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Mehr Strom als vorhergesagt

Damit die Energiewende gelingt, sollen Erneuerbare Energien ausgebaut werden. Als wichtiges Standbein gilt die Stromgewinnung durch Windparks auf dem offenen Meer. Während bei der Inbetriebnahme von Alpha Ventus zunächst Improvisation gefragt war, soll jetzt das Augenmerk auf die Serienfertigung der Windparks gerichtet werden.

Von Christina Selzer | 08.05.2012
    Der erste deutsche Forschungswindpark Alpha Ventus in der Nordsee ist für Industrie und Forschung ein Erfolgsmodell. Die zwölf Windräder 45 Kilometer nördlich von Borkum lieferten im ersten kompletten Betriebsjahr 2011 mehr Strom als vorhergesagt, sagte der Geschäftsführer des Betreiberkonsortiums DOTI, Claus Burkhardt, auf einer internationalen Konferenz in Bremerhaven.

    "Das sehr erfreuliche Ergebnis, dass wir nach den fast drei Jahren, die wir da draußen sind, sehen, dass der Wind stetiger weht, als prognostiziert."

    Mit 267 Gigawattstunden lag die Einspeisung um 15 Prozent über den Prognosen, in diesem Jahr soll es ähnlich gut laufen, so Burkhardt.

    "Die Anlagen drehen sich mit einer Verfügbarkeit, die wir uns erhofft haben. Was wir aber nicht geglaubt haben."

    Die Windräder könnten damit sogar etwas zur Grundlastversorgung im Stromnetz beisteuern. Betrieben wird der Test-Park von den Energieunternehmen EWE, E.On und Vattenfall. Die Energieunternehmen erhoffen sich viele Erkenntnisse, damit typische Anfängerfehler bei den nächsten Windparks verhindert werden.

    Deshalb untersucht eine Forschungsinitiative namens Rave, wie man mitten in der Nordsee wirtschaftlich und zuverlässig Strom erzeugen kann. Beschäftigten sich die ersten Projekte noch mit Bau und Konstruktion der Windparks, haben die Forscher inzwischen ein besonderes Augenmerk auf den laufenden Betrieb und die Frage, wie die Anlagentechnik stetig weiterentwickelt werden kann.

    Alpha Ventus sei eine Pionierleistung gewesen, betont Andreas Reuter, der Leiter des Fraunhofer-Insituts für Windenergie in Bremerhaven IWES. Es habe viel improvisiert werden müssen. Jetzt gehe es um die Serienfertigung der Windparks.

    "Dazu gehört die Industrialisierung der Prozesskette. Wir müssen uns mit Themen auseinandersetzen wie der Logistik, der Optimierung der Logistik, aber auch der Automatisierung in der Rotorblattfertigung. Die Tausenden Rotorblätter von 60 bis 70 Metern Länge, die in den nächsten Jahren gebrauch werden, das funktioniert nicht mehr in Handanfertigung, sowohl was die Qualität als auch die Kosten angeht."

    Die Forschung hat noch viele offene Fragen zu der neuen Industrie, die mit den rauen Bedingungen auf See klar kommen muss. So werden die Folgen von Wind, Wetter und Wellen auf Rotorblätter, Gondeln und Türme ständig untersucht. Bei einer erhofften Lebensdauer von 20 Jahren für den Windpark sei Schutz vor Korrosion eine Daueraufgabe und mache immer wieder Ausbesserungsarbeiten nötig.

    Testgeld bezahlt die Industrie bei den schwierig einzuschätzenden Folgen von Strömungen in der Nordsee. Diese haben etwa zu einer sieben Meter großen Ausspülung an einer Windkraftanlage geführt. Auswirkungen auf die Standfestigkeit oder auf den Betrieb gibt es nach Aussage der Betreiber aber nicht.

    Forscher entwickeln nun neue Fundamente, mit denen solche Ausspülungen verhindert werden können.