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Griechenland
Start-ups auf Erfolgskurs

Nach einem Rückgang der griechischen Konjunktur 2013 um vier Prozent wird dieses Jahr ein Wachstum von 0,6 Prozent vorhergesagt. Auch wenn die Arbeitslosigkeit von über 26 Prozent hoch bleibt, gibt es auch Unternehmen, die Erfolg haben und für die die Krise eine Chance ist.

Von Jerry Sommer |
    Die griechische Flagge weht im Wind.
    Griechenlands Wirtschaft im Aufwind: Für 2014 wird ein Wachstum von 0,6 Prozent erwartet. (dpa / Maurizio Gambarini)
    Griechisch, Russisch, aber auch Türkisch und Deutsch – im Athener Hauptquartier von Travelplanet24 - oder "tripsta", wie die Firma außerhalb Griechenlands heißt - geht es sprachlich sehr vielfältig zu. Das Online-Reiseportal hat einen rasanten Boom hinter sich, sagt der Besitzer Philip Brinkmann stolz. Er ist Sohn einer Griechin und eines Deutschen:
    "2011 hatten wir 37 Millionen, 2012 98 und 2013 200 Millionen Euro Umsatz. Die größten Anteile kommen aus Russland, Polen, der Türkei und Deutschland."
    Dabei hatte Griechenlands Wirtschaftskrise und die harte Sparpolitik auch Travelplanet24 stark getroffen. Denn die Griechen reisen nun erheblich weniger. Doch dem inzwischen 33-jährigen Unternehmer brachte der wirtschaftliche Niedergang des Landes auf eine entscheidende Idee:
    "Ich weiß nicht, ob ich ohne Krise international expandiert wäre."
    In der Telefonzentrale des 2011 gegründeten Unternehmens Taxibeat geht es ebenfalls geschäftig zu. Als eines der wenigen Start-ups in Griechenland hat die Firma es gerade geschafft, ausländisches Risikokapital einzusammeln: Taxibeat hat eine Software entwickelt, mit der man per Smartphone-App ein in der Nähe befindliches Taxi suchen und sich sogar über die Bewertungen der Chauffeure informieren kann. Vier Mitarbeiter waren es zunächst, inzwischen beschäftigt die Firma 50. Die Krise hätte ihnen genutzt, sagt Spyros Dovas von Taxibeat:
    "Da ist man offener für neue Ideen. Die Taxifahrer suchen neue Kunden, und die Kunden wollen weniger Geld ausgeben und achten mehr auf die Servicequalität. Da hilft es, wenn man über den Taxifahrer zum Beispiel Bewertungen per App nachlesen kann."
    Taxibeat expandiert vor allem im Ausland. Neben Athen ist das Unternehmen inzwischen auch in Brasilien, Peru, Mexiko City und Paris vertreten. So ist es bei den meisten erfolgreichen neuen griechischen Internetfirmen. Auf die hohe Arbeitslosigkeit in Griechenland von 27 Prozent haben sie jedoch kaum Einfluss. Und das Land gleich zum neuen Silicon Valley zu erklären – das sei eine gewaltige Übertreibung, meint auch Athanassios Kelemis von der Deutsch-Griechischen Handelskammer in Athen:
    "Das ist auch ein Stückchen Wunschdenken. Es gibt schon qualifiziertes Personal, das man im Innovationsbereich sehr gut einsetzen könnte. Es gibt auch einige Start-ups, die machen hier den Unterschied. Aber es gibt nicht so viele davon."
    Das Hauptproblem für alle Unternehmen des Landes ist es, an Kredite zu kommen, obwohl die internationalen Kreditgeber schon über 50 Milliarden Euro in die griechischen Banken steckt haben. Deshalb glaubt der Wirtschaftswissenschaftler Kelemis auch nicht, dass die griechische Wirtschaft über den Berg ist:
    "Die Lage hat sich in Griechenland verschlechtert. Immer mehr Unternehmen leiden extrem unter Liquiditätsproblemen, auch die gesunden griechischen Unternehmen müssen alle auf Vorkasse bestellen und bezahlen. Die Banken finanzieren so etwas nicht und das erschwert umso mehr die Situation."
    Auch fehlen im Haushalt für die nächsten Jahren noch rund 15 Milliarden Euro, obwohl Griechenland seine Ausgaben drastisch zusammengekürzt hat. Die fehlenden Milliarden werden größtenteils benötigt, um Zinsen und Kredite zu bezahlen.Die erfolgreichen Unternehmen in Griechenland wie Travelplanet24 und "Taxibeat" können daran nur wenig ändern.
    Linktipp:
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