werde zum Element politischen Handelns.
Westeuropa - "zugespitzt die Zentrale der NATO und die EU" - habe die Bedeutung von postimperialen Räumen wie Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion lange Zeit unterschätzt. Die hätten sehr viel mit der Geschichte des Ersten Weltkriegs zu tun, wo es in den Räumen der ehemaligen Großmächte keine stabile Staatlichkeit gegeben habe.
Leonhard ist Autor des Buches "Die Büchse der Pandora - Geschichte des Ersten Weltkriegs". Er sieht keinen Alleinschuldigen am Ausbruch des Krieges. Vielmehr sei es ein Zusammenspiel aus unterschiedlichen Logiken der Akteure aus Politik und Militär sowie des Zusammenbruchs politischer Kommunikation gewesen, das den Krieg ermöglicht hat.
Das gesamte Gespräch können Sie mindestens fünf Monate in unserem Audio-Bereich nachhören.