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EuGH-Urteil
Schwangere sind nicht vor Massenentlassung sicher

Das EU-Recht verbietet die Kündigung von Arbeitnehmerinnen vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs. Jetzt urteilten Richter des Europäischen Gerichtshofs, dass eine Massenentlassung eine Ausnahme darstellen kann.

Von Karin Bensch | 22.02.2018
    Ein Piktogramm weist am 12.02.2016 auf einem Klinikwegweiser in Marburg (Hessen) den Weg zum Kreißsaal der Uniklinik.
    Massenentlassungen sind Ausnahmefälle - deshalb dürfen Unternehmen auch schwangeren Mitarbeiterinnen kündigen (dpa / picture alliance / Uwe Zucchi )
    Schwangere Frauen stehen normalerweise arbeitsrechtlich unter einem besonderen Schutz. Das EU-Recht verbietet die Kündigung von Arbeitnehmerinnen vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs. Allerdings gibt es Ausnahmen. Eine Massenentlassung ist ein solcher Ausnahmefall, urteilten die Richter des Europäischen Gerichtshofs. Das bedeutet: Arbeitgeber dürfen bei einer Massenentlassung grundsätzlich auch Schwangeren kündigen. Die Unternehmen müssen den betroffenen Mitarbeiterinnen aber rechtfertigende Gründe und die sachliche Kriterien nennen, warum sie für die Kündigung ausgewählt wurden.
    Im konkreten Fall geht es um eine Spanierin, die in Katalonien für eine spanische Bank arbeitete. Ende 2013 erhielt sie im Zuge einer Massenentlassung ihre Kündigung. Zu diesem Zeitpunkt war sie schwanger. Die Frau klagte gegen die Kündigung vor einem spanischen Gericht, weil sie der Meinung war, dass sie als Schwangere arbeitsrechtlich unter einem besonderen Schutz stehe. Das katalanische Gericht hatte den Europäischen Gerichtshof angerufen, und ihn gebeten zu klären, wie die EU-Richtlinie zur Verbesserung der Sicherheit von schwangeren Arbeitnehmerinnen in diesem Fall auszulegen ist. Die höchsten Europäischen Richter haben heute entschieden, dass Massenentlassungen Ausnahmefälle sind ist und Unternehmen deshalb schwangeren Mitarbeiterinnen kündigen dürfen.
    Nationale Regelungen verstoßen nicht gegen EU-Recht
    Im konkreten Fall hatte die spanische Bank zehn Monate vor den Massenentlassungen Kriterien dafür festgelegt, welcher Arbeitnehmer gekündigt werden sollte und welche weiterhin im Unternehmen beschäftigt werden sollen. In dem Kündigungsschreiben hieß es, dass für die spanische Region, in der die schwangere Frau arbeitete, weitgreifende Personalanpassungen notwendig seien und, dass nach dem Bewertungsverfahren, dass das Unternehmen durchgeführt habe, ihr Ergebnis zu den niedrigsten in der Region gehörte.
    Das Urteil macht deutlich, dass nationale Regelungen in diesem Fall nicht gegen EU-Recht verstoßen. Darüber hinaus sehe die EU-Richtlinie nicht vor, dass Schwangeren oder stillenden Müttern ein Vorrang der Weiterbeschäftigung zustehe, urteilen die Richter.
    Weil diese Richtlinie aber lediglich Mindestvorschriften enthalte, könnten die EU-Länder schwangeren Arbeitnehmerinnen einen weiter gehenden Schutz gewähren.