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Luxemburg
Zoff um abgesagte Weltkrieg-Ausstellung

Luxemburg will sparen, das zumindest ist das erklärte Ziel der Regierungskoalition aus Liberalen, Sozialisten und Grünen. Das Sparprogramm soll auch vor dem kulturellen Sektor nicht Halt machen. Erstes Opfer ist eine von langer Hand geplante Ausstellung über den Ersten Weltkrieg.

Von Tonia Koch | 28.04.2014
    Blick auf das Monument du Souventir mit der luxemburgischen Flagge zur Erinnerung an die Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkriegs.
    Das Denkmal Gëlle Fra in Luxemburg-Stadt erinnert an die Gefallenen des 1. und 2. Weltkriegs (dpa / Romain Fellens)
    "Luxemburg zwischen 1914 und 1919": So sollte eine von langer Hand geplante Ausstellung in Luxemburg zum Ersten Weltkrieg heißen. Die ist nun abgesagt - zu teuer. Seit Tagen sorgt sowohl die generelle Absage als auch die offizielle Begründung, das Geld dafür fehle, für Zündstoff in Luxemburg.
    Zupackend, unverkrampft, so tritt er gerne auf, der junge luxemburgische Regierungschef, Xavier Bettel, der seit Ende des vergangenen Herbstes die Geschicke der Nachbarn lenkt. Und überaus nonchalant gedachte Bettel auch, die historische Ausstellung über Luxemburg und den Ersten Weltkrieg ad acta zu legen. Das Projekt war noch von der Vorgängerregierung unter Führung des konservativen Premiers, Jean-Claude Juncker, auf die Schiene gesetzt worden. Diese hatte Benoit Majerus, einen Historiker der Universität Luxemburg mit der geschichtlichen Aufarbeitung betraut.
    "Die Zusammenarbeit zwischen der Uni und der Regierung lief über eine Konvention und die neue Regierung hat diese Konvention im Dezember 2013 noch einmal unterschrieben, das heißt, den Auftrag der alten Regierung noch einmal erneuert. Und Xavier Bettel hat im Januar noch einmal bestätigt, dass die Ausstellung erfolgen werde. Im März kam dann die Absage."
    Kurz und knapp, formlos eben. "Ich habe bis jetzt nur eine Meldung von zwei Zeilen erhalten, dass die Ausstellung nicht stattfindet."
    Die Absage sorgte für Schlagzeilen in den heimischen Medien und die Regierung sah sich vor einigen Tagen gezwungen, eine Erklärung hinter her zu schieben. Die Vorgängerregierung habe es versäumt, im Haushalt die dafür notwendigen 250.000 Euro einzuplanen. Er habe eben auch keine schwarze Kasse, aus der das Geld entnehmen könne, entgegnete Bettel auf Fragen der Opposition. Doch diese hält das finanzielle Argument für vorgeschoben. Bettel gehe leichtfertig mit Erinnerungskultur um, sagt die ehemalige konservative Kulturministerin Octavie Modert.
    "Ich finde, dass das ein Schlag ins Gesicht sowohl der Forschung als auch der Kultur und der Kulturinstitute ist, wenn diese Ausstellung sang –und klanglos, fast im letzten Moment abgesagt wird." Wir dürfen nicht anfangen, das 21. Jahrhundert zum Geschichtsvergessenen Jahrhundert zu machen."

    Überrascht von den Reaktionen rudert die Regierung nun zurück. Gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk präsentierte der Regierungschef seine Gedankenspiele.
    "Ich bin überrascht, dass gesagt wird, die Ausstellung werde nicht stattfinden. Die Regierung ist nur der Auffassung, dass eine solche Ausstellung nicht uninteressant wäre für die Großregion, für Frankreich, Deutschland und Belgien, die ja auch betroffen sind und dass sie dort dann auch gezeigt werden könnte."
    Dazu wie weit die Gespräche über eine finanzielle Beteiligung der Nachbarstaaten gediehen sind, will sich die luxemburgische Kulturministerin, Maggy Nagel, momentan nicht äußern. An die saarländische Landesregierung sei dieses Ansinnen allerdings noch nicht herangetragen worden, verlautet aus dem zuständigen saarländischen Kulturministerium. Grundsätzlich sei nichts dagegen einzuwenden, die historische Aufarbeitung in großregionalen Kategorien zu denken, sagt der federführende Historiker Majerus. Und es sei durchaus interessant, sich jenseits der Schlachtfelder von Verdun und der kriegerischen Auseinandersetzung auch der Menschen zu widmen, die mit den deutschen Besatzern hätten leben müssen. Dafür aber sei es nun zu spät.
    "Das Problem ist ja auch, um eine solche Ausstellung zu machen, dass man das erst einmal aufarbeiten muss und dass die Region, die am wenigsten aufgearbeitet ist, die Region auf der deutschen Seite ist.
    Das heißt, das, was in Arlon, der belgischen Provinz Luxemburg geschehen ist, ist teilweise aufgearbeitet. Aber es gibt keine Verbindung zwischen Luxemburg und der belgischen Provinz Luxemburg. Auf der französischen Seite ist nicht viel aufgearbeitet aber ein bisschen, aber was auf deutscher Seite geschehen ist, da gibt es nichts."

    Zumindest kaum Forschung darüber, wie der Erste Weltkrieg diesen bis heute mehrstaatlichen und mehrsprachigen geografischen Raum geprägt hat. Und es gibt bislang keinerlei Anzeichen dafür, dass die Großregion jetzt noch einen gemeinsamen Ansatz finden wird. Deshalb wird es immer wahrscheinlicher, dass die Luxemburgische Regierung aus einem groß angelegten Projekt eine kostengünstige Wanderausstellung für die Schulen entwirft. Das aber gehe völlig an der eigentlichen Idee, Bewusstsein zu schaffen, vorbei, findet Octavie Modert.
    "Unklar ist auch, wer eine solche Ausstellung dann umsetzt. Es würden verschiedene Konzepte geprüft, heißt es aus dem Staatsministerium. Das öffentliche Interesse an einer geschichtlichen Aufarbeitung jener Kriegsjahre in denen Luxemburg von den Deutschen besetzt war, sei groß. Das zeige auch die rege Diskussion um die Absage der Ausstellung, glaubt Benoit Majerus."

    "Wahrscheinlich, wenn sie gewusst hätten, dass das so viel Lärm mit sich bringen würde, hätten sie sich die Sache vielleicht anders überlegt,vielleicht."