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Kongress polnischer Richter
Der politische Druck auf den Justizapparat wächst

Die rechtskonservative polnische Regierung übt zunehmend Einfluss auf die Gerichtsbarkeit im Land aus. Von Anfang an legte sie sich mit dem Verfassungsgericht an, aber auch andere Richter und Staatsanwälte fühlen sich unter Druck gesetzt. Heute wollen 1.000 Richter über Gegenmaßnahmen beraten.

Von Florian Kellermann |
    Tausende Polen demonstrieren gegen neue Gesetze mit roten Karten in den Händen.
    Gegen Gesetzesänderungen, die die Justiz unter Druck setzen, haben schon Tausende Polen demonstriert. (dpa / picture alliance / Jakub Kaczmarczyk)
    Über 1.000 Richter treffen sich heute in Warschau zu einem außerordentlichen Kongress - ein bisher einmaliger Vorgang in der polnischen Geschichte. Die Richter wollen sich beraten, denn die rechtskonservative Regierung macht ihnen Sorgen. Sie übt immer deutlicher Druck auf den Justizapparat aus. Waldemar Zurek, Sprecher des Landesjustizrats, einer Interessenvertretung der Richter:
    "An ihrem freien Tag kommen die Richter, alle auf eigene Kosten. Obwohl Urlaubszeit ist, haben wir mehrmals einen immer noch größeren Saal für die Veranstaltung gesucht, um alle unterzubringen. Trotzdem mussten wir zum Schluss noch Richtern absagen, weil wir nicht genug Platz haben."
    Der Zwist der Regierenden mit dem Justizapparat begann mit dem Verfassungsgericht. Drei neue Richter, vom vorigen Parlament gewählt, konnten ihren Posten nicht antreten. Denn Staatspräsident Andrzej Duda, der aus der rechtskonservativen Partei PiS stammt, verweigerte ihnen den Amtseid. Als die PiS auch die Parlamentswahl gewann, schränkte sie die Macht des Verfassungsgerichts durch ein neues Gesetz stark ein. Nachdem die EU-Kommission ein Verfahren gegen Polen eingeleitet hatte, verabschiedete die PiS ein neues, nicht minder kontroverses Gesetz.
    Inzwischen greift die Staatsmacht auch in die Arbeit der ordentlichen Gerichte ein. Präsident Duda verweigerte auch hier die Ernennung von zehn Richtern, die in höhere Gerichte aufsteigen sollten - ohne dies zu erklären. Sein Sprecher Marek Magierowski sagte:
    "Dies ist das Vorrecht des Präsidenten. Er muss Richter nicht ernennen, die ihm der Landesjustizrat vorschlägt. Allerdings darf er diese Richtern auch nicht beurteilen, deshalb darf er keine Gründe für seine Entscheidung angeben und muss das auch nicht tun."
    Recherchen von Journalisten ergaben: Einige der nicht berufenen Richter hatten früher Urteile gefällt, die aus den Reihen der PiS kritisiert worden waren.
    Auch bei der Richterernennung will die Regierungspartei das Gesetz ändern: Der Präsident soll künftig jedes Mal zwischen zwei Kandidaten auswählen können, die ihm der Landesjustizrat vorschlägt.
    Der politische Druck auf den Justizapparat ist auch durch eine Reform der Staatsanwaltschaft gestiegen. Der Justizminister ist seit März in Amtseinheit Generalstaatsanwalt. Zudem wurde in der Staatsanwaltschaft eine Spezialeinheit geschaffen, sie soll die Straftaten von Richtern und Staatsanwälten verfolgen. Immerhin: Gestern erschien Staatspräsident Andrzej Duda im Landesjustizrat. Dessen Sprecher Waldemar Zurek:
    "Wir haben seit Juni um ein solches Treffen gebeten. Nun, am Vortag unseres Kongresses, hat es endlich stattgefunden. Jetzt müssen wir sehen, ob die Staatsmacht die Richter anhören will. Das Treffen hat Hoffnungen geweckt, aber daraus müssen sich erst konkrete Schritte ergeben."
    Zu ihrem heutigen Kongress haben die Richter auch Präsident Duda und Vertreter der Regierung eingeladen. Zusagen haben sie bisher nicht bekommen.