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Filmstart von "Utoya 22. Juli"
72 Minuten Angst ums Überleben

Das Massaker des rechtsradikalen Attentäters Anders Breivik auf der norwegischen Insel Utoya ist Thema eines neuen Films. Regisseur Erik Poppe zeichnet darin das Geschehen aus der Perspektive eines fiktiven Opfers nach. Durch den Verzicht auf Schnitt kontrolliert der Killer den erzählerischen Raum.

Katja Nicodemus im Gespräch mit Maja Ellmenreich |
    Andrea Berntzen als Kaja im norwegischen Film "Utøya, 22. Juli"
    Laiendarstellerin Andrea Berntzen im Film "Utøya, 22. Juli" (weltkino filmverleih)
    Es ist ein Sog, der durch das Drehen in nur einer Einstellung in Erik Poppes Film "Utoya, 22. Juli" entsteht - eine Art Echtzeitrausch, aber eben auch ein Gefühl der Ausweglosigkeit. Werden die Opfer des rechtsradikalen Mörders dadurch nicht auf einer filmischen, ästhetischen Ebene noch einmal zu Opfern gemacht?, fragt Filmkritikerin Katja Nicodemus. Denn durch den Verzicht auf den Schnitt, der ja ein wichtiges Gestaltungsmittel ist, kontrolliert der Killer den erzählerischen Raum.
    Der Zuschauer oder die Zuschauerin komme sich vor wie jemand, der ohnmächtig und ohne eingreifen zu können einem anderen beim Egoshooter-Game zuschaut. Es geht hier aber nicht um ein Spiel oder um die Spannungsdramaturgie eines Horrorfilms, etwa des Slasher-Films, die hier durchaus zitiert wird. Es geht um ein reales Attentat. Fragwürdig ist, so Nicodemus, ob man auf ein solches reales Massaker die Dramaturgie eines Horrorthrillers anwenden sollte. Und andererseits, ob es nicht darum gehe, gerade auf einem so wichtigen filmischen Gestaltungsmittel wie dem Schnitt zu beharren, um dem Killer eben nicht diese Bühne zu überlassen.
    Der Film reiht sich ein in eine mediale Traumabewältigung, die zum Attentat von Utoya eingesetzt hat. Bei den Filmfestspielen von Venedig hatte gerade der Film "22 July" von Peter Greengrass Premiere. Im Unterschied zu "Utoya" erzählt dieser Film aber vom Schicksal eines Opfers nach dem Massaker, das sich so die Deutungshoheit zurückerobert.