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Krisengipfel in Berlin
Libyens letzte Chance

Libyen versinkt im Chaos. Jetzt will die internationale Gemeinschaft eine "Regierung der Nationalen Einheit" durchsetzen, um das völlige Zerbrechen des Staates zu verhindern. Bei einem Treffen in Berlin gibt es Fortschritte - aber längst noch keinen Durchbruch.

    er Libyen-Gesandte der Vereinten Nationen, Bernardino Leon, und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier
    Krisengipfel in Berlin: Der Libyen-Gesandte der Vereinten Nationen, Leon, und Bundesaußenminister Steinmeier (AFP / Odd Andersen)
    Bei einem Treffen am Mittwoch in Berlin appellierten die fünf UNO-Vetomächte USA, China, Russland, Frankreich und Großbritannien sowie Deutschland, Italien und Spanien an die libyschen Konfliktparteien, sich in den nächsten Tagen auf eine gemeinsame Regierung zu verständigen. Zugleich stellten sie dem nordafrikanischen Krisenstaat weitere internationale Hilfe in Aussicht.
    An dem Treffen im Auswärtigen Amt nahmen insgesamt 23 Vertreter von rivalisierenden Gruppierungen in Libyen teil. Die Verhandlungen über ein Friedensabkommen dauern bereits seit neun Monaten an, ohne dass es bislang einen Durchbruch gibt. Der Libyen-Vermittler der Vereinten Nationen, Bernardino León, mahnte in Berlin zu einer schnellen Entscheidung. "Es ist jetzt an der Zeit, eine Vereinbarung zu schließen. Libyen hat keine Zeit mehr."
    Libyen vom Zerfall bedroht
    Knapp vier Jahre nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi ist Libyen vom Zerfall bedroht. In dem nordafrikanischen Land existieren zwei Regierungen nebeneinander: eine eher weltliche Regierung in der Stadt Tobruk im Osten und eine islamistische Gegenregierung in der Hauptstadt Tripolis im Westen des Landes. Letztere wird international nicht anerkannt. In dem ölreichen Land kämpfen zudem seit Monaten rivalisierende Milizen. Die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) ist auf dem Vormarsch. Libyen ist zudem Startpunkt für Zehntausende Flüchtlinge, die von dort über das Mittelmeer nach Europa kommen wollen. Zahlreiche Schleuser- und Schlepperbanden sind in Libyen aktiv.
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Gastgeber des Treffens, mahnte ebenfalls zur Eile: "Vielleicht ist das die letzte Chance, Libyen vor einem völligen Auseinanderbrechen zu bewahren." Jede Seite müsse jetzt zu "schmerzhaften Kompromissen" bereit sein. Mit jedem tag, den der Konflikt anhalte, wachse in Libyen das "Krebsgeschwür" der Dschihadistenmiliz IS, sagte Steinmeier.
    (tzi/jcs)