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Frieden von Stralsund
Deutsche Hanse auf dem Höhepunkt ihrer Macht

Die Deutsche Hanse des Mittelalters war eigentlich ein Städtebund zur Förderung friedlichen Handels. Wenn jemand den Interessen der hanseatischen Händler in die Quere kam, griffen "die Pfeffersäcke" allerdings auch zu den Waffen. Heute vor 645 Jahren besiegelte der Friede von Stralsund den Sieg der Hanse über Dänemark und damit ihre politische Vormacht im Ostseeraum.

Von Winfried Dolderer |
    Blick auf die Altstadt von Stralsund
    Zu einem epochalen Ereignis wurde der Friede von Stralsund erst Jahrhunderte später aufgewertet. (dpa / picture alliance)
    "Ihr siegreicher Kampf gegen Dänemark hat recht eigentlich jenem Städtebunde das Leben gegeben, in dessen Namen sich der Ruhm kaufmännischen Unternehmungsgeistes und maritimer Wehrkraft in unserer deutschen Geschichte verkörpert hat."
    So bewertete im 19. Jahrhundert der Historiker Dietrich Schäfer das Abkommen, das Vertreter der Hanse und des Königreichs Dänemark am 24. Mai 1370 in Stralsund unterzeichneten. Die deutschen Kaufleute hatten sich auf ganzer Linie durchgesetzt. Sie blieben im ungeschmälerten Genuss ihre angestammten Rechte, Freiheiten und Privilegien im dänischen Reich.
    Sie sicherten sich auf 15 Jahre das Besatzungsrecht in vier dänischen Festungen. Sie sollten sogar über die Nachfolge des dänischen Königs mitentscheiden können. Ein mächtiger Monarch hatte vor einer Allianz von Städten die Waffen strecken müssen.
    Zu einem epochalen Ereignis wurde der Friede von Stralsund freilich erst Jahrhunderte später aufgewertet.
    "Der Zeitgenosse hat das offensichtlich nicht so gesehen, denn in der zeitgenössischen Chronistik spielt er eine ziemlich untergeordnete Rolle."
    Umfassendes Handelsnetz
    Sagt Professor Horst Wernicke. Er forscht und lehrt an der Universität Greifswald zur Geschichte der Hanse, eines Bündnisses norddeutscher Kaufleute und Städte, das auf dem Gipfel seiner Macht in der Zeit um 1400 ein den gesamten Nord- und Ostseeraum umfassendes Handelsnetz beherrschte. Der Konflikt mit dem dänischen König Waldemar IV. war in der Entwicklung der Hanse eine denkwürdige Etappe.
    Waldemar war 1340 nach zwei chaotischen Jahrzehnten im dänischen Reich an die Macht gekommen. Sein Ziel war die Wiederherstellung einer starken königlichen Gewalt. Systematisch eignete er sich Güter des Adels und der Kirche an, die nach seiner Ansicht früher der Krone gehört hatten. Und er eroberte einstmals dänische Gebiete zurück. Schon als er 1360 die Provinz Schonen an der Südspitze Schwedens besetzte, kam er hansischen Interessen in die Quere.
    "Schonen war der einzige Platz im Rahmen des gesamten hansischen Handelsraums, auf dem eine Messe stattfand. Ansonsten waren die Messplätze Europas am Rande des hansischen Handelssystems. (...) Die Gewässer vor Schonen waren der Heringsfangplatz, und der Hering war die Fastenspeise der europäischen Christenheit. Neben dem Stockfisch, der von Bergen in Mittelnorwegen kam, ist dieser gesalzene Hering ein gewichtiges Handelsgut des hansischen Kaufmanns."
    Koppenhagen in Flammen
    Für die Ratsherren Lübecks, Wismars, Stralsunds war das Maß voll, als Waldemar im Juli 1361 die Insel Gotland überfiel, ein schwedisches Bauernheer niedermetzelte und die Hansestadt Visby besetzte. Sie entschlossen sich zum Krieg.
    "Wir haben schon Ende der Fünfzigerjahre Hinweise darauf, dass dänische königliche Amtleute Übergriffe auf hansische Kaufleute zuließen und sie nicht ahndeten, wie nach den Privilegien es erfolgen sollte. Und dann ist eben diese Eroberungspolitik kollidiert mit den Handelsinteressen des hansischen Kaufmanns."
    Im Sommer 1362 wurde die hansische Flotte vor Kopenhagen teils versenkt, teils gekapert. Zwölf Kriegskoggen wurden zur Beute der Dänen. Der erste Vorstoß war damit gescheitert. Der verantwortliche Lübecker Bürgermeister Johann Wittenborg büßte mit seinem Kopf. Es folgte ein brüchiger Friede, der Konflikt schwelte weiter. Im November 1367 schlossen sich Städte aus dem gesamten Raum zwischen Holland und Ostpreußen in der "Kölner Konföderation" zusammen. Der Herzog von Mecklenburg, der König von Schweden, der Graf von Holstein und rebellische Adlige in Jütland schlossen sich dem Bündnis gegen Waldemar an. Im Sommer 1368 stand Kopenhagen in Flammen. Der König ging außer Landes. Ein Lübecker Chronist notierte:
    "Die Kaufleute der deutschen Hanse gewannen Kopenhagen, Helsingör, Falsterbo, Skanör, Nyköping. Der König von Dänemark räumte sein Reich aus Angst."
    Als Ende 1369 alle dänischen Festungen in der Hand der Verbündeten waren, nahm der dänische Reichsrat Verhandlungen auf. Die fürstlichen Mitglieder der Allianz hätten den Krieg gern fortgesetzt, um das dänische Reich aufzuteilen. Den Städten ging es allein um die Sicherung des Ostseehandels. Dieses Ziel hatten sie erreicht.