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Sondersitzung zum Datendiebstahl
Wenig Neues, aber viele offene Fragen

Der Datendieb ist gefasst, aber viele Fragen rund um die massenhafte Veröffentlichung privater Daten von Politikern und Prominenten sind noch offen. Im Innenausschuss des Bundestages herrscht Unmut.

Von Gudula Geuther | 10.01.2019
    Collage aus einer Hand über eine Computertastatur
    Der Datendiebstahl beschäftigt auch den Innenausschuss in einer Sondersitzung (imago stock & people)
    Diese Ansage ist ungewöhnlich vor einer Sondersitzung des Innenausschusses - vor allem wenn dort der Bundesinnenminister befragt werden soll, und vor allem, wenn die Ansage von der Linken als Oppositionspartei kommt.
    "Hier ist ja relativ klar, dass die Fragen fraktionsübergreifend dieselben sind."
    So André Hahn, der wissen will:
    "Warum die allermeisten Abgeordneten von diesen Angriffen erst durch die Medien erfahren haben. Das ist nicht akzeptabel."
    André Hahn, sportpolitischer Sprecher der Linksfraktion am 15.10.2015 im Paul-Löbe-Haus in Berlin vor einer Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses in Berlin.
    André Hahn von der Linksfraktion (dpa / picture-alliance / Kay NIetfeld)
    Fragen über Fragen
    Tatsächlich wirft der groß angelegte Datenklau auch in der Koalition Fragen auf. Nach dem Tathergang, nach den Ermittlungen, aber auch nach den Ermittlungsstrukturen. Die Ausschuss-Vorsitzende Andrea Lindholz, CSU, und Burkhard Lischka, SPD:
    "Hätte man vielleicht doch früher den Täter ermitteln können, schließlich ist durch zwei Bundestagsabgeordnete, an zwei Landesbehörden im August und Oktober schon mal Hinweise erfolgt. Können wir da vielleicht durch eine bessere Vernetzung der Sicherheitsbehörden noch schneller werden?"
    "Warum hat das BSI die Einzelfälle, die ihm bekannt geworden sind, offensichtlich nicht an das Bundeskriminalamt weitergeleitet? Gleiches gilt für manche Anzeige, die im vergangenen Jahr auch bei Landeskriminalämtern eingegangen ist. Arbeiten da unsere Behörden wirklich optimal zusammen?"
    Landesvorsitzende der SPD Sachsen-Anhalt, Burkhard Lischka, spricht am 13.01.2018 in Wernigerode (Sachsen-Anhalt) auf dem Landesparteitag.
    Der SPD-Politiker Burkhard Lischka (dpa / Dietmar Gabbert)
    "Cyber-Abwehrzentrum plus" erntet Spott
    Für solche Fragen hat Bundesinnenminister Horst Seehofer schon zwei Antworten in Arbeit: Er will prüfen lassen, ob ein - bisher nicht näher bestimmtes - Frühwarnsystem helfen könnte. Und er will das Cyber-Abwehrzentrum ausbauen, in dem sich die zuständigen Behörden vernetzen. Skeptisch reagiert Manuel Höferlin, FDP.
    "Das Wort "Cyber-Abwehrzentrum plus" ist ja derzeit nicht mehr als eine Worthülse."
    Auch wenn auch er auf mehr Zusammenarbeit dringt, vor allem mit den Landesbehörden. Seine Vorstellungen gehen weiter:
    "Außerdem hilft es, wenn es ein Recht auf Verschlüsselung gibt."
    Das will auch der Grüne Konstantin von Notz. Der wie André Hahn auf die Verantwortung jedes Einzelnen für seine Daten verweist. Für die Voraussetzungen aber den Staat in der Pflicht sieht.
    "Da geht es um standardisierte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, da geht es um ein Verbot des Handels mit Sicherheitslücken und da geht es darum, verbraucherrechte den großen IT-Konzernen abzuverlangen."
    Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz steht im Bundestag in einem schwarzen Anzug und einem grauen Hemd hinter einem Rednerpult und gestikuliert mit der rechten Hand.
    Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen) (dpa/Kay Nietfeld)
    "Woher hat der Betreffende seine Informationen erhalten?"
    Und spätestens hier ist es vorbei mit der Einigkeit. Denn für den innenpolitischen Sprecher der Unionsfraktion, den CDU-Mann Mathias Middelberg, wirft dieser Fall noch ganz andere Fragen auf:
    "Woher hat der Betreffende seine Informationen erhalten? Ob aus dem Darknet oder aus anderen Quellen? Da würde uns natürlich auch interessieren: Was ist da konkret der Fall gewesen? Und dann stellt sich zum Beispiel die Frage der Speicherfristen."
    Das Bild zeigt Mathias Middelberg (CDU) im Deutschen Bundestag.
    Mathias Middelberg (CDU) (dpa / Christophe Gateau)
    Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt auch wegen Datenhehlerei
    Das zielt auf die Vorratsdatenspeicherung, bei der Grüne und Linke nicht mitgehen würden. Und Middelbergs Liste ist länger.
    "Stichwort Online-Durchsuchung, Stichwort verdeckte Ermittlungen im Darknet…"
    Die Diskussion um die Konsequenzen aus der Tat hat gerade erst begonnen. Derweil geht die Aufklärung weiter. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den 20-jährigen Verdächtigen auch wegen Datenhehlerei. Die Bild-Zeitung hatte geschrieben, er könnte einen Teil der Daten oder Zugänge im Darknet gekauft haben. Darauf allerdings sehen die Ermittler, so die Agentur AFP, bisher keine Hinweise.
    Den Abgeordneten stehen neben Bundesinnenminister Seehofer unter anderem die Chefs des Bundesamts für die Sicherheit in der Informationstechnik und des Bundeskriminalamts, Arne Schönbohm und Holger Münch, Rede und Antwort.