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Nach dem Terror in Paris
"Wir müssen unsere Sicherheitsdienste stärker machen"

Die Terroranschläge von Paris seien eine Erinnerung daran, dass "wir im Sicherheitsbereich besser werden und noch mehr tun müssen", sagte der CDU-Politiker Karl-Georg Wellmann im DLF. Der BND etwa dürfe nicht noch mehr eingeschränkt werden. Auf europäischer Ebene sei klar, dass die gegenwärtige Herausforderung kein Land alleine für sich lösen könne.

Karl-Georg Wellmann im Gespräch mit Christoph Heinemann | 14.11.2015
    Der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann
    Der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann (imago stock&people)
    Christoph Heinemann: Mitgehört hat der CDU-Bundestagsabgeordnete Karl-Georg Wellmann. Einen schönen guten Tag.
    Karl-Georg Wellmann: Guten Tag!
    Heinemann: Herr Wellmann, die Flüchtlingsdiskussion, inwieweit werden die Anschläge in Paris diese Diskussion jetzt beeinflussen oder beeinträchtigen?
    Wellmann: Das war ja schon immer ein Sicherheitsthema, auch die Flüchtlingsfreiheit, und uns bewegt vor allem, dass wir alles tun müssen, um unsere Sicherheitsdienste zu ertüchtigen. Wir hatten in dieser Woche im Bundestag eine Debatte, dass man den Bundesnachrichtendienst mehr und mehr einschränken soll und noch mehr kontrollieren soll. Das Gegenteil müsste der Fall sein. Wir haben einen Anspruch darauf. Die deutsche Bevölkerung will Sicherheit und will leistungsfähige Dienste haben und wir müssen alles tun, um unsere Sicherheitsdienste stärker zu machen und besser zu machen, als sie schon ohnehin sind.
    Heinemann: Herr Wellmann, welche Instrumente konkret benötigen die Behörden, ohne dass die Freiheitsrechte der Bürger, die in Jahrhunderten sehr blutig erkämpft wurden, eingeschränkt werden?
    Wellmann: Es gibt nicht den geringsten Anhaltspunkt, dass unsere staatlichen Institutionen, insbesondere unsere Sicherheitsdienste die Bürgerrechte in irgendeiner Form einschränken. Das sehe ich nicht. Wir sind ein demokratisches Staatswesen, die Dienste sind demokratisch kontrolliert und ich habe überhaupt ...
    "Tipps für die Aufdeckung der Sauerland-Gruppe kamen aus den USA"
    Heinemann: Entschuldigung! Wir diskutieren in jüngster Zeit über Abhörmaßnahmen, die jenseits von Recht und Ordnung wohl durchgeführt wurden.
    Wellmann: Ja, da müssen wir nun auch nicht hysterisch reagieren. Da sind diese E-Mail-Adressen weitergegeben worden. Es ist völlig unklar, wer und ob überhaupt abgehört wird. Das muss erst mal geklärt werden. Aber die Leute, die Menschen in Deutschland und nicht nur in Deutschland, auch woanders haben einen Anspruch darauf, dass unsere Sicherheitsdienste so gut sind, dass sie solche Anschläge, wie wir sie gestern gesehen haben, von vornherein verhindern. Ich darf daran erinnern, dass die Tipps für die Aufdeckung der Sauerland-Gruppe, die Riesenanschläge geplant haben, aus den Vereinigten Staaten gekommen sind, von den Diensten, die wir immer so kritisieren. Also ich rate da sehr zu Nüchternheit und dazu, unsere Interessen wahrzunehmen, und dazu gehören auch leistungsfähige Dienste. Denn ein Umstand bedroht die Sicherheit der Menschen: Das ist die Sicherheit des Lebens und das ist der Terrorismus und da müssen wir richtige Antworten finden.
    Heinemann: Wir haben eben mit dem französischen Politikwissenschaftler Professor Henri Ménudier gesprochen. Er sagt auch, er hört es gerne, wenn der Präsident, wenn die Kanzlerin jedwede Unterstützung zusagt, und sagt gleichzeitig, es wäre dann auch schön, wenn Deutschland das in Syrien umsetzte. Was folgt jetzt daraus?
    "Wir brauchen eine enge europäische Zusammenarbeit"
    Wellmann: Na ja. Wir sind ja schon in der Region. Wir haben eine der Gruppen mit Waffen ausgestattet und unterstützen sie auch mit Ausbildung, nämlich die Peschmerga, die Kurden, die eine der wenigen sind, die wirkungsvoll gegen den IS vorgehen. Sie haben gerade eine Stadt zurückerobert in den letzten Tagen. Also wir sind nicht untätig. Und was jetzt zusätzlich erforderlich ist, das wird das Sicherheitskabinett, was gleich zusammentritt, zu besprechen haben, und dann werden wir im Deutschen Bundestag die Debatte führen, ob wir mehr machen müssen als bisher.
    Heinemann: Herr Wellmann, dieser Anschlag trifft ein heillos zerstrittenes Europa. Welches Signal müssen die Staats- und Regierungschefs jetzt dringend aussenden?
    Wellmann: Dass wir die Probleme in Europa gemeinsam lösen. Wir haben immer gesagt, auch die Bundeskanzlerin, dass diese gegenwärtige Herausforderung kein Land alleine isoliert für sich lösen kann. Das gilt insbesondere für die Flüchtlingskrise. Wir brauchen europäische Solidarität, aber wir brauchen auch eine enge Zusammenarbeit zwischen den europäischen Sicherheitsbehörden und wir brauchen Kontrolle an den Außengrenzen. Und wenn das nicht möglich ist, aus welchen Gründen auch immer, weil die Griechen sich weigern oder das nicht können, dann müssen wir die Binnengrenzen so kontrollieren, dass wir möglichst viele Straftäter, potenzielle Straftäter oder Verdächtige herausfischen und nicht nach Deutschland lassen.
    Eine "künstliche Erregung" über die Koalition
    Heinemann: Aus der Bundesregierung waren in den letzten Wochen sehr unterschiedliche Töne zu hören. Rechnen Sie damit, dass sich die Koalition jetzt wieder zusammenraufen wird?
    Wellmann: Ja. Auch das ist eine zum Teil künstliche Erregung gewesen. So viel auseinander waren die Meinungen gar nicht. Da ging es um Verwaltungsverfahren, da ging es um die Frage, wer kontrolliert wo und wer darf zurückfahren. Es gibt eine weitgehende Einigung in der Bundesregierung, es gibt den Kompromiss von vor zehn Tagen. Darauf müssen wir aufbauen. Und diese Terroranschläge, wie wir sie gestern hatten, erinnern uns immer wieder daran, dass wir im Sicherheitsbereich besser werden müssen und noch mehr tun müssen.
    Heinemann: Der CDU-Politiker Karl-Georg Wellmann. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
    Wellmann: Vielen Dank! Auf Wiederhören.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.