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Old School trifft Zukunft
Experimente an Englands Schulen

Wer in den Problembezirken Großbritanniens groß wurde, hatte lange kaum Aussicht auf eine erfolgreiche Schullaufbahn. Seit der Jahrtausendwende hat sich das geändert: Freie Schulen in privater Trägerschaft führen auch Schüler aus bildungsfernen Familien zu guten Leistungen. Doch der Erfolg hat seinen Preis.

Von Benjamin Dierks | 17.11.2018
    Das The West London Free School (WLFS) ist eine Sekundarschule für 11 bis 18-Jährige, die von einer Gruppe von Eltern und Lehrern in Hammersmith gegründet wurde. Die Schule wird von Schulleiter Thomas Packer geleitet. 9. September 2011 - London
    Das The West London Free School (WLFS) ist eine Sekundarschule für 11- bis 18-Jährige, die von einer Gruppe von Eltern und Lehrern in Hammersmith gegründet wurde. (imago/ZUMA Press)
    An einigen Gesamtschulen brachten plötzlich ganze Jahrgänge Bestnoten nach Hause. Der Grund: Überforderte "Secondary Schools" wurden zu sogenannten Academies - freie Schulen, die von einer Stiftung betrieben werden und nicht mehr dem staatlichen Lehrplan unterworfen sind. Das Credo der Gründer: Auch sozial benachteiligte Schüler können Spitzenleistungen abliefern, wenn sie nur ein stabiles Umfeld haben.
    Eiserne Disziplin und stramme Regeln bestimmen den Lernalltag. Die Idee kam von links, die Konservativen griffen sie auf. Doch viele Lehrer halten nichts von den strengen Academies. Und die Bewegung stößt an ihre Grenzen: Immer mehr Trägerstiftungen gehen Konkurs, Schulen stehen vor dem Nichts. Ihr hehres Bildungsversprechen können längst nicht alle einhalten.
    Gesichter Europas fragt: Welche Zukunft haben die vermeintlichen Wunderschulen in Großbritannien?
    Unter Premier Tony Blair (Labour) begann Großbritannien, Schulen wie diese in Hackney in selbstständige "Academies" zu überführen
    Strenge Regeln in der Eliteschule
    Seit der Jahrtausendwende erprobt Großbritannien ein neues Rezept für bessere Bildung: Viele Schulen in ärmeren Stadtteilen sind jetzt selbstständige "Academies", die wie Eliteschulen auf Disziplin und Leistung setzen. Vorzeige-Schule dieser Art ist die Mossbourne Academy in London.
    Mit klarer Linie zum Bildungsaufstieg: Die Mossbourne Community Academy im Londoner Stadtteil Hackney setzt auf das alte britische Privatschulrezept Strenge und Disziplin
    Eine Academy aus Schülersicht
    Mitschüler berühren verboten. Nachsitzen, wenn ein Knopf an der Schuluniform fehlt. Was macht so ein strenges Regime mit einem Zwölfjährigen? Ein Schüler der selbstständigen Mossbourne Victoria Park Academy im Osten Londons und seine Mutter erzählen.
    An der Michaela Community School in Wembley muss man sich benehmen - auch wenn man Bürgermeister von London ist, wie hier Boris Johnson im Jahr 2015
    Streng, strenger, Liebe
    Im Londoner Nordwesten, in einer der ärmsten Gegenden Englands, steht die vielleicht strengste Schule des Landes. Die Schulleiterin der Michaela Community School glaubt: Kinder brauchen "tough love", um zu gedeihen.
    Andria Zafirakou im März 2018, als sie den Global Teacher Prize gewann
    Die beste Lehrerin der Welt
    Zucht und Ordnung - das schätzen die konservativen Tories an der von Labour angestoßenen neuen Schulpolitik und am Modell der "Academies". Doch nicht überall funktionieren die alten Rezepte. Andria Zafirakou versucht es an der Alperton Community School daher ganz anders.
    Kinder im Regen vor einer Community Academy im Nordwesten Englands
    Wenn der Schulträger pleite geht
    Großbritanniens Schulpolitik birgt Risiken. Als etwa in Wakefield einer der großen Träger selbstständiger "Academies" pleite ging, standen 21 Schulen vor dem Nichts. Die Kritiker der Privatisierungen vermissen Unterrichtsgarantien und einheitliches Bildungsniveau.