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Neuer US-Präsident Trump
Afroamerikanische Sportler in der Zwickmühle

Das wachsende politische Selbstbewusstsein schwarzer Athleten in den USA, zu dem auch Barack Obama beigetragen hat, könnte sich schon bald gegen den neuen Präsidenten Donald Trump richten. Doch der findet auch Bewunderer unter namhaften afroamerikanischen Sportikonen.

Von Jürgen Kalwa | 22.01.2017
    LeBron James (Cleveland Cavaliers) und Caris LeVert (Brooklyn Nets) kämpfen um den Ball im Barclays Center in New York City am 6. Januar 2017.
    LeBron James (links) hat durchgesetzt, dass seine Mannschaft Cleveland Cavaliers nicht mehr in Trump-Hotels logiert. (imago - UPI Photo)
    Man kann die amerikanische Sportgeschichte der letzten hundert Jahre nicht ohne eine wichtige Facette beschreiben: den Aufstieg schwarzer Athleten zu Symbolfiguen und Weltstars. Jesse Owens und Joe Louis, Muhammad Ali und Michael Jordan. Tiger Woods und LeBron James.
    Einfach war das für die wenigsten von ihnen. Muhammad Ali wäre beinahe ins Gefängnis gegangen, weil er den Kriegsdienst verweigerte. Und die beiden Sprinter Tommy Smith und John Carlos, die bei der Siegerehrung in Mexico City 1968 ihre Fäuste zum Black-Power-Gruß ausstreckten, wurden vom weißen Amerika mit Hass und Verachtung abgestraft. Erst Jahrzehnte später begann man, ihre Haltung zu würdigen.
    Obama würdigte Black-Panther-Aktivisten
    So wie im September bei einer Sportlerehrung im Weißen Haus.
    "I want to take a minute to thank some people who paved the way to create that sense that we are in this together. We are honored to have here the legendary Tommy Smith and John Carlos today..."
    Der Afroamerikaner Barack Obama hat es nie angesprochen, aber er weiß vermutlich, dass auch sein Weg bis ins höchste Amt des Landes vom Erfolg der berühmten Sportler geebnet wurde. Und die kamen nach dem Gewinn von Medaillen und Meisterschaften in den acht Jahren seiner Amtszeit gerne auf Besuch vorbei. Eine Gelegenheit, wie für NBA-Profi LeBron James, sich wie vollwertige Staatsbürger zu fühlen.
    "We are in the White House right now. This is like, ‘Mama, I made it’."
    "Mama, ich habe es geschafft"
    Im Weißen Haus zu sein, sagte James zu Obama und wirkte verlegen und nervös, das bedeute richtig viel: "Mama, ich habe es geschafft.”
    Sie sind politisch selbstbewusster geworden, wehrten sich massiv vor zweieinhalb paar Jahren gegen den offenen Rassismus eines weißen NBA-Clubbesitzers. Kritisieren die auf Video dokumentierte Brutalität der Polizei gegenüber unbewaffneten Schwarzen. Und protestieren wie der Football-Quarterback Colin Kaepernick von den San Francisco 49ers, in dem sie bei der Hymnenzeremonie einfach sitzenbleiben. Und sie engagierten sich im Wahlkampf:
    "Vote, impact our nation’s future.”
    "Vote, influence your friends, your family, everybody to get out there, to make your vote count.
    "Vote.”
    "Vote.”
    "Geht wählen, nehmt Einfluss auf die Zukunft der Nation, auf Freunde, Familienangehörige."
    Boykott der Trump-Hotels, aber nicht des Präsidenten?
    Doch dann gewann Donald Trump und brachte schwarze Sportler in eine Zwickmühle. Denn der neue Mann im Weißen Haus wird von weißen Neonazis unterstützt, will eine Law-and-Order-Kampagne inszenieren und der Polizei freie Hand lassen und gegen Mexikaner und Moslems vorgehen.
    Die erste Reaktion: LeBron James setzte durch, dass er und seine Cleveland Cavaliers auf Reisen nicht mehr in Trump-Hotels übernachten. Mehrere NBA-Teams vollzogen denselben Schritt. Ob er auch auf einen Besuch im Weißen Haus verzichten würde, mochte James nicht sagen: "Wir werden sehen. Er ist unser Präsident."
    Situation könnte sich rasch zuspitzen
    Professor Charles Ross, Historiker an der University of Mississippi und Autor von Büchern über die Rolle schwarzer Athleten in der amerikanischen Gesellschaft, glaubt allerdings, dass sich die Dinge rasch zuspitzen könnten.
    "Betrachtet man die Vergangenheit von Donald Trump, ist die Chance tatsächlich groß, dass Afroamerikaner noch öfter Opfer rassistischer Gewalt werden. LeBron James und andere Sportler sollten dafür sehr sensibel sein und in einem solchen Augenblick über Protestaktionen nachdenken. Sie befinden sich in einer strategisch guten Ausgangslage. Sie können sich einfach weigern, anzutreten und zu spielen. Oder auch nur die Diskussion über Boykotts anschieben. Wer weiß, welchen Einfluss das in diesem Land hätte?"
    Schwarzer Ex-Football-Profi in Trump "verliebt"
    Allerdings nehmen unterschiedliche Akteure bereits Einfluss. So wie Jim Brown, einer der ersten überragenden schwarzen Football-Profis der fünfziger und sachziger Jahre. Der 80-Jährige predigt seit langem Afroamerikanern, vor allem jenen in Gangs und in den Gefängnissen, Verantwortung für sich und ihr Leben zu übernehmen. Er hatte für Clinton gestimmt, aber besuchte im Dezember Trump in dessen Tower in New York und kehrte voller Bewunderung zurück:
    "Ich habe mich in ihn verliebt. Denn er spricht darüber, Afroamerikanern zu helfen. Es geht doch gar nicht um Donald Trump, sondern um das Amt. Jemand, der das durchgemacht hat, was er durchgemacht hat, um zu gewinnen, den bewundere ich. Ihm hat doch niemand eine Chance gegeben. Er hat uns zugehört. Und er weiß, dass wir dazu beitragen können, den Menschen im Land zu helfen."
    Trump - illegitim oder genial?
    Als prominenter Repräsentant des schwarzen Amerika hat seine Stimme Gewicht. Auch wenn er mit seinen Aussagen einen Keil ins schwarze Amerika treibt. Am Tag vor der Vereidigung kritisierte Brown den schwarzen Bürgerrechtler und Kongressabgeordneten John Lewis, der Trump wegen der Unterstützung aus Russland als "illegitimen Präsidenten” bezeichnet hatte. Afroamerikaner sollten aufhören zu jammern, sagte er. Der neue Präsident habe "auf geniale Weise die Wahl gewonnen".