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Hamburger NKG Kala
Das Geschäft mit der Kaffeebohne

Deutschland ist der drittgrößte Kaffeemarkt der Welt. Beim Hamburger Unternehmen NKG Kala lagern Zehntausende Tonnen der Rohware aus Übersee. Von hier aus werden Arabica, Liberica und fair gehandelte Biobohnen an die großen deutschen Kaffeeröstereien geliefert.

Von Axel Schröder | 30.09.2016
    Kaffeetasse umgeben von Kaffeebohnen
    Pro Jahr und Kopf werden hierzulande rund 162 Liter Kaffee konsumiert. Mehr noch als Bier und Wein. (imago/chromorange)
    Langsam wird der Überseecontainer gekippt, dann rieseln erst ein paar Kaffeebohnen heraus, dann rauscht der Rest der Ladung, rund 20 Tonnen hellgrüne Bohnen, in einem breiten Schwall durch ein Gitterrost im Boden, die sogenannte Gosse.
    "Hier stehen wir direkt bei den Annahmelinien", erklärt Daniel Abratis: "Das ist Annahmelinie 1, 2 und 3. Wir haben jetzt gerade einen Container angenommen. Läuft über die Gosse, wird nach oben befördert, läuft dann über die einzelnen Reiniger, wird gereinigt und läuft dann wieder nach oben in die Zelle rein."
    Die Zellen, also die einzelnen Stahlsilos sind das Herzstück der Anlage, sagt Daniel Abratis, Logistiker im größten Kaffeesilo Europas, bei der NKG Kala. 35.000 Tonnen Kaffee, vor allem aus Lateinamerika und Afrika, lagern bei dem Unternehmen im Hamburger Hafen. 1956 wurde das Unternehmen - die Kaffee-Lagerei - in der Hamburger Speicherstadt gegründet.
    Bloß nicht mischen, ist die Devise
    Mit dem Fahrstuhl geht es in die Leitwarte der Anlage. Dort zeigt Produktionsleiter Mark Miller, was auf den Monitoren der Warte zu sehen ist: "Da sieht man die ganzen hellen und dunkelfarbigen Wege. Alles, was hellgrün ist, ist das, was gerade läuft. Er hat die Datensätze überall drin, ob es entsprechend verriegelt ist, dass da nicht irgendwie Brasil auf Kolumbien gefahren wird. Dass das schon sortenrein bleibt."
    Denn dann gäbe es Ärger mit den Kunden der NKG Kala, den großen deutschen Kaffeeröstereien. Die Biobohnen dürfen nicht mit konventionell angebauten zusammengeworfen und Arabica nicht mit Robusta oder Liberica vermischt werden.
    Vor zehn Jahren zog die NKG Kala um in den Hafen, die Rohware kommt per Schiff, Zug oder Lkw. Nicht nur die Lagerung, sondern ein ganz breites Spektrum von Dienstleistungen rund um den Kaffe übernimmt dann die NKG Kala, erklärt Geschäftsführer Sven Hähnsen in seinem Büro:
    "Was Dokumentation angeht, was Import angeht, was die Verzollung angeht von Ware. Was das Mischen von Kaffees angeht im Auftrag von unseren Kunden. Weiterverarbeitung von Kaffees, also Veredelung von Kaffees. Dass wir Kaffees in unserer Anlage dämpfen, damit sie einen milderen Geschmack bekommen. Ein natürlicher Prozess, der ebenfalls Kunden sowohl in Deutschland als auch weltweit hat, die diesen bearbeiteten Kaffee verwenden in ihren Mischungen."
    An der Wand hängt eine riesige Weltkarte, die Kontinente bestehen aus aufgeklebten Kaffeebohnen in den jeweiligen Formen, im jeweiligen Grünton der dort angebauten Sorten.
    Zuverlässige Kaffeetrinker im Heimatmarkt
    Auf den Kaffeedurst der Deutschen kann sich die Firma dabei verlassen. Pro Jahr und Kopf werden hierzulande rund 162 Liter des Wachmachers konsumiert. Mehr noch als Wein und Bier. Aber in Zukunft wird der Kaffeekonsum kaum mehr wachsen.
    "Der deutsche Markt, der mit Abstand unser größter Markt ist, ist schon gesättigt. Was wir festgestellt haben, ist, dass über die letzten Jahre das Verhalten des Konsumenten sich verändert hat. Zum einen weiß man, dass die Kapsel Einzug in den Kaffeemarkt gehalten hat. Und der Filterkaffee, also das Aufbrühen zuhause, das ist weniger geworden. Früher wurde der Pott aufgefüllt, war eine ganze Kanne, davon wurde dann teilweise mal die Hälfte oder vieleicht ein Viertel noch weggegossen. Das war dann mit Konsum! Und mit diesen neuen Maschinen gibt es diesen - in Anführungsstrichen - "Konsum" nicht mehr."
    Einweg-Kapseln für Kaffee aus Aluminium liegen auf einem Tisch. 
    Mit der Einweg-Kapseln für Kaffee hat sich das Verhalten der Konsumenten geändert. (picture-alliance / dpa / Sojka Libor)
    Die Wachstumsmärkte für Kaffee liegen zurzeit vor allem im asiatischen Raum. Und diese Länder, erklärt Sven Hähnsen, seien einfach zu weit entfernt und hätten längst eigene Lagerstandorte und Betriebe für die Weiterverarbeitung aufgebaut. Vor allem in Europa wächst dagegen der Anteil zertifizierter Kaffees, also von Bio-Sorten oder fair gehandelten Kaffees. Mittlerweile beträgt ihr Anteil an der insgesamt produzierten Menge rund 20 Prozent, schätzt Geschäftsführer Sven Hähnsen.
    Drüben in der Silo-Anlage wartet Daniel Abratis im Probenameraum der NKG Kala auf die nächste Ladung Bohnen. Bei jeder neuen Lieferung wird in festen Intervallen eine Handvoll Proben durch ein Plexiglasrohr zur Prüfung geschickt. Die Bohnen fallen in kleine Plastikschalen, beschreibt Logistiker Abratis:
    "Der Kaffee kommt rein, dann gucken wir ihn uns an. Auf Beschädigungen, Nässe, wie riecht er? Sieht er gesund aus? Ist der so, wie wir ihn uns vorstellen. Und wenn das alles stimmt, dann haben wir alles richtig gemacht."
    Daniel Abratis fährt mit dem Fahrstuhl ganz nach oben, bis über die Silos: "Hier reinigen wir den Kaffee. Wir ziehen den Staub raus. So wie die Kundenwünsche sind."
    Krisenfester Kaffee
    Die Kaffeebohnen werden durch Siebe gerüttelt, kleine Äste und Steine herausgefiltert. Erst nach der Säuberung geht es dann, sofern die Kunden das wünschen, in die Dämpfung, um den Bohnen die Bitterstoffe zu entziehen, danach wird die Ware vakuumgetrocknet. Einige Tage oder Wochen später geht die Fracht dann per Lkw an die Auftraggeber. Auch wenn der deutsche und europäische Kaffeemarkt kaum Wachstumspotentiale hat, sieht Geschäftsführer Sven Hähnsen die Zukunft der NKG Kala ganz gelassen:
    "Ich denke, das Wichtigste für unsere Branche, für die gesamte Kaffeebranche ist, dass wir trotz weltweiter Krisen, sei es Finanzkrisen, seien es wirtschaftliche Krisen, dass Kaffee kontinuierlich über die Jahre stetig gewachsen ist. Ganz egal, ob es eine Krise gab oder nicht. Es ist gut zu wissen, dass dieses Produkt nachgefragt wird, ganz egal, was auf der Welt passiert!"