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Jahresgutachten zur Migration
Sachverständigenrat befürwortet Einwanderungsgesetz

Der "Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration" hat seinen Jahresbericht vorgelegt. Darin empfiehlt er dem Staat, Einwanderung und Integration zu gestalten - etwa durch ein Gesetz. Das könne transparent machen, was der Staat jetzt schon tue: Einwanderung steuern.

Von Panajotis Gavrilis | 24.04.2018
    Zuwanderer aus verschiedenen Ländern nehmen am 18.09.2014 in Berlin an einem "Integrationskurs Deutsch" im Sprach- und Integrationszentrum in der Braunschweiger Straße in Neukölln teil.
    Deutschland müsse sich als Einwanderungsland begreifen, so der Sachverständigenrat. (picture alliance / dpa / Jens Kalaene)
    "Steuern, was zu steuern ist: Was können Einwanderungs- und Integrationsgesetze leisten?" So lautet die Überschrift des Jahresgutachtens 2018 des "Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration".
    Migration und Integration - sensible gesellschaftliche Themen, die spätestens mit dem Zuzug von Flüchtlingen seit 2015 wieder kontrovers diskutiert werden, so der SVR-Vorsitzende Thomas Bauer.
    "So können derartige Debatten beispielsweise verdeutlichen, dass Deutschland nicht zuletzt aufgrund seiner demografischen Entwicklung auf Zuwanderung angewiesen ist und für viele Jahre noch angewiesen sein wird."
    Für den Sachverständigenrat, dem neun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler angehören, ist klar: Der Staat sollte Zuwanderung und Integration gestalten. Zum Beispiel über ein neues Einwanderungsgesetz.
    "Zum einen könnte es transparent machen, was der Staat jetzt schon tut: nämlich Einwanderung steuern. Zum Beispiel, wenn es um qualifizierte Zuwanderung zur Bekämpfung des Fachkräftemangels geht. Die Eröffnung legaler Zuzugsoptionen leistet darüber hinaus einen Beitrag dazu, irreguläre Migration zu begegnen. Und ein Einwanderungsgesetz könnte die bestehenden, sehr komplexen Regelungen zusammenfassen, vereinfachen und in Teilen weiter systematisieren."
    "Migration nach Deutschland heißt viel mehr"
    Grundsätzlich spricht nichts gegen ein Einwanderungsgesetz, so das aktuelle Gutachten des Sachverständigenrates. So ein Gesetz würde vor allem nach außen signalisieren, dass Deutschland sich als Einwanderungsland begreife, sagt Daniel Thym vom SVR:
    "Alle reden nur noch über Islam, über Flucht und die Probleme, die da ja existieren. Die wollen wir auch in keinster Weise kleinreden oder leugnen. Aber Migration nach Deutschland heißt sehr viel mehr. Und eine Debatte über ein Einwanderungsgesetzbuch kann auch ein Signal sein, diese anderen Facetten von Migration, die tagtäglich stattfinden, in den Blick zu nehmen und das würden wir als Sachverständigenrat auch befürworten."
    Die Steuerungsmacht neuer Gesetze sollte man aber nicht überschätzen, sagt der Sachverständigenrats-Vorsitzende Thomas Bauer. Sie seien kein Allheilmittel.
    "Bei Einwanderungs- und Integrationsgesetzen muss man auch feststellen, dass es sich hierbei um die Verhaltensweisen und Entscheidungen von Menschen handelt, die sich nicht so leicht steuern lassen wie Maschinen oder Waren."
    Bessere Zusammenarbeit von Bund und Ländern gefordert
    Bei der sogenannten "Erwerbsmigration" könne der Staat am meisten steuern, so Bauer weiter. Verbesserungsbedarf gibt es hier laut dem SVR bei beruflich qualifizierten Fachkräften ohne akademischen Abschluss. Diese sollten einfacher nach Deutschland kommen dürfen, fordert der Sachverständigenrat.
    Auch beim Thema Integration müssten Bund, Länder und Kommunen besser zusammenarbeiten, die interkulturelle Öffnung der Verwaltung sollte vorangetrieben werden oder Ministerien könnten weitere Fachebereiche für Integrationsfragen einrichten.
    Integrationsgesetze könnten helfen, so der Sachverständigenrat weiter, sich darüber zu verständigen, wie das Zusammenleben in Deutschland aussehen soll. In diesem Sinne sei die belebte Debatte in Deutschland klar zu begrüßen.