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Lage in Zentralafrika besorgniserregend

Remme: Frau Eid, ist diese Region um die großen Seen ein Gebiet, in dem Hoffnung ein Fremdwort ist?

    Eid: Ja, fast könnte man es so ausdrücken. Es zeigt sich aber, dass sowohl Afrika, als auch die Internationale Staatengemeinschaft keine Lehren gezogen haben aus den Fehlern, die im Zusammenhang stehen mit dem Völkermord in Ruanda. Denn man hat eigentlich die Region nicht befriedet, man hat nicht dazu beigetragen, dass sich Ebenen wieder versöhnen, dass Rassismus in Afrika beendet wird, und dass Gruppen, die ausgeschlossen sind auch wieder gleichberechtigter Teil der Gesellschaft werden. Das rächt sich jetzt.

    Remme: Könnte man also sagen, dass dieser Konflikt einer der schwierigsten der Erde ist, obwohl eigentlich nur zwei Volksgruppen beteiligt sind?

    Eid: In der Tat. Denn das Problem ist ja, dass mehrere Länder daran beteiligt sind, die Demokratische Republik Kongo, Burundi, Ruanda, Uganda, Tansania. Also es kann zu einem Flächenbrand werden, wenn dieser Funke nicht sofort gelöscht wird, der jetzt wieder übergesprungen ist vom Kongo nach Burundi. Denn das Problem besteht darin, dass möglicherweise jetzt ein Kreislauf der Rache entsteht und deswegen ist es ganz dringend erforderlich, dass man die Täter verfolgt, dass man sie vor Gericht bringt und notfalls auch einen internationalen Haftbefehl erlässt.

    Remme: Aber haben wir nicht schon eine Eskalation? Der Kongo zieht ja seine Diplomaten aus Burundi ab wegen dieses Überfalls vor einer Woche.

    Eid: Das halte ich für falsch. Ich möchte auch an die Verantwortlichen, an den Präsidenten Kabila, an den Präsidenten in Burundi, aber auch an die verantwortlichen Politiker in Ruanda appellieren, auf diejenigen, die als Scharfmacher auftreten, mäßigend einzuwirken und jetzt keine übereilten Schritte zu unternehmen. Diplomatische Beziehungen abzubrechen ist ein schwieriger Schritt, denn damit hat man die Kanäle zum Gespräch, zu Verhandlungen abgebrochen und das ist in so einer Situation eigentlich falsch.

    Remme: Versuchen wir die Lösung für diesen Konflikt zu finden. Es gibt sehr viele Menschen auf engstem Raum in dieser Region. Die Ländereien sind so klein, dass sie nicht einmal zur eigenen Ernährung ausreichen, da hilft ja nicht mal eine massive Präsenz der UN-Soldaten.

    Eid: Das ist richtig. Die Region, um die es sich handelt, ist die ärmste Region dieser Erde und auch am dichtesten besiedelt. Das Problem ist, dass es sich oberflächlich gesehen um ethnische Konflikte handelt, aber in Wirklichkeit geht es eigentlich um Zugang zu Ressourcen, aber natürlich auch um Machterhalt. Ruanda und Burundi, das sind Länder, die hauptsächlich von Exportprodukten wie Tee abhängig waren, wenn dann die internationalen Preise fallen kommt weniger Geld ins Land und damit sind natürlich auch die nationalen Ressourcen knapper geworden. Aber wichtig ist, dass damit aufgehört wird, die ethnische Karte zu instrumentalisieren. Ich finde Burundi war auf einem guten Weg - es hat zwar lange gedauert, aber der Friedensprozess ging ja voran - die Machtteilung hat geklappt, nachdem der Übergangspräsident Bojoja, ein Tutsi-Angehöriger, zurück getreten ist und jetzt der zweite Übergangspräsident, ein Mitglied der Hutu-Ethnie, Präsident geworden ist. Die Wahlen sollen stattfinden, laut Aruscha-Abkommen noch vor November. Ob das klappen wird, weiß ich nicht, aber die Burunder selber bemühen sich im Moment sehr, das Abkommen von Aruscha und seine Elemente umzusetzen und ich hoffe, dass dieser Friedensprozess jetzt nicht massiv gestört ist.

    Remme: Sind denn gerade demokratische Wahlen der Heilsbringer? Denn es sind ja auch ethnische Wahlen oftmals, also eine Ethnie wählt sich sozusagen selber und wenn die in der Mehrheit ist, dann hat sie automatisch gewonnen.

    Eid: Sie haben Recht. Und ich glaube, das haben wir als Ausländer auch immer überhöht bei den Förderungen demokratischer Wahlen. Denn wenn nach ethnischer Zugehörigkeit gewählt wird, dann kann das nicht unbedingt zu sozialem Frieden beitragen und gerade in Burundi sehen wir ja den klassischen Fall, dass der erste frei gewählte Hutu-Präsident, Präsident Ndadaye, ja drei Monate nach seiner Wahl ermordet worden ist. Wer das auch getan hat, die Verantwortlichen sind immer noch nicht zur Rechenschaft gezogen worden. Also da haben die Burunder aber glaube ich Vorkehrungen getroffen, sie haben eine gewisse Quote festgelegt für Parlamentssitze für die Minderheitenebene der Tutsi, also hier versucht man schon, auch den Minderheiten gerecht zu werden. Aber das muss ja erst mal umgesetzt werden, das ist bislang nicht der Fall.

    Remme: Es gab eine Dringlichkeitssitzung der Vereinten Nationen in New York. Alle Parteien haben zur Zurückhaltung aufgerufen. Mehr können die Vereinten Nationen nicht tun?

    Eid: Doch, ich meine schon. Wichtig ist zum Beispiel, dass das Mandat von MONUC noch einmal neu geklärt wird.

    Remme: Was ist das?

    Eid: Wir wissen, dass es unterschiedliche Interpretationen dieses Mandats gibt und ich finde es reicht nicht aus, nur die kämpfenden Parteien auseinander zu halten, sondern MONUC, also die Friedensmission der Vereinten Nationen in der Region, aber auch die Burundi, die müssen ein ausgeweitetes Mandat haben, um auch einem Versöhnungsprozess unterstützend zu helfen.

    Remme: Wie tatkräftig ist dabei Deutschland?

    Eid: Die Bundesrepublik Deutschland ist sehr hilfreich. Wir haben gerade die burundische Friedensmission finanziell massiv unterstützt und wir haben jetzt auch sehr aktiv gewirkt bei der Resolution, die ja letzte Woche verabschiedet worden ist.