Dienstag, 19. März 2024

Archiv

FDP und Grüne sondieren
Keine Verletzungen zurückgeblieben

Liberale und Grüne haben die Positionen für eine Jamaika-Koalition ausgelotet und die massiven gegenseitigen Anfeindungen der vergangenen Jahre beiseite gelassen. Die eine oder andere Spitze gab es bei den Treffen in Berlin zwar - aber scheinbar auch ein paar Gemeinsamkeiten.

Von Klaus Remme | 19.10.2017
    Teile der Verhandlungsdelegation von Grünen und FDP stehen am 19.10.2017 in Berlin beim Treffen zur Vorbereitung auf den Start der Jamaika-Sondierungsverhandlungen auf dem Balkon der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin.
    Teile der Verhandlungsdelegation von Grünen und FDP auf dem Balkon der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin. (dpa / Michael Kappeler)
    Nicola Beer ist Generalsekretärin der FDP und Michael Kellner ist Geschäftsführer der Grünen. Wie schon gestern nach den Sondierungen mit Union war es auch heute ihre Aufgabe, nach den Sondierungen vor Kameras und Mikrofone zu treten. Drei Stunden lang saßen sich jeweils sechs Liberale und sechs Grüne gegenüber, Beer und Kellner bilanzierten das Ganze danach in jeweils unter einer Minute. Schon gestern glänzten in den öffentlichen Erklärungen die Allgemeinplätze. Heute klang das bei Kellner und dann bei Beer so:
    "Ich muss sagen, es war tatsächlich eine sehr respektvolle Atmosphäre, eine sehr aufgeräumte Atmosphäre und wir haben fachlich tatsächlich tiefgründig gesprochen, mit Einigkeit und mit Differenz."
    "Es hatte eine größere programmatische Lebendigkeit. Gleichzeitig ist deutlich geworden, dass es schon noch lange Wegstrecken zu gehen gibt bei dem ein oder anderen Thema, aber die Atmosphäre scheint mir geeignet, auszuloten, was dort weiter möglich sein könnte."
    "Wir werden dafür bezahlt, dass wir was aushalten"
    Verglichen damit waren die Wortmeldungen am Mittag, vor Beginn der Gespräche inhaltsreich. Gegen 13 Uhr traf man sich in der Parlamentarischen Gesellschaft. Angesprochen auf die massiven gegenseitigen Anfeindungen beider Parteien in den vergangenen Jahren versicherte Grünen-Chef Cem Özdemir, es seien keine Verletzungen zurückgeblieben. "Wir werden auch dafür bezahlt, dass wir was aushalten", so der Grüne Spitzenpolitiker, er setzte dann aber gleich eine Spitze drauf:
    "Jetzt geht es erst mal drum, dass man sich kennenlernt, die FDP war die letzten vier Jahre ja nicht so oft in Berlin, deshalb werden wir sie zunächst mal beglückwünschen, dass sie in den Bundestag eingezogen sind und dann geht’s aber gleich zur Sache, was die Themen angeht, da gibt es ein paar, da kommen wir gut zusammen, wenn sie an die Digitalisierung denken, wenn sie an das Thema Bürgerrechte denken und dann gibt’s andere, Energiepolitik beispielsweise oder Europa, da wird es dann sicherlich schwieriger werden."
    Ziel: "Tragfähige Grundlage in allen Fragen"
    Die Zukunft des Verbrennungsmotors, das ist ein strittiges Thema zwischen Liberalen und Grünen. Ein festes Enddatum für diese Technologie? Auf keinen Fall, sagt die FDP, Wolfgang Kubicki, stellvertretender Parteichef verwies heute kurz vor Beginn der Gespräche auf Wortmeldungen im Lager der Grünen:
    "Ich habe Robert Habeck, meinen Koalitionspartner aus Schleswig-Holstein so vernommen, dass Daten für Ausstiege völlig unsinnig seien, das hat Herr Kretschmann auch gesagt, beide werden an den Sondierungen morgen teilnehmen, also, ich bin sicher, dass so apodiktische Festlegungen nicht weiterhelfen, die Lernaufgabe besteht darin, jetzt zu schauen, bekommt man eine tragfähige Grundlage in allen Fragen hin, wenn ja, dann sollte man es machen, wenn nein, dann sollte man es lassen."
    Kubicki sprach sie an, die Sondierungen, morgen erstmals im großen Kreis, über 50 Teilnehmer aus den vier beteiligten Parteien werden erwartet. Um 16 Uhr 30 will man beginnen, es könnte ein langer Abend werden.