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Kulturhauptstadt 2019
Stolz und Scham in Matera

"Für uns und für ganz Süditalien ist die Wahl zur Kulturhauptstadt 2019 ein wichtiges Zeichen" sagt Salvatore Adduce, der Bürgermeister von Matera. Die Stadt gehört zu den ältesten weltweit und liegt in der selbst Italienern kaum bekannten Region Basilikata zwischen Apulien und Kalabrien.

Von Kirstin Hausen | 30.05.2015
    Der Blick über Sassi di Matera.
    Der Blick über Sassi di Matera. (dpa / picture-alliance / Roberto Esposti)
    Der Bürgermeister und die 60.000 Einwohner arbeiten mit Begeisterung auf 2019 hin, um der Welt zu zeigen, wie schön und einzigartig ihre Stadt ist. Jahrzehntelang ist ihnen das verwehrt worden. Jahrzehntelang haben sie sich geschämt, in Matera zu leben. Denn Matera galt als "vergogna nazionale", als Schandfleck Italiens. Bis in die 50er-Jahre hinein lebten die Menschen hier zu Tausenden in den Sassi, in terrassenförmig aufsteigenden Höhlenwohnungen. Sie lebten mit Ziegen, Schweinen, Eseln unter einem Dach und waren der Inbegriff des rückständigen Südens.
    Nach dem Erscheinen des Romans "Christus kam nur bis Eboli" von Carlo Levi empörte sich ganz Italien über die katastrophalen Lebensbedingungen in Matera und eine beispiellose Umsiedlung der Bevölkerung begann. Die Sassi verfielen. 1993 wurde die Höhlensiedlung UNESCO-Weltkulturerbe, und seitdem geht es aufwärts in Matera. Heute sind die Sassi eine viel besuchte Attraktion und beherbergen Künstler und Nachkommen der Umgesiedelten, die nun voller Stolz hier leben. Die Wiedergeburt Materas ist zur Hoffnung für ganz Süditalien geworden.