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Lange Schatten

Im dritten Jahrhundert zur Zeit der Drei Reiche, spielt das chinesische Historiendrama „Shadow“. Posttraumatische Belastungsstörungen von US-Soldaten thematisiert der Film „Thank you for your Service“. Mit Psychohorror wartet der Thriller „The Lodge“ auf.

Von Jörg Albrecht | 05.02.2020
Ein Soldat sitzt in einem Reisebus und blickt nach draußen
Szene aus dem Film „Thank you for your Service“ (imago stock&people)
"Habt Ihr Yang etwa den Krieg erklärt?"
"Nein. Er und ich sind übereingekommen, uns vor den Toren der Stadt demnächst zu duellieren, um den Sieger zu bestimmen."
"Ein Duell zwischen Generälen dieser Reiche käme einer Kriegserklärung gleich. Wie kann Euch das nicht bewusst sein?"
Wird ein Königshof zur großen Bühne, denkt ein jeder sofort an Shakespeare-Dramen. Machtspiele und kriegerische Handlungen dominieren auch "Shadow" von Zhang Yimou. Doch statt von einer literarischen Vorlage hat sich der chinesische Regisseur von Motiven des Wuxia-Genres inspirieren lassen, also von Geschichten über ritterliche Helden und ihre Kampfkünste. Angesiedelt im 3. Jahrhundert, zur Zeit der Drei Reiche, verknüpft Zhang diese Erzählungen mit historischen Fakten. Krieg oder Frieden? Diese Frage entzweit den Herrscher und seinen Obersten General Yu.
"Ich ließ sie in Eurem Namen wissen, dass Ihr die Stadt zurückerobern wollt."
"Wollt Ihr vielleicht auch in meinem Namen König sein?"
Die dunkle Seite des Yin und Yang
Für zusätzliche Sprengkraft sorgt der Umstand, dass es sich bei dem Mann, der König Pei gegenübersteht, gar nicht um Befehlshaber Yu handelt, sondern um seinen Doppelgänger. Davon aber wissen nur der echte General, dessen Frau und wir, die Zuschauer.
"Ich bin ein Nichts. Ich bin nur der Schatten dieses Mannes."
"Du bist kein Schatten."
Der Titel "Shadow" bezieht sich also auf den Doppelgänger, aber auch auf die dunkle Seite des Yin-und-Yang-Zeichens, das ebenfalls im Film auftaucht und das von den gegensätzlichen und sich dennoch ergänzenden Kräften kündet.
Passend zu diesem Symbol hat Zhang Yimou seine streng komponierten Bilder fast komplett in Schwarzweißtönen gehalten. Nur die Haut der Darsteller lässt eine blasse Färbung erkennen und auch das Blut, das fließen wird, ist rot. Visuell ist "Shadow" ein Hochgenuss, inhaltlich gerade am Anfang eine Herausforderung. Bis man die komplexe Geschichte durchblickt, ist Geduld gefragt.
"Shadow": empfehlenswert
"Ich bin seit ein paar Monaten raus."
"Wofür stehen Sie hier an?"
"Wir beantragen psychologische Hilfe, Sir."
"Sie waren einer meiner besten Männer. Die jungen Rekruten sollten Sie hier auf keinen Fall sehen. Schlecht für die Moral."
Nachdem sich einer ihrer Kameraden kurz nach der Rückkehr vom Militäreinsatz im Irak eine Kugel in den Kopf gejagt hat, müssen sich auch die Soldaten Adam und Tausolo eingestehen: Weder die Schlaflosigkeit und die Flashbacks, noch ihre Aggressionen und Depressionen werden von alleine weggehen. Unter den Posttraumatischen Belastungsstörungen der zwei Kriegsheimkehrer leiden zunehmend auch ihre Familien.
Psychische Kriegseinsatzfolgen
"Du bist krank und ich kann nichts tun, wenn du nicht endlich anfängst mit mir zu sprechen, Adam."

"Thank you for your Service" von Jason Hall versucht sich an einer Zustandsbeschreibung, die allerdings eher zu einer etwas plumpen und patriotischen Anklage an ein Land gerät, das sich nicht ausreichend um seine Soldaten kümmert. Denn die Therapieplätze sind begrenzt, die Wartezeiten bis zu neun Monaten lang.
"Keiner hier kann so lange warten, klar?"
"Wie bitte?"
"Was denken Sie, wie viele von den Leuten, die hier warten, werden in neun Monaten noch am Leben sein?"
"Sind Sie fertig?"
Erst 1980 wurde die Posttraumatische Belastungsstörung als Diagnose in das Klassifikationssystem der Psychiatrie aufgenommen. Dabei haben schon einige Jahre vorher Filme wie "Taxi Driver" und "Die durch die Hölle gehen" eindrücklich vor Augen geführt, wie sich Krieg auf die mentale Verfassung von Soldaten auswirkt.
"Thank you for your Service": zwiespältig
"Also - wie würdet ihr es finden, wenn wir Weihnachten wieder in die Berge fahren? Mit Grace. Sie würde sich freuen, euch näher kennenzulernen."
Die Freude können Aidan und seine jüngere Schwester Mia nicht teilen. Denn Grace ist die neue Frau an der Seite ihres Vaters und nach Ansicht der Zwei schuld daran, dass sich ihre Mutter vor einigen Monaten das Leben genommen hat. Dramatik verspricht auch der Umstand, dass Grace als Jugendliche Mitglied einer Sekte war.
"Was ist das?"
"Das ist Grace."
"Alle außer ihr haben Selbstmord begangen."
Spannungsgeladener Psycho-Horror
Die Ausgangssituation in "The Lodge" von Severin Fiala und Veronika Franz könnte kaum spannungsgeladener sein. Fast überflüssig zu erwähnen, dass das Ferienhaus natürlich einsam gelegen ist und der Vater wegen beruflicher Verpflichtungen die Drei sich selbst überlassen muss.
"Was soll das? Wir haben keinen Strom. Wo sind meine Sachen. Es ergibt keinen Sinn."
In bester Psycho- oder Horror-Thriller-Manier lässt "The Lodge" den Zuschauer bis zum Finale darüber rätseln, wer Drahtzieher der mysteriösen Geschehnisse im Haus ist: Sind es die Kinder, ist es Grace oder vielleicht doch ein Geist? Zwar hängt der Film im Mittelteil etwas durch, die Konsequenz aber, mit der die beiden österreichischen Filmemacher ihre Figuren in den Wahnsinn treiben, erinnert an Stanley Kubricks "Shining".
"The Lodge": akzeptabel