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Großbritannien
Parteichefs versprechen Kohleausstieg

Noch ist in Großbritannien die Kohle mit rund 30 Prozent Energieträger Nummer 1. Jetzt aber haben die Parteivorsitzenden der Konservativen, der Liberalen und der Labour-Partei in einer ungewöhnlichen gemeinsamen Erklärung versprochen, aus der Kohleverstromung aussteigen zu wollen. Ein Vorbild für Deutschland?

Von Jochen Spengler | 17.02.2015
    Kühltürme des Kohlekraftwerks Ferrybridge in Großbritannien.
    Die Nutzung von Kohlekraftwerken soll in Großbritannien beendet werden. (Imago / Blickwinkel)
    "I'm going to miss chocolate."
    Am Anfang steht ein Kurzfilm, in dem Promis wie der Schauspieler Stephen Fry dazu auffordern, sich wegen des Klimawandels zu sorgen. Der Beginn einer Kampagne, in der Hunderttausende im Internet ihre Zuneigung für all das zeigen, was durch die Erderwärmung verloren gehen dürfte.
    "Bees, yes, bees, because ..."
    Am Ende können auch die drei Parteiführer nicht "Nein" sagen, gedrängt von den Umweltaktivisten versprechen sie, sich gemeinsam einzusetzen für ein global verbindliches Abkommen, mit dem der Temperaturanstieg auf unter zwei Grad Celsius begrenzt wird. Außerdem bekennen sie sich zum britischen Klimawandel-Gesetz mit seinem CO2-Abbau-Gebot und sie versprechen die Nutzung von Kohlekraftwerken zu beenden, deren CO2 nicht abgeschieden und gespeichert werden kann.
    "Das ist ein Erfolg, denn hier im Vereinigten Königreich gibt es keinen großen Konsens über Klimawandel. Hier führen sehr oft die Klimaskeptiker das Wort und der Klimawandel war so etwas wie ein politischer Spielball. Mit dem Versprechen der drei Parteichefs wird er nun aus der politischen Streit-Arena genommen. Egal, wer nach den Wahlen Premierminister ist - die Richtung der Reise ist klar: eine klare Verpflichtung bei den Klima-Verhandlungen im Dezember in Paris",
    sagt Christine Allen, die zur Green Alliance gehört, die die Vereinbarung der Parteiführer vermittelt und ausgehandelt hat. Während deren Schwur in Großbritannien in den Medien kaum Beachtung fand, priesen ihn deutsche Umweltorganisationen sogleich als beispielhaftes Signal.
    Kein konkreter Zeitplan
    Dabei wird in der britischen Vereinbarung weder ein verbindlicher Zeitplan genannt noch der Bau neuer Kohlekraftwerke ausgeschlossen. Insgesamt, so gibt auch Christine Allen zu, sei es eher eine Bekräftigung des Klimawandel-Gesetzes, in dem das Ziel formuliert ist, bis 2050 den Kohlendioxid-Ausstoß um 80 Prozent zu verringern, als ein konkreter Ausstiegsplan.
    "Es ist definitiv kein verbindlicher Beschluss, die Kohle loszuwerden. Es gibt keinen Zeit- oder Fahrplan dafür und es ist schon sehr allgemein, sicher eine Verschärfung, weil nur noch Kohle genutzt werden soll, die sauber ist, in dem Sinne, dass CO2 aufgefangen und gespeichert wird. Wir werden die drei Parteichefs an ihren Taten messen. Das Vertrauen in die Politik ist bei den meisten Bürgern nicht sehr hoch, aber wir müssen ihnen einen Vertrauensvorschuss geben, wo es angebracht ist."
    Vor allem für Regierungschef David Cameron ist der Schwur schon ein bemerkenswerter Schritt, wimmelt es doch in den eigenen konservativen Reihen nur so von Klimaskeptikern wie Owen Paterson. Der plädierte als Umweltminister für das Ende des Klimawandel-Gesetzes, erklärte Windparks für überflüssig und führte Kleinkrieg mit dem liberalen Energieminister.
    Bekenntnis zur Atomkraft
    Bei Amtsantritt 2010 hatte die Koalition versprochen, die grünste Regierung aller Zeiten zu werden; sie ist weit hinter der eigenen Rhetorik zurückgeblieben: Alternative Energien wurden weniger gefördert als angekündigt, dafür blieb es bei hohen Beihilfen für Kohle. Jetzt drängt Cameron trotz heftigen lokalen Widerstands unbeirrt auf die Förderung fossilen Schiefergases durch Fracking. Dass Großbritannien aber nicht als energiepolitisches Vorbild für Deutschland taugt, liegt vor allem an dem parteiübergreifenden Bekenntnis zur Atomkraft. Mit großzügigen Subventionen durch den Steuerzahler will man gleich mehrere Atommeiler errichten. Als Premierminister Cameron dafür 2013 grünes Licht gab, erklärte er stolz:
    "Das ist ein sehr großer Tag für unser Land. Es ist das erste Mal seit langer Zeit, dass wir ein neues Atomkraftwerk bauen. Diese Regierung hat einen langfristigen Wirtschaftsplan und wir hoffen, dass es das erste vieler weiterer Atomkraftwerke sein wird, dass es unsere Nuklearindustrie wieder in die Spur bringt, dass es tausende Arbeitsplätze schafft und eine sichere Energieversorgung gewährleistet - weit in die Zukunft hinein."