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Israel
Künstler verlangt aus Protest gegen Politik Knesset-Relief zurück

Vor 50 Jahren hat der Bildhauer Dani Karavan ein Relief für die Knesset in Jerusalem geschaffen. Der 86-Jährige Israeli fordert nun, dass das Kunstwerk abgehängt wird, bis eine andere Regierung an der Macht ist.

Von Torsten Teichmann | 26.07.2016
    Der Plenarsaal der Knesset in Jerusalem, des Parlamentes des Staates Israel. An der Wand links ein Relief von Dani Karavan.
    Der Plenarsaal der Knesset in Jerusalem, des Parlamentes des Staates Israel. (dpa/ picture-alliance/ Bernd Weißbrod)
    Die sandfarbenen Steine stammen aus Galiläa. In einige Blöcke sind geometrische Figuren geschliffen. Insgesamt ist das Relief im Plenarsaal der Knesset 24 Meter breit und sieben Meter hoch.
    Der Bildhauer Dani Karavan hat die Wand vor 50 Jahren geschaffen. Doch er verlangt sein Relief zurück:
    "Wir haben jetzt die am weitesten rechts stehende Regierung. Und ich habe das Gefühl, dass die Wand nicht mehr dort hin gehört. Aber ich kann sie nicht abnehmen. Sie ist zu schwer und gehört mir ja nicht. Aber ich bitte darum, die Fassade zu verhängen bis die Regierung meiner Heimat zu zur Basis der Unabhängigkeits-Erklärung zurückkehrt."
    Pointierter Kritiker Netanjahus
    Karavan gehört zu den schärfsten und wohl auch pointiertesten Kritikern der Regierung Netanyahu. Erst in den vergangenen Tagen habe er sich wieder geärgert, erzählt der 86-Jährige in Tel Aviv. Ein Gesetz, wonach eine Mehrheit des Parlaments, einen gewählten Abgeordneten ausschließen kann, hält er für undemokratisch.
    Ein anderes Gesetz, das NGO-Gesetz stigmatisiere Menschenrechtsaktivisten, so Karavan. Er selbst unterstützt eine der betroffenen Organisationen:
    "Ich bin Mitglied von Yesh Din. Das kann man ja an meinem Relief in der Knesset vermerken: Geschaffen von einem Mitglied von Yesh Din."
    Der Künstler Dani Karavan
    Der Künstler Dani Karavan (Thorsten Teichmann/ ARD)
    Mit seiner Polemik steht der Bildhauer häufig in der Kritik. Auch im Interview mit der deutschen Tageszeitung "Die Welt" besteht der Reporter immer wieder darauf, dass Israel eine Demokratie ist. Karavan bleibt dagegen auf seinem Standpunkt: So lang Israel palästinensisches Gebiet besetzt hält und die dort lebenden Palästinenser nicht die gleichen Rechte genießen, gebe es keine Demokratie.
    "Er hat mich sehr stark gedrängt, einzugestehen, dass man Israel so nicht kritisieren darf, wie ich es tue. Aber ich bin nicht allein damit."
    Die starke Polarisierung hat in Israel längt auch Kunst und Kultur erreicht. Künstler wie die Schriftsteller David Grossman und Amos Oz oder die Autorin und Schauspielerin Gila Almagor, fragen, in welche Richtung das Land geht. Die Regierung wirft ihnen vor, sie würden damit den gesamten Staat in Frage stellen.
    Im Frühjahr hatte Kulturministerin Miri Regev ein Loyalitätsgesetz vorgeschlagen. Die Reaktionen kamen schnell. Im Fernsehen rang Schauspielerin Almagor nach Worten:
    "In dem Moment, wo man anfängt unsere Treue zu prüfen, und diese Drohung, dass wir, wenn wir nicht unsere Treue schwören, dann kriegen wir keine Gelder mehr - was soll das denn? Diese ganze Einstellung ist falsch. Die Redefreiheit und die Freiheit der Kunst und der Kreativität - das sind doch die Stützpfeiler der Demokratie! Sowas machen doch nur dunkle Regimes."
    Die Diskussion ist längst eskaliert. Und natürlich kann man fragen, warum Dani Karavan jetzt sein Relief zurückverlangt. Vor zwei Jahren war er stolz, dass er seine Steinwand im Parlament nachträglich signieren durfte.
    Stigmatisierung von Intellektuellen
    Vermutlich hängt es mit der wachsenden Stigmatisierung von Intellektuellen zusammen. Die gegenwärtige Regierung spricht über eine konservative Revolution in allen Bereichen. Wer nicht dazu gehört wird zur alten, sogenannten linken Elite des Landes gezählt:
    "Schau wie viele Nobelpreisträger es gibt. Und wie viele Autoren in viele Sprachen übersetzt werden. Und Künstler, Musik, Wissenschaftler – das ist Elite. Das ist doch verrückt. Wo existiert all das Wissen in der Regierung, in den Parteien? Wo?"
    Aktuell arbeitet Dani Karavan an einem Objekt für die technische Universität in Haifa, das Technion und an einer Stiftung für das Dorf Neve Shalom, dessen verschiedenen Bewohner sich um eine friedliches Zusammenleben bemühen. Dort wird seine Stimme auch ohne Drohungen noch gehört.