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Gefängnisstrafe für Hoeneß
"Eine völlig andere Welt"

Für Uli Hoeneß werde der Gefängnisaufenthalt "mit Sicherheit nicht einfach", sagte der Vorsitzende des Bundes der deutschen Strafvollzugsbediensteten, Anton Bachl, im DLF. Eine Sonderbehandlung aufgrund seiner Prominenz gebe es im Gefängnis nicht.

Anton Bachl im Gespräch mit Mario Dobovisek | 15.03.2014
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    Mario Dobovisek: Hoeneß akzeptiert die Strafe, tritt von allen Ämtern zurück und wird nun einfahren, wie man im Strafvollzug gerne sagt, und zwar in das bayrische Alcatraz, so jedenfalls wird die Justizvollzugsanstalt in Landsberg am Lech auch genannt, oder Hitlerknast, weil Adolf Hitler dort einst seine Hetzschrift "Mein Kampf" verfasste. Formell ist das Urteil gegen Uli Hoeneß nicht rechtskräftig, die Staatsanwaltschaft will sich am Montag noch dazu äußern, ob sie Revision einlegt oder nicht. Ein Haftantritt ist allerdings wahrscheinlich.
    - Am Telefon begrüße ich Anton Bachl, 20 Jahre lang arbeitete er im Gefängnis von Straubing und ist heute Vorsitzender des Bundes der Strafvollzugsbediensteten. Guten Morgen, Herr Bachl!
    Anton Bachl: Guten Morgen!
    Dobovisek: Was wird Uli Hoeneß als Erstes erwarten, wenn er tatsächlich einfährt?
    Bachl: Ja, was wird ihn erwarten? Eine völlig andere Welt. Also es wird für ihn schon einen Schock geben, wie für jeden anderen auch, der zum ersten Mal einfährt, wie wir sagen für den Haftantritt. Also einfach ist das nicht. Das ist eine völlig andere Welt. [unverständlich] den sozialen Kontakte wird natürlich Riesenproblemen auferlegt. Ja, und dann geht es hinten zur Kammer, zunächst einmal in den Haftraum, bis er dann wieder abgeholt wird, diese Hafträume sind in aller Regel sehr, sehr nüchtern, ist also übergangsweise in dem Raum. Dann wird er umgekleidet, meistens in der sogenannten Kammer. Und da erhält er dann eben Kleidung, die von uns ist, vom Strafvollzug, einheitliche Kleidung wie alle Gefangenen zunächst. Und seine Wertgegenstände muss er abgeben.
    Dobovisek: Was darf Uli Hoeneß mit ins Gefängnis nehmen?
    Bachl: Grundsätzlich einmal eigentlich nichts, aber so persönliche Erinnerungsgegenstände und so weiter darf er natürlich schon behalten oder es kann ihm dann ausgehändigt werden, also wie Bilder, ebenso Erinnerungsstücke. Aber Wertgegenstände, so Statussymbole, solche Sachen, das ist nicht gut und das wäre auch nicht im [unverständlich] prominenten Häftling.
    Dobovisek: Wie steht es um Annehmlichkeiten, um Kommunikation wie Internet, Fernsehen, Telefon?
    Bachl: Internet kann er leider nicht haben. Es gibt manchmal, in manchen Anstalten so Gemeinschaftsräume, wo man dann reinkann, aber nur unter Aufsicht, aber das ist dort nicht der Fall. Telefon, ja, unter Aufsicht kann er gelegentlich telefonieren und auf Antrag. Und wenn es erforderlich ist, dann wird so etwas auch gemacht. Handy gibt es nicht. Und Fernsehen, ja, das kann er ... Es gibt Anstalten, da kann man sich es selber kaufen, einen Fernseher, dass man den im Haftraum hat. Es gibt die Möglichkeit, Fernseher zu mieten. Also insofern ist man von der Außenwelt überhaupt nicht abgeschnitten.
    Dobovisek: Aber die Bayernspiele wird er nicht verfolgen können, denn Pay-TV gibt es nicht?
    Bachl: Ja, da müssen sich die Öffentlich-Rechtlichen mehr anstrengen, dass er die sehen kann. Also Pay-TV gibt es nicht.
    Dobovisek: Was hat er denn für eine Zelle oder was für eine Zelle könnte er bekommen? Steht ihm eine Einzelzelle zu?
    Bachl: Grundsätzlich ist Einzelunterbringung vorgesehen, zustehen tut es ihm aber nicht, weil die Belegungssituation gerade in Bayern doch sehr, sehr angespannt ist und nicht so viele Einzelhafträume zur Verfügung stehen. Daher muss er unter Umständen mit anderen einen Haftraum teilen. Das kommt auf die örtliche Situation an. Aber wie gesagt, die Möglichkeit ist schon groß, dass er nicht alleine drin ist.
    Dobovisek: Wird ihm irgendein Prominentenbonus zuteil werden?
    Bachl: Nein, das gibt es nicht im Strafvollzug.
    Dobovisek: Dann lassen Sie mich mal Josef Müller zitieren, einst Millionär der Münchner Schickeria, dann gut fünf Jahre wegen Steuerhinterziehung, also ganz ähnliche wie Hoeneß, in Haft, unter anderem in Landsberg, ich zitiere: "Ich hatte eine 24 Quadratmeter große Einzelzelle mit Flatscreen-Fernseher, CD-Spieler, eigener Toilette und eigener Duschgelegenheit. Ich hatte dieselbe Kaffeemaschine, die auch die Wärter haben und ich durfte morgens oft eine halbe Stunde früher aus meiner Zelle als die anderen Sträflinge. Prominenz ist ein großer Faktor", sagt Josef Müller weiter. "Wenn man unter Beobachtung der Presse steht und einen guten Anwalt hat, wird es einem im Gefängnis besser gehen", Zitat Ende. Hilft Prominenz vielleicht doch?
    Bachl: Also davon ist mir nichts bekannt, also das sollte man doch vielleicht einmal ermitteln, ob das der Wahrheit entspricht.
    Dobovisek: Wie schwer ist es denn für ...
    Bachl: Es ist mir nicht ... So etwas ist mir nicht bekannt, halte ich auch für ausgeschlossen, das ist ein Märchen.
    Dobovisek: Wie schwer ist es denn für Justizvollzugsbedienstete wie Sie, besonders mit prominenten Häftlingen umzugehen?
    Bachl: Nichts anderes wie mit anderen, also das macht für uns keine Probleme, das ist ... Also das stört uns eigentlich nicht. Natürlich weiß man das, natürlich kennt man den Menschen, das ist überhaupt gar keine Frage, aber man geht damit um wie mit den anderen Gefangenen auch. Da sind wir dann schon einiges gewöhnt.
    Dobovisek: Was hat er von anderen Häftlingen zu erwarten?
    Bachl: Ja, das kommt in erster Linie auf ihn an. Also ich denke mal, das hat nichts anderes zu erwarten, wie wenn er in München über den Marienplatz geht. Es gibt Mitbürger, die fühlen sich irritiert, wenn da so einer rübergeht, wenn sie einen Prominenten sehen. Der andere, der himmelt ihn an, der andere macht einen blöden Spruch, also die ganzen Facetten, wie es unter Menschen in Freiheit ist, so wird es im Strafvollzug auch sein.
    Dobovisek: Das wird ihm ja möglicherweise bald nicht mehr sozusagen zugemutet werden, denn er könnte, so heißt es, in den sogenannten offenen Vollzug übergehen. Was bedeutet das und wer entscheidet das?
    Bachl: Das entscheidet die Anstaltsleitung in den sogenannten Konferenz [unverständlich] im Rahmen eines Vollzugsplanes. Da kann ein Gefangener in den offenen Vollzug verlegt werden, wenn die Prognosen dementsprechend sind, keine Fluchtgefahr besteht und so weiter und so fort. Aber die Bedingungen sind – also insofern ist dort auch nicht, was weiß ich, ein Luxusappartement, das ist also auch nicht anders, also er hat dort genauso Mitgefangene. Nur die Sicherheitsvorkehrungen sind halt wesentlich gelockert, das sind dann nicht mehr die Hafträume wie es in der Justizvollzugsanstalt sind, weil sie im geschlossenen Vollzug sind, da sind die Türen halt nicht verschlossen, es wird nur am Abend dann das Gelände abgeriegelt und so weiter. Man kann sich frei, weitestgehend frei bewegen, man kann alleine zur Arbeit gehen, je nachdem, wo er ist, unter Umständen auch ein freies Beschäftigungsverhältnis. Wobei dann allerdings in aller Regel je nach Verdienst die Haftkostenentschädigung fällig wird. Also all das ist letztlich dann möglich. Und das ist halt ein erster Schritt zur Vorbereitung in die Freiheit dann, wirkliche Freiheit.
    Dobovisek: Bis es dazu kommt, muss Hoeneß zunächst ganz normal einsitzen, wie alle anderen Gefangenen auch, das sagen Sie.
    Bachl: Ja.
    Dobovisek: Wird er dort auch arbeiten müssen?
    Bachl: Ja, in Bayern haben wir die Arbeitspflicht. Es gibt im Bundesland nur zwei, in Brandenburg ebenfalls, da gibt es keine Arbeitspflicht, da wird es den Gefangenen überlassen, ob sie lustig sind oder nicht. Im Rest der Republik sieht man das anders, da ist die Verpflichtung da. Man muss arbeiten, man muss seinen Beitrag dazu leisten, dass der Strafvollzug Geld kostet. Und da, ja, da ist er leider verpflichtet, wie wir alle auch.
    Dobovisek: Was, könnten Sie sich denn vorstellen, muss Uli Hoeneß im Gefängnis leisten?
    Bachl: Also das wird sehr genau angeschaut, was er denn machen kann, wofür er sich eignet, wofür er vielleicht ausgebildet ist, weiß ich nicht, was er für einen Beruf erlernt hat einmal. Also da wird genau hingeschaut und das mit ihm besprochen. Ja, und dann hängt es natürlich auch davon ab, ob ein Arbeitsplatz frei ist. Das ist nichts anderes wie in der freien Wirtschaft auch.
    Dobovisek: Welche Beispiele gäbe es denn da? Was leisten, was arbeiten denn Gefangene im Gefängnis?
    Bachl: Ja, es geht von der Landwirtschaft, der Gärtnerei, Kfz-Betriebe, Schlosserei, Schreinerei, also alle Handwerksbetriebe, was Sie sich so vorstellen können, die sind in vielen Vollzugsanstalten auch.
    Dobovisek: Auch Metzger? Er ist ja Wurstfabrikant.
    Bachl: Zum Beispiel, ja, zum Beispiel in der Küche. Oder Landsberg hat zum Beispiel eine hervorragende Bio-Kaninchenzucht, die man, bundesweit von jedermann erwerbbar ist. Das ist also ... Ganz was Hervorragendes soll das sein. Ich bin kein Kaninchenesser, aber wer das liebt, also muss das eine Delikatesse sein. Und da kann man sich auch betätigen. Also da gibt es vielfache Betätigungsmöglichkeiten. Allerdings könnte man noch ein paar Arbeitsplätze mehr brauchen, aber ich gehe davon aus, dass er irgendwo seinen Platz finden wird.
    Dobovsiek: Ex-FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß wurde wegen Steuerhinterziehung zu 3,5 Jahren Haft verurteilt. Hoeneß akzeptiert die Strafe, dazu der Vorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Anton Bachl. Ich danke Ihnen für das Gespräch!
    Bachl: Bitte schön, Wiederhören!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.