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Merkel zur Brexit-Entscheidung
"Ein Einschnitt für Europa"

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat nach der Entscheidung Großbritanniens für einen EU-Austritt zu Ruhe und Besonnenheit aufgerufen. Es dürfe jetzt keine schnellen und einfachen Schlüsse geben. Das Votum sei allerdings ein Einschnitt für den europäischen Einigungsprozess. Die EU-Führung rief derweil Großbritannien dazu auf, die Entscheidung rasch umzusetzen.

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gibt am 24.06.2016 im Bundeskanzleramt in Berlin eine Erklärung ab.
    Angela Merkel (dpa/Kay Nietfeld)
    Merkel warb für die europäische Einigung - die sei der Garant für Frieden, Wohlstand und Stabilität. "Nur gemeinsam können wir unsere Werte von Freiheit, Demokratie und Rechtstaatlichkeit behaupten." Sie sei zuversichtlich, dass die Einigung trotz der britischen Entscheidung gelingen könne: "Die Europäische Union ist stark genug, um die richtigen Antworten auf den heutigen Tag zu geben."
    Gespräche mit Tusk, Hollande und Renzi
    Merkel warnte vor voreiligen Handlungen: "Wir müssen unsere Schlussfolgerungen mit historischem Bewusstsein ziehen - auch wenn es kaum vorstellbar ist, sollten wir nicht vergessen, dass die europäische Idee eine Friedensidee ist." Der Zustand des Friedens sei nicht selbstverständlich. Deutschland habe ein besonderes Interesse und eine besondere Verantwortung dass die europäische Idee gelinge.
    Sie kündigte für kommenden Montag Gespräche mit EU-Ratspräsident Donald Tusk, Frankreichs Präsident François Hollande sowie Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi an. In den darauffolgenden Tagen solle mit den restlichen EU-Mitgliedsstaaten über die Entscheidung beraten werden. Auch Hollande und Renzi drückten ihr Bedauern über das Votum aus. Hollande rief zu mehr Zusammenhalt in der Union auf. Der Austritt Großbritanniens sei auch eine Herausforderung für die übrigen Mitgliedsstaaten. "Um voranzukommen, kann Europa nicht wie früher handeln", sagte er. Renzi sagte, Europa sei "unser Zuhause - und das Haus müsse renoviert werden."
    Juncker: "Nicht der Anfang vom Ende der EU"
    Die EU-Führung forderte die britische Regierung auf, den Austritt des Landes aus der Union nicht hinauszuzögern. Die EU erwarte, dass London die Entscheidung "so schnell wie möglich" wirksam mache, "wie schmerzhaft dieser Prozess auch sein mag", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Präsidenten von EU-Kommission, Europaparlament, Rat und des rotierenden EU-Vorsitzes. Denn jegliche Verzögerung würde die Verunsicherung in der Bevölkerung verlängern. Bis zum Austritt bleibe Großbritannien Mitglied der EU - mit allen Rechten und Pflichten.
    EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte, er sei persönlich traurig über die Entscheidung. Die Kommission bedaurere das Ergebnis des Referendums, dennnoch müsse es respektiert werden. Das Votum der Briten bedeute jedoch nicht den Anfang vom Ende der Europäischen Union. "Wir reagieren vereint, wir sind stark. Wir werden die Union weiter dafür nutzen, Frieden und Wohlergehen zu fördern."
    Juncker bekommt allerdings auch selbst Gegenwind. Der Europaageordnete und AfD-Gründer Bernd Lucke (Alfa) rief Juncker über Twitter zum Rücktritt auf.
    Szydlo: Souveränität der Nationalstaaten stärken
    Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras forderte nach dem Referendum mehr soziale Gerechtigkeit in der Europäischen Union. In einer Erklärung schrieb er, nach dem Austritt Großbritanniens seien eine neue Vision und ein Neustart nötig. Ziel sei ein sozial gerechtes und demokratisches Europa. Die Entscheidung der Wähler in Großbritannien für den Austritt aus der EU sei "kein Blitz aus heiterem Himmel", sagte Tsipras. Sie sei Folge des demokratischen Defizites in den Strukturen der EU und der harten Sparprogramme. Das Referendum werde "entweder den Schlafwandler Europa wecken oder der Anfang eines sehr gefährlichen Kurses werden", betonte Tsipras.
    Die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydlo sprach sich dafür aus, die EU zu reformieren und zu einer "starken Union souveräner Nationalstaaten zu machen."
    (cvo/ach)