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Jugendbücher
"Abenteuerige" Geschichten aus den Niederlanden

Schon früh schrieben niederländische Kinder- und Jugendbuchautoren auf Augenhöhe mit ihren Lesern und begeisterten damit auch den Übersetzer Rolf Erdorf. Auch heute noch ist er von der Qualität der niederländischen Jugendliteratur überzeugt, die in diesem Jahr in Deutschland erscheint.

Von Siggi Seuss | 28.06.2014
    Die niederländische Prinzessin Laurentien liest 2011 beim "Nationalen Frühstückslesen" ein Buch von Bibi Dumon Tak vor.
    Lebendige Kinderbuch-Szene: Die niederländische Prinzessin Laurentien liest Kindern aus einem Buch von Bibi Dumon Tak vor. (picture alliance / dpa / Dutch Photo Press)
    Siggi Seuss: Während das Glockenspiel des Amsterdamer Munttoren über dem traditionellen Bloemenmarkt ertönt, irgendwo in der Menge ein Kinderlied zu hören ist und man nicht gerade an Tulpenzwiebeln denkt, könnte man sich, zum Beispiel, die Frage stellen: "Was gibt es Neues in der Kinder- und Jugendliteratur aus Holland?" Also schaue ich mir an, was im Frühjahr und Sommer von niederländischen Autoren und Illustratoren erschienen ist.
    An drei, vielleicht vier Büchern bleibe ich – nicht ganz zufällig - hängen, an Geschichten, die ihre ganz eigenen und dabei höchst unterschiedliche Welten entfalten – die von Edward van de Vendel, von Gideon Samson und von Bibi Dumon Tak etwa. Zwei der Geschichten sind vom holländischen Bilderbuchkünstler Philip Hopman illustriert. Und – was mir erst beim zweiten Blick auffällt: Drei der Bücher sind von Rolf Erdorf übersetzt. Er ist der wohl meistbeschäftigte und am besten vernetzte Übersetzer von Kinder- und Jugendliteratur aus dem niederländischen Sprachraum, also aus den Niederlanden und dem angrenzenden belgischen Flandern. Grund genug, das Amsterdamer Glockenspiel für ein paar Augenblicke zu verlassen und nach Bad Oldesloe im Schlewig-Holsteinischen zu reisen, um die Geschichten aus der Sicht eines Übersetzers zu betrachten, bevor wir zwei Autoren und einen Illustrator zu Wort kommen lassen.
    Rolf Erdorf: Der Erdorf, der übersetzt schon lange und der Erdorf übersetzt viel. Richtig angefangen hab ich 1991. Ich bin da mehr oder weniger reingerutscht, hab aber gemerkt, dass mir diese Welt gefällt, die Leute gefallen, dass die Qualität da ist und ich nie das Gefühl hab, ich fahr hier Tretroller, weil ich noch nicht Fahrrad fahren kann. Ich glaube, wenn die Qualität nicht stimmen würde, der Bücher, die ich übersetzen kann, dann würde ich längst was anderes machen.
    Seuss: Aber warum gerade Übersetzungen von Büchern aus diesem kleinen Fleckchen Erde?
    "Auf Augenhöhe"
    Erdorf: Also, ich komm aus der Eifel, da gab's ein kleines Dorf, 400 Seelen. Im Sommer waren da 3.000 Touristen und das waren fast ausschließlich Holländer und Belgier. Und was mich damals sehr beeindruckt hat: Das Verhältnis von Eltern und Kindern war ganz anders. Da war das eher so, wie's heute auch bei uns ist. Ein bisschen mehr auf Augenhöhe, sodass man dachte: Die Eltern sind eher wie ältere Freunde zu ihren Kindern.
    Seuss: Literarisch setzte diese "Augenhöhe" zwischen Kindern und Erwachsenen zuerst Annie M.G. Schmidt um, bereits Ende der 1950er Jahre.
    Erdorf: Annie M.G. Schmidt wird in den Niederlanden sehr hoch gehandelt, weil die das Land so'n bisschen von so ner hölzernen Engstirnigkeit befreit hat, weshalb sie dort genauso hoch gehandelt wird wie bei uns Astrid Lindgren.
    Seuss: Annie M.G. Schmidt hat in Guus Kuijer – der 2012 den Astrid-Lindgren-Memorial-Award erhielt – einen würdigen ideellen Erben. Annie M.G. Schmidts und Guus Kuijers Bücher zählen inzwischen zu den modernen Klassikern der Kinderliteratur. Beiden Schriftstellern ist zu verdanken, dass sich in der niederländischen Kinderliteratur nach Jahrzehnten calvinistischer Moral und bigotter Frömmigkeit ein völlig neuer, anfänglich höchst umstrittener Ton der Fröhlichkeit, der Leichtigkeit und des augenzwinkernd subversiven Humors durchsetzte – und die Perspektiven von Kindern endlich im Zentrum der Geschichten standen. Für die jüngere Generation der niederländischen Kinder- und Jugendbuchautoren ist Guus Kuijer neben der Institution Annie M.G. Schmidt ein hochgeschätztes Vorbild. - Der Schriftsteller Edward van de Vendel aus Rotterdam, 48 Jahre alt:
    Edward van de Vendel: Er ist so wichtig für die niederländische Literatur – nicht nur für die Kinderliteratur. Auch wegen der Bücher, die er heute schreibt, ist er sehr populär. Eben kam bei uns der dritte Teil seiner Bibelbearbeitung heraus, der "Bibel für Ungläubige".
    Seuss: Hat sich seit der Zeit des Aufbruchs nicht auch in den Niederlanden der Büchermarkt enorm verändert?
    Erdorf: Es gab sicher in den 1980er Jahren so'n goldenes Jahrzehnt. Da gab's unglaublich viel tolle Sachen. Es gibt ne Krise in den Niederlanden, sehr kulturfeindliche Politik. Man hat da enorme Sparmaßnahmen auf die gesamte Kultur losgelassen. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen – wenn man sich einen Verlag wie Querido anguckt. Früher stand der für Qualität. Da hat man eigentlich 90 Prozent der Qualität in diesem Verlag gefunden. Das ist vorbei. Das heißt, es gibt ein Management, das völlig losgelöst ist von dem, was da an literarischen Entscheidungen getroffen wird. Die Entscheidungen sind nicht mehr literarisch. Hat es auch in deutschen Verlagen. Früher wäre es so gewesen, wenn man diese Person überzeugt hat von nem Buch, dann wird es erscheinen. Das ist heut nicht mehr so.
    Van de Vendel: Ich liebe meine Verlage, aber im Allgemeinen zählt bei der Entscheidung, ein Buch zu veröffentlichen, heute weit mehr die Ökonomie als die Qualität des Inhalts. Es geht immer auch darum, ob es sich verkauft und ob man was draus machen kann. Solche Fragen nehmen viel Raum ein und ich denke, das ist auch sehr wichtig, weil, je mehr Bücher verkauft werden, desto mehr Kinder erreicht man. Und ich wünsch mir ja, dass meine Bücher von immer mehr Kindern gelesen werden.
    Vernetzte Literaten
    Seuss: Dass unter den mehr und mehr ökonomisch ausgerichteten Umständen aber noch hervorragende literarische Werke für Kinder und Jugendliche erscheinen, das ist denn doch einem kleinen Netzwerk von leidenschaftlichen und mutigen Machern, Lektoren und Übersetzern wie Rolf Erdorf, Sylke Hachmeister, Andrea Kluitmann, Meike Blatnik und Miriam Pressler zu verdanken. Bestes Beispiel bei den Frühjahrsneuerscheinungen: der Kinderroman von Gideon Samson, "70 Tricks, um nicht baden zu gehen".
    "Donnerstag ist der schlimmste Tag der Woche. Am Dienstag habe ich immer sofort nach der Schule Klavierunterricht, und wenn ich dann nicht geübt habe, ist das auch sehr schlimm, aber nichts im Vergleich zu Donnerstag. Der Tag ist so schlimm, dass ich immer schon am Mittwoch Bauchschmerzen bekomme."
    Seuss: Es ist das zweite Buch des Autors, das bei uns erschienen ist. Rolf Erdorf hat das junge Talent – Gideon Samson ist 29 Jahre alt und lebt in Amsterdam – mit einem anderen Buch für den deutschen Markt entdeckt. Bei Coppenrath erschien 2012 das Tagebuch eines krebskranken Mädchens, das eine zweite Operation vor sich hat.
    Erdorf: Das heißt auf deutsch "Der Himmel kann noch warten" - es ist wunderschön herausgegeben, aber dann kam von oben wieder jemand und hat gesagt: "Das rechnet sich nicht und damit machen wir nicht weiter." Ich war wirklich sauer, weil ich dachte: "Das ist ein schlechter Start für den Autor und das hätten wir nicht tun dürfen." Das tat mir leid und das lag überhaupt nicht am Lektorat. Ich hab dann das nachfolgende Buch, "Die 70 Tricks" untergebracht bei Gerstenberg und wir haben an dem Buch ganz viel gemacht.
    Seuss: Man fühlt sich in "70 Tricks, um nicht baden zu gehen" selbst als erwachsener Leser in die Schwimmbadtage seiner Kindheit zurückversetzt. Man erinnert sich an die Angst, den Erwartungen der Schulkameraden und der Eltern nicht gerecht zu werden, an die Augenblicke im Schwimmbecken, in denen man langsam den Boden unter den Füßen verlor, wenn am Beckenrand die Tiefe "1 Meter 40" stand, an das vor Schreck verschluckte Chlorwasser und an den Stolz, mit dem man endlich das von Mutter aufgenähte Freischwimmerabzeichen an der Badehose trug.
    "Bis jetzt bin ich nicht ertrunken. Aber das Schlimmste liegt noch vor mir, denn am Ende jeder Stunde heißt es Wassertreten.
    Ohne die Hilfe meiner Arme und Hände fällt es mir schwer, den Kopf über Wasser zu halten. Ich bin der Einzige, dem es so geht. Schon ganz lang bevor wir mit dem Treten aufhören dürfen, fühle ich, dass ich in die Tiefe sinke. Als würde ein Monster am Boden des Beckens an meinen Füßen ziehen. Es ist ein kluges Monster. Es fängt nicht sofort bei meinen ersten Tritten an zu ziehen, sondern wartet, bis ich eine Weile zugange bin. Dann sieht es so aus, als ob ich müde würde und es nicht durchhalten könnte."
    Seuss: Gideon Samson hat diese vorpubertären Dramen beim wöchentlichen Schulschwimmen in federleicht wirkender Weise niedergeschrieben. Einschließlich der unzähligen Tricks, mit denen sein neunjähriger Held Gidd der immerwährend drohenden Gefahr zu entkommen glaubt. Nicht, dass Gidd seinen Taten und Vermeidungsstrategien souverän gegenüberstünde, aber sie sind die Geburtsstunde einer heilsamen, selbstironischen Überlebensstrategie, auch wenn sich der Junge dessen noch nicht bewusst ist.
    Samson: Ich wollte ein Buch über mich schreiben, über all die kleinen Geschichten, die ich erlebt habe, als ich so acht, neun Jahre alt war. Das war die erste Idee. Und so ist ein sehr autobiografisch gefärbtes Buch entstanden – fast alles darin habe ich selbst erlebt. Der kleine Held heißt sogar fast so wie ich und die großen Züge der Handlung sind meine Geschichte. Der Junge ist wasserscheu und ich bin es selbst heute noch. Natürlich nicht ganz so wie damals, aber – nein, Schwimmen ist nicht mein Ding.
    Erdorf: Und dann ist das Buch neu illustriert ...
    Seuss: ... von Anke Kuhl ...
    Erdorf: ... Es hat nen wunderschönen Titel gekriegt – und es hat ne sehr, sehr gute Resonanz. Wenn ein Verlag sich das leistet – und Gerstenberg ist auch nicht so nen reicher Verlag – und wenn die dann so n Buch nicht in Fernost drucken lassen, sondern wirklich in Deutschland, zum Beispiel. Ich finde, es lohnt sich. Da kommt was zurück.
    Blaue Hirsche
    Seuss: Zurückkommen wird mit Sicherheit auch etwas, wenn bei uns in diesen Tagen ein ebenfalls von Rolf Erdorf übersetztes Werk von Edward van de Vendel mit Illustrationen des jungen Flamen Mattias de Leeuw erscheint.
    Aus "Lena und das Geheimnis der blauen Hirsche":
    Es war ein Nachmittag wie immer.
    Mama und Lena tranken Tee.
    Dazu gab es einen Keks.
    Die Uhr tickte und draußen bellte ein Hund.
    Raff war beim Judo, also war es ruhig im Haus.
    Alles okay.
    Das Telefon klingelte – Mamas Telefon.
    "Ich gehe draußen ran", sagte Mama.
    Sie zeigte zum Garten.
    Lena nickte.
    Sie starrte vor sich hin.
    Sie kaute und starrte einfach vor sich hin.
    Was, wenn sie das nicht getan hätte?
    Das weiß niemand, denn schließlich hat sie es ja getan.
    Sie starrte auf die Vase, die hellblaue Vase.
    Die stand vor ihr auf dem Tisch.
    Alles okay.
    Doch plötzlich sah Lena die Hirsche.
    Seuss: Melodie und Rhythmus der in kurzen, prägnanten Sätzen formulierten poetischen Sprache Edward van de Vendels hat Rolf Erdorf in der Erzählung "Lena und das Geheimnis der blauen Hirsche" - im Niederländischen "Dreizehn rennende Hirsche" - mit großer Empathie und Sensibilität für Inhalt und Form des Originals ins Deutsche übertragen. Kongenial ergänzt werden diese Sprachkunst und die spannende Dramaturgie der Geschichte von den ungewöhnlich leicht, nahezu karikierend erscheinenden und gleichzeitig tiefgründigen, kolorierten Tuschzeichnungen des jungen flämischen Illustrators Mattias De Leeuw.
    Erdorf: Hinter den dreizehn rennenden Hirschen waren recht schnell auch dreizehn rennende Verleger hinterher und wollten's haben (lacht). Da musst ich auch alles andere stehen und liegen und fallen lassen und erst mal ganz schnell ein Gutachten schreiben und dem deutschen Verlag sagen: "Beeilt euch, sonst ist das weg!" Das ist auch bei Gerstenberg erschienen. Gerstenberg macht zur Zeit sehr viel Niederländisches – ich würd sagen: ist im Augenblick, was die niederländische Kinder- und Jugendliteratur angeht, einer der wichtigsten Verlage.
    Seuss: Die Geschichte handelt von einem ungleichen Geschwisterpaar, von der neunjährigen, verträumten Lena und ihrem etwas älteren Bruder Raff, der mit seiner Wut nicht umgehen kann und schnell die Beherrschung verliert. Zwischen den beiden gibt es eine anfangs sehr zerbrechliche Annäherung, als sie feststellen, dass sie ein Geheimnis teilen: Jedem begegneten in nahezu wirklich erscheinenden Augenblicken Fantasietiere, die sie als "Meisterin" bzw. "Meister" ansprachen. Bruder und Schwester verraten sich nicht, welche, um die Hoffnung zu wahren, die Tiere würden zu ihnen zurückkehren. Die Leser aber wissen: Lenas Tiere waren dreizehn freundliche, blaue Hirsche, Raffs Tier hingegen – ein schwarzer Löwe – ist sehr aggressiv und wäre nicht nur für Lenas Hirsche eine große Gefahr. Mit diesen Geschöpfen hat Van de Vendel zwei metaphorische Wesen geschaffen, die die aufgewühlten Seelenlandschaften ihrer Meister am Ende der Kindheit trefflich und zudem sehr poetisch charakterisieren.
    "Zeichnen heißt weglassen"
    Van de Vendel: Ich wollte zusammen mit Mattias, dem Illustrator, ein Buch machen. Dann hab ich seine Bilder gesehen. Sie waren so klein und hingekritzelt und ich mochte einfach seine Tiere. Und während ich mich mit ihm unterhielt, entstand vor meinen Augen der Beginn einer Geschichte, die Geschichte eines Mädchens, das mit seiner Mutter am Tisch sitzt und auf eine Blumenvase starrt. Und plötzlich steigen aus dieser Vase dreizehn kleine Hirsche. So kam ich zu meiner ersten Szene. Da ich aber gerade an anderen Büchern arbeitete, schob ich die Idee beiseite. Mattias jedoch illustrierte die Geschichte, die noch gar nicht geschrieben war, munter weiter. Als wir uns wieder trafen, hatte er bereits eine Menge Bilder von dreizehn Hirschen und einem Mädchen gezeichnet. Das war fantastisch! Aber ich bekam es fast mit der Angst zu tun: "Hör auf, hör auf, ich hab die Geschichte ja noch nicht geschrieben!" - Aber dann inspirierten mich seine Bilder und seine Energie so, dass ich wie verrückt zu schreiben anfing. Und nach drei oder vier Wochen war die Story fertig.
    Sie waren wieder da!
    Eins, zwei, acht, dreizehn Hirsche!
    Verstreut über ihr Bett,
    es war ein kleines Durcheinander.
    Und als sie sahen, dass Lena wach war,
    sagten sie alle gleichzeitig dieses eine Wort:
    "Meisterin."
    Aber auch das war eher ein Durcheinander.
    Und so hörte Lena irgendwas wie
    "RinRinMeistMeiRinSteRinMeisteMeiMei."
    Erdorf: Es ist ein episches Gedicht. Und wenn bei einem Bilderbuch oder auch bei Gedichten oder auch bei so nem Buch ganz wenig Wörter auf einer Seite stehen, dann muss alles genau am richtigen Fleck sein und es muss rhythmisch stimmen. Man hat da weniger Text auf der Seite, aber man sitzt nicht weniger lange dran. Aber es gibt auch noch andere Dinge, die übersetzt sein wollen. Wie zum Beispiel Klang, wie zum Beispiel Rhythmus, Sprachebene oder auch n Dialog. Dialoge sind Szenen, da muss man auch szenisch denken. Und hier ist es halt so, dass, wie beim Gedicht, wenn quasi jeder Satz eine Zeile ist, da gibt es viel Zwischenraum. Und die Zwischenräume müssen auch stimmen, also auch das, was nicht dasteht. Weiß man ja auch vom Zeichnen. Zeichnen heißt weglassen.
    Seuss: "Zeichnen heißt weglassen" - Ein Meister dieser Kunst ist der 52-jährige Illustrator Philip Hopman, der im kleinen Ort Egmond an de Hoef lebt, unmittelbar hinter den Dünen, umgeben von Tulpenzwiebelfeldern und Weiden – unter anderem in Gesellschaft von Pferden, Schafen, Rehböcken, man könnte auch sagen: kleinen Hirschen (allerdings keinen blauen) und – einem Esel.
    Philip Hopman: Oh, ich bin s e h r altmodisch. Ich benutze Pen und Farben und Wasserfarben und – ja, einen sehr altmodischen Pen, mit dem man früher geschrieben hat, ich weiß nicht wie man nennt, aber es ist sehr altmodisch. Ich bin sehr unglücklich mit dem Computer.
    Seuss: Philip Hopman hat die beiden Sam-Geschichten von Edward van de Vendel illustriert. Die erste – „Ein Hund wie Sam" - erschien bei uns im vergangenen Herbst, das zweite Büchlein - „Der Winter mit Sam" - ist ab Ende August bei uns erhältlich. Im Frühjahr schmückten seine Illustrationen die Geschichte von „Mikis, der Eseljunge", übersetzt von Meike Blatnik. Hopman ließ sich von der von Bibi Dumon Tak unaufgeregt erzählten, leisen Sommerurlaubsgeschichte von der Insel Korfu inspirieren und zeichnete dazu wunderbar einfache, realistische Schwarz-Weiß-Szenen.
    Hopman: Ja, Inspiration, das kann auf viele Weise erscheinen. Im ersten Platz ist es natürlich die Geschichte. Denn wenn ich eine schöne Geschichte lese, dann bekomm ich, immediately, sofort bekomm ich Bilder. Wenn ich die Poesie entdecke in einer Geschichte, dann gehe ich sofort – dann bedenke ich Dinge. Zum Beispiel, "Mikis, der Eseljunge" – ich fand das eine sehr schöne Geschichte, sehr lieb und abenteurig. Also, ich kenne die Atmosphäre, ich hab hier einen Esel – also, ich konnte die Esel als Modell nehmen, benützen.
    Einer, der alles zeichnen kann
    Van de Vendel: Vor allem Philips Schwarzweißillustrationen werden unterschätzt. Ich glaube fast, es gibt niemanden, der Landschaften oder Blicke aus der Ferne so präzise und trotzdem so von leichter Hand gezeichnet zu Papier bringt. Selbst bei Szenen zwischen Menschen kann man in deren Augen lesen, was gerade geschieht. Mattias van Leeuws Stil kommt dem sehr nahe. Als Mattias hörte, dass ich auch mit Philip zusammenarbeitete, rief er: "Nein, mit Philip Hopman? Bist du dir sicher?"
    Erdorf: Also, Philip Hopman ist jemand, der wirklich alles zeichnen kann. Such dir mal zehn Illustratoren und sag: "Jetzt machen wir mal nen Bauernhof und zeichne mir mal einen Trecker und nen Mähdrescher und dies und das" - und die werden sich bekreuzigen und sagen: "Können wir nicht lieber – einen Hund kann ich dir zeichnen, ein Pferd ist schon schwieriger." Und der kann einfach alles.
    Seuss: Ab dem nächsten Frühjahr werden – von Philip Hopman bunt und witzig illustriert - bei Ueberreuter Ted van Lieshouts kleine Geschichten von "Boer Boris", "Bauer Boris", veröffentlicht - in den Niederlanden inzwischen ein Liebling vieler kleinerer Kinder (hierzulande wird er wohl "Bauer Hein" heißen). - Es sind in diesem Frühjahr noch ein paar andere empfehlenswerte Romane und Bilderbücher aus den Niederlanden und dem belgischen Flandern erschienen, Bücher von Marijn Backer, Annemarie van Haeringen, Leen van den Berg und Kaatje Vermeire, Michael De Cock und Judith Vanistendael, Tjibbe Veldkamp und Kees de Boer. Das, was im Herbst und Winter auf uns zukommt, scheint nicht weniger interessant. Do van Ransts neuer Roman "Dünn" liegt bereits vor. Von Ted van Lieshout werden demnächst unter dem Titel "Sehr kleine Liebe" provokante autobiografische Erinnerungen an die kindliche Erfahrung sexuellen Missbrauchs veröffentlicht – von Rolf Erdorf ins Deutsche übertragen. Erdorf übersetzt zudem gerade einen Jugendroman von Gideon Samson, der sich – im Gegensatz zu den "70 Tricks" einem absolut düsteren Thema widmet, "dem Bösen" in jungen Menschen, Arbeitstitel "Der schwarze Schwan".
    Seuss: Und plötzlich sind wir wieder am Amsterdamer Munttoren, voller alter und neuer Geschichten aus den Niederlanden und dem belgischen Flandern. Erstaunlich, wie kreativ dort die Szene allein im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur ist. - So ein kleines Land und so viele Geschichten!
    Erdorf: Das ist so'n Feld, dass man sich da auch immer wieder begegnet. Man begegnet sich immer zweimal im Leben. In Holland könnte man sagen: Man begegnet sich immer fünfmal im Leben.
    Ausgewählte Neuerscheinungen Frühjahr/Sommer 2014 und früher
    Gideon Samson: 70 Tricks, um nicht baden zu gehen. - Mit Bildern von Anke Kuhl. Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Gerstenberg, 140 S., 12,95 Euro ab 9
    Gideon Samson: Der Himmel kann noch warten. - Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Coppenrath, 160 S., 9,95 Euro ab 12
    Edward van de Vendel & Mattias De Leeuw: Lena und das Geheimnis der blauen Hirsche. - Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Gerstenberg, 156 S., 14,95 Euro ab 9
    Bibi Dumon Tak: Mikis, der Eselsjunge. Mit Bildern von Philip Hopman. - Aus dem Niederländischen von Meike Blatnik. Gerstenberg, 88 S., 11,95 Euro ab 8
    Bibi Dumon Tak/Castel: Latino King. - Aus dem Niederländischen von Meike Blatnik. Bloomoon, 190 S. 14,99 Euro ab 14
    Marijn Backer: Das Jahr der Lügen. - Aus dem Niederländischen von Marianne Holberg. Urachhaus, 240 S., 15,90 Euro ab 14
    Leen van den Berg & Kaatje Vermeire: Vom Elefanten, der wissen wollte, was Liebe ist. - Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Gerstenberg, o.P., 14,95 Euro ab 6
    Annemarie van Haeringen: Coco und das Kleine Schwarze. - Freies Geistesleben. Aus dem Niederländischen von Marianne Holberg. Freies Geistesleben, o.P., 14,90 Euro ab 8
    Edward van de Vendel: Ein Hund wie Sam. Mit Zeichnungen von Philip Hopman. - Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Carlsen, 112 S., 9,99 Euro (2. Aufl. 1013) ab 8
    Tjibbe Veldkamp & Kees de Boer: Bert und Bart und der Kuss der Zombies. - Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Sauerländer, o.P., 9,99 Euro ab 8
    Michael De Cock & Judith Vanistendael: Rosie und Moussa. Der Brief von Papa. - Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Beltz & Gelberg, 92 S., 9,95 ab 8
    Michael De Cock & Judith Vanistendael: Rosie und Moussa. - Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Beltz & Gelberg, 90 S., 9,95 ab 8
    Ausgewählte Neuerscheinungen Herbst/Winter 2014
    Edward van de Vendel: Der Winter mit Sam. Mit Zeichnungen von Philip Hopman. - Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. 128 S., 12,90 Euro ab 8
    Ted van Lieshout: Sehr kleine Liebe. Mit Bildern von Brigitte Püls. - Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Susanna Rieder Verlag, 56 S., 13,95 Euro ab 14
    Jan Paul Schutten & Floor Rieder: Evolution oder Das Rätsel von allem, was lebt. - Aus dem Niederländischen von Verena Kiefer. 160 S., 24,95 Euro (erscheint im Juni) ab 8
    Jean-Claude van Rijckeghem & Pat van Beirs: Galgenmädchen. - Aus dem Niederländischen von Mirjam Pressler. Gerstenberg, 496 S., 19,95 Euro ab 14
    Joke van Leeuwen: Weißnich. - Aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers. Gerstenberg. 80 S., 12,95 Euro (Neuauflage, Juni 2014) ab 8
    Joke van Leeuwen: Warum liegst du in meinem Bett? - Aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers. Gerstenberg, 30 S., 12,95 Euro ab 3
    Martha Heesen: Hunde muss man gar nicht mögen. - Mit Bildern von Maja Bohn. Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Gerstenberg. 112 S., 10,95 Euro ab 9
    Do van Ranst: Dünn. - Aus dem Niederländischen von Andrea Kluitmann. Carlsen, 192 S., 12,90 Euro ab 14
    Koen Van Biesen: Mein Nachbar liest ein Buch. - Übersetzt von Ulrike Kemmann. Mit Musik-CD. Mixtvision. O.P., 15,90 Euro ab 4