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Frankreich
Verärgerung über Schäuble-Kommentar

"Frankreich wäre froh, wenn jemand das Parlament zwingen könnte, aber das ist Demokratie, das ist schwierig" - mit diesem Satz über die Reformfähigkeit Frankreichs sorgt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für Wirbel in Paris. Dabei ist die Bewertung "untragbar" noch eine der harmloseren Kommentare.

Von Ursula Welter |
    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bei einer Pressekonferenz zur Frühjahrstagung von IWF und Weltbank.
    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei einer Pressekonferenz zur Frühjahrstagung von IWF und Weltbank. (AFP / /Nicholas Kamm)
    Diskussionsveranstaltung der Denkfabrik "Brookings" am Rande der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank. Alle Aufmerksamkeit galt eigentlich Griechenland. Aber nach etwa 25 Minuten wählte Bundesfinanzminister Schäuble Frankreich als Beispiel für seine These, dass der Reformweg in Demokratien schwierig sei, weil in demokratischen Systemen eher der bequeme, nicht der steinigere Weg beschritten werde.
    "Wenn Sie mit meinen französischen Freunden diskutieren, sei es mit Sapin, sei es mit Macron, dann können die Ihnen eine lange Geschichte erzählen, wie schwer es ist, in Frankreich die öffentliche Meinung und natürlich das Parlament und die Mehrheit davon zu überzeugen, dass Arbeitsmarktreformen nötig sind."
    "Inakzeptabel und kontraproduktiv"
    In Spanien sei das gelungen, führte Schäuble sein Argument weiter aus: "Spanien wurde dazu übrigens gezwungen von den Institutionen, die wir Troika nannten." Und dann fällt der Satz, der in Frankreich heftige politische Reaktionen provozierte: "Frankreich wäre froh, wenn jemand das Parlament zwingen könnte, aber das ist schwierig, das ist Demokratie."
    Druck von außen, und dann auch noch von der Troika, oder auch nur das Nachdenken darüber, trifft in Frankreich einen empfindlichen Nerv. Der Vorsitzende der Regierungspartei, der Sozialist Jean-Christoph Cambadelis twitterte" "die Franco-Fobie" von Wolfgang Schäuble sei "untragbar, inakzeptabel und kontraproduktiv".
    "Die Ehre Frankreichs verletzt"
    Der französische Finanzminister, Michel Sapin erklärte: "Frankreich hasst es, wenn es gezwungen wird". Für die Linksfront wetterte Jean-Luc Mélenchon, Schäuble müsse sich beim französischen Volk entschuldigen. Und auf der Rechten forderte der extreme Front National, der Premierminister müsse nach diesen Äußerungen die deutsche Botschafterin in Paris einbestellen.
    Schäuble habe die Ehre Frankreichs verletzt, schrieb der Vize-Präsident des Front National, Florian Philippot. Die Zeitung "Le Monde" bemerkte, der deutsche Finanzminister sei eben bekannt dafür, dass er das "Juckpulver" der "Diplomatensprache" vorziehe.