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Forschungserfolg
Kohlendioxid für chemische Synthesen

Nicht nur die Energiewirtschaft verbraucht fossile Energieträger in riesigen Mengen - auch die chemische Industrie ist stark darauf angewiesen. Deshalb gibt es schon seit Jahren Forschungsprojekte für eine nachhaltigere "Grüne Chemie". Mit einer jetzt marktreifen Technologie kann das Treibhausgas Kohlendioxid als Rohstoff für die chemische Synthesen genutzt werden.

Von Volker Mrasek |
    Das Logo der Bayer Tochter Covestro leuchtet am 28.10.2015 in Leverkusen (Nordrhein-Westfalen) auf dem Gelände des Chemieparks.
    Das Logo der Bayer Tochter Covestro leuchtet am 28.10.2015 in Leverkusen (Nordrhein-Westfalen) auf dem Gelände des Chemieparks. (dpa / picture alliance / Oliver Berg)
    "Ich warte jetzt auf den stationären Zustand der Anlage. Sobald der erreicht ist, läuft der Prozess vollautomatisch."
    Ein Versuchstechnikum des Leverkusener Chemie-Konzerns Bayer.
    "Was Sie gehört haben, ist das Öffnen der Ventile. Und das Anfahren des Motors mit hoher Frequenz, um eben die Produkte in den Kessel zu fördern."
    "Das ist ein Spezialreaktor, Teil dieser Pilotanlage, wo eben die Reaktion rund um CO2 drin stattfindet."
    In der Versuchsanlage wurde ein neues Verfahren getestet, um das Treibhausgas Kohlendioxid als Rohstoff für chemische Synthesen zu nutzen. Jetzt ist die Technologie marktreif.
    In Dormagen bei Köln weihte der Polymer-Hersteller Covestro heute eine Produktionsanlage ein, in der CO2 demnächst in sogenannte Polyole eingebaut wird. Das sind Grundkomponenten von Schaumstoffen in Matratzen und Polstermöbeln. Bisher werden sie auf reiner Erdöl-Basis hergestellt, aus Epoxiden. Doch unter der Projektleitung des Chemikers Christoph Gürtler gelang es, neue Prozess-Katalysatoren zu entwickeln. Dadurch lässt sich nun auch CO2 als Grundbaustein für die langen Kohlenstoff-Ketten der Kunststoffe einsetzen.
    "Man kann bis zu 43 Prozent physikalisch einbauen. Diese Produkte sind dann aber glasig, haben einen hohen Schmelzpunkt. Damit heißt das dann auch, dass wir nicht beliebige Mengen CO2 einbauen können. Das ist einfach nicht sinnvoll."
    Am Ende bestehen die Polyole noch zu 80 Prozent aus den Erdöl-Epoxiden. Und zu 20 Prozent aus Kohlendioxid. Wobei das Treibhausgas aus einem benachbarten Chemiebetrieb stammt. Dort fällt es bei der Herstellung von Ammoniak an.
    Größere Ressourceneffizienz
    "Wir machen das unter dem Gesichtspunkt Ressourceneffizienz. Wenn wir es hier schaffen, CO2 einzubauen, sparen wir ein. Und zwar die fossile Komponente anteilmäßig. Damit ist das Ganze nachhaltiger, weil das Produkt letztlich weniger Rohstoffe benötigt."
    Ausgelegt ist die neue Anlage in Dormagen zunächst einmal für eine Jahreskapazität von 5.000 Tonnen. Das ist vergleichsweise wenig und für das Unternehmen wie auch für Christoph Gürtler vielleicht nur der Anfang. Bei Bedarf könne man die Produktion deutlich steigern, hieß es heute bei der Einweihung.
    "Wir reden hier über Weichschaum, und da sind wir im Bereich von ein paar Millionen Tonnen weltweit."
    15 Millionen Euro hat Covestro nach eigenen Angaben in die neue Polyol-Anlage gesteckt. In der Entwicklungsphase flossen auch Fördergelder des Bundesforschungsministeriums, im Rahmen eines Verbundprojektes zur stofflichen Nutzung von Kohlendioxid.
    Klimawandel kann dadurch nicht gebremst werden
    Covestro ist dabei nicht das erste Unternehmen, das ein Produkt der sogenannten Grünen Chemie auf den Markt bringt. BASF zum Beispiel stellt bereits Ameisensäure mit CO2-Zusatz her, eine wichtige Grundchemikalie. Und längst wird an weiteren Verwendungen des Treibhausgases bei chemischen Synthesen getüftelt.
    Die abgezweigten CO2-Mengen werden aber nie so groß sein, dass sich der Klimawandel dadurch bremsen ließe. Das sagt auch Walter Leitner, Professor für Technische Chemie an der RWTH Aachen:
    "Wir wollen also nicht alles CO2, das die Menschheit produziert, in chemische Produkte umwandeln. Das wäre utopisch und auch nicht machbar. Aber umgekehrt ist CO2 eben deshalb auch ein attraktiver Rohstoff, weil schon geringe Mengen dieser Abfallströme ausreichen würden, um wertvolle Produkte in der Chemie zu erzeugen."
    "Jetzt ist die Anlage eigentlich da, wo sie sein soll."