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John Kornblum über Trump
"Seine Lage ist alles andere als gut"

Der ehemalige US-Botschafter in Deutschland, John Kornblum, hält die Personalentscheidungen des künftigen US-Präsidenten Donald Trump für undurchsichtig. Trump wisse vermutlich selbst nicht, in welche Richtung er steuert, sagte Kornblum im DLF. Zum einen habe er "harte Rechte" nominiert, zum anderen spreche er mit dem gemäßigten Republikaner Mitt Romney.

John Kornblum im Gespräch mit Jasper Barenberg |
    John Kornblum, ehemaliger US-Botschafter in Deutschland
    John Kornblum, ehemaliger US-Botschafter in Deutschland (dpa / picture-alliance / Karlheinz Schindler)
    Kornblum sagte, Trumps Ziel sei es vor allem, seine politische Basis zu pflegen. "Diese ist seine Macht", betonte Trump. Dementsprechend habe er die ersten Nominierungen vorgenommen - die Basis-Nomnierungen gewesen seien. Das sei beunruhigend.
    Trump stelle eine Minderheit in der Republikanischen Partei dar. Er werde von der Partei im Großen und Ganzen immer noch abgelehnt. "Seine Lage ist alles andere als gut", sagte Kornblum. Dazu komme, dass er keine Erfahrung habe. Man müsse sich darauf einstellen, dass es eine große Unbeständigkeit unter Trump geben werde - auch bei der Personalbesetzung.

    Das komplette Interview zum Nachlesen:
    Jasper Barenberg: Mitgehört hat der frühere US-Botschafter in Deutschland, John Kornblum. Schönen guten Morgen!
    John Kornblum: Guten Morgen.
    Barenberg: Eine Regierung der Hardliner, oder eine gewisse Balance aus Rechtsaußen und Gemäßigten. Fügen sich für Sie die ersten Personalentscheidungen schon zu einem Bild?
    Kornblum: Ich glaube, wenn man Trump richtig einschätzen will, muss man genau das tun, was der letzte Experte aus Washington gesagt hat. Seine Ziele sind andere als die von den meisten Politikern. Sein Ziel ist, seine Basis zu pflegen. Seine Basis ist sozusagen seine Macht. Er ist nicht Teil der Republikanischen Partei. Er hat natürlich auch nichts mit der Demokratischen Partei zu tun. Was er hat ist seine Basis. Wir können im Moment nichts sagen. Ich meine, er hat auf der einen Seite einige ganz harte Rechte nominiert, ohne Frage, aber zur gleichen Zeit spricht er mit Romney. Ich glaube, er selber weiß nicht ganz genau, in welche Richtung er das alles nimmt.
    Barenberg: Er weiß es selber nicht. - Man könnte ja sagen, das ist schon ein guter Plan, Hardliner, den Vertretern seiner eigenen Ziele Beraterposten zu geben. Und auf der anderen Seite Rücksicht zu nehmen auf republikanische Mehrheiten auch im Kongress möglicherweise.
    Kornblum: Genau, genau. Es sieht so aus und es ist offensichtlich, bis zum letzten Moment wusste er wahrscheinlich nicht, ob er gewinnen würde. Und hat wahrscheinlich selber Zweifel daran gehabt. Seine sogenannte Transition, wie man das in Amerika nennt, ist sehr schlecht vorbereitet. Und die ersten Nominierungen sind Basisnominierungen und die sind für viele Leute auch beunruhigend. Ich glaube nicht, dass sie so einen unglaublichen gesellschaftlichen Wandel hervorheben, wie Ihr Korrespondent in Washington es gesagt hat. Aber im Endeffekt könnte es auch sein. Ich glaube, das Wichtigste auch für Amerikas Freunde in Europa ist, wirklich sehr aufzupassen, aber auch sehr offen zu sein für die Änderungen, die kommen werden.
    Barenberg: Aber was Sie auch sagen, wenn ich das richtig verstehe: Trump muss gewisse Rücksichten nehmen mit Blick auch auf die Republikaner im Senat und im Abgeordnetenhaus. Er kann nicht einfach so durchregieren, wie es die nackten Zahlen ja erst mal nahelegen würden.
    Trump ist ein "Minderheitspräsident"
    Kornblum: Nein, das stimmt. Und man darf nicht vergessen: Die nackten Zahlen sind, dass er die Mehrheit der populären Stimmen in Amerika nicht bekommen hat. Er ist, wenn Sie so wollen, aus dieser Sicht ein Minderheitspräsident. Und er ist noch mehr eine Minderheit in der Republikanischen Partei, die ihn im Großen und Ganzen immer noch als Person ablehnen. Seine Lage ist alles andere als gut. Und er hat auch keine Erfahrung in diesen Dingen. Wir müssen uns also darauf vorbereiten, dass es eine ziemliche Unbeständigkeit geben wird, auch in der Zusammensetzung von dieser Administration.
    Barenberg: Und wir müssen noch ein bisschen abwarten, bis die Regierungsmannschaft vollständig bekannt ist. - Einige Hinweise auf der anderen Seite haben wir ja schon, John Kornblum. Die Krankenversicherung Obama Care, der Zaun zur mexikanischen Grenze, ein Sonderermittler gegen Hillary Clinton - bei einigen Themen ist Trump ja von seinen ursprünglich scharfen Forderungen aus dem Wahlkampf schon einen Schritt zurückgegangen. Wird der Präsident Trump anders sein als der Kandidat Trump?
    Kornblum: Das bestimmt. Aber in welche Richtung können wir immer noch nicht wissen. Eine Sache ist ziemlich klar. Und diese Beispiele, die Sie gegeben haben, zeigen das. Seine Hauptversprechen, dass er den Außenhandel stoppen würde, dass er noch mehr Jobs aus dem Ausland holen würde, dass mehr Fabriken aufgemacht werden würden, die kann er alle nicht erfüllen. Es ist unmöglich, dass er sie erfüllen kann. Deshalb braucht er sozusagen - und wenn wir seine Vergangenheit sehen vor allem seine sehr vielen Auftritte im Fernsehen und so. Er muss zur gleichen Zeit, dass er in der Realität lebt, immer noch das Image von diesem Trump, der die Welt ändert, der neue Ideen hat, der revolutionär ist, er muss das noch am Leben erhalten. Und das wird eine ziemlich schwierige Aufgabe für ihn sein.
    Barenberg: Wenn wir auf die internationale Politik schauen, da gibt es große Sorgen mit Blick auf das Klimaschutzabkommen von Paris, auf den Nuclear Deal, wie es heißt, mit dem Iran. Würden Sie sagen, schon jetzt ist klar, dass es auf dem internationalen Parkett zu Verwerfungen so oder so kommen wird?
    Trump hat kaum Möglichkeiten, seine Positionen durchzusetzen
    Kornblum: Ja, höchst wahrscheinlich. Er wird höchst wahrscheinlich Positionen einnehmen, die nicht nur für die Alliierten, aber vielleicht auch für die Gegner nicht attraktiv sind. Aber wie gesagt, er hat kaum Möglichkeiten, diese Positionen durchzusetzen. Er kann Nein sagen beim Klimaschutz. Er kann Nein sagen beim Iran. Aber wenn die Welt - und ich gucke genau auf die Europäer -, wenn die Europäer eine koordinierte und auch sachliche Politik machen, dann kann Trump auch nicht einfach sagen, ich tue das und das, was ich will. Die Aufgabe hier für die Europäer ist, wenn ich das so sagen darf, nicht mehr an die Europäische Union zu denken, die ein möglichst schlechter Rahmen für diese Debatte ist, sondern richtig zusammen sachlich und sehr pointiert, wenn Sie so wollen, das Gegenbild von dieser Politik an Trump heranzutreten und hoffentlich energisch durchzusetzen.
    Barenberg: Das heißt, während viele in der EU jetzt erst mal abwarten und schauen, was sich da so alles in Washington entwickelt und mit welchen Vorschlägen oder Initiativen Donald Trump als Präsident dann starten wird, sollte Europa, sollten die Staaten in Europa jetzt schon handeln?
    Kornblum: Handeln ist vielleicht das falsche Wort, aber sie sollen eine Agenda haben. Zum Beispiel der ganze Bereich der Globalisierung, der Digitalisierung, die Menschenrechte, Datenschutz, alle diese Dinge sind Sachen, wo Trump wahrscheinlich nicht gerade die Politik der Europäer unterstützen würde. Aber wenn ich das sagen darf als Amerikaner: Man braucht die Europäer, um immer noch diese liberalen Prinzipien durchzusetzen. Aber wir sehen im Moment natürlich, wie es immer in der EU ist, eher ein Reden über, wie können wir uns gegen diese neuen amerikanischen Entwicklungen verteidigen, und nicht einen aktiven Versuch, diese Agenda zu formulieren.
    Barenberg: Aber wie könnte so ein aktiver Versuch aussehen, wenn Sie selbst sagen, die Europäische Union scheint Ihnen nicht der geeignete Rahmen?
    Kornblum: Na ja. Wir haben gerade gestern Abend gehört, dass es wahrscheinlich dieselbe deutsche Kanzlerin geben wird ab 2017 wie jetzt. Aber jetzt für die Wahlkämpfe von dem neuen Kandidaten in Frankreich ist es sehr wichtig, dass man auch was hat, gegen diese Kräfte dagegenzusetzen, die in Europa auch sehr stark sind. Wir sehen das in den Umfragen in Frankreich im Moment. Es sollte eine europäische Agenda sein, aber keine europäische Agenda, die eine Stärkung der Strukturen sozusagen gegen die Vereinigten Staaten ist, sondern die eine sehr sachlich und gut formulierte Agenda für einen Handel mit den Vereinigten Staaten zu tun hat.
    Barenberg: Eine konstruktive Agenda Europas in Richtung USA, das ist der Vorschlag von John Kornblum, dem früheren US-Botschafter in Deutschland. Ich bedanke mich für die Zeit heute Morgen, John Kornblum.
    Kornblum: Ich bedanke mich für das Gespräch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.