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Olympische Winterspiele 2018
"Nordkorea nutzt das auf nahezu perfekte Art und Weise"

Bei Olympia kommt es zur historischen Annäherung zwischen Nord- und Südkorea. Allerdings würde einige Beobachter die mediale Dominanz dieses Thema schon sehr verwundern, sagte Stefan Samse, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Seoul, im Dlf. Südkoreas Präsident müsse aufpassen, dass er "nicht überziehe".

Stefan Samse im Gespräch mit Matthias Friebe | 11.02.2018
    Ein Block nordkoreanischer Fans feuert die Eisschnellläufer an
    Ein Block nordkoreanischer Fans macht Stimmung während der Spiele (dpa / Julie Jacobson)
    "Die Dosis Nordkorea war selbst für den ein oder anderen wohlmeindenden Südkoreaner in den letzten Tagen, doch sehr hoch", sagte Samse im Deutschlandfunk.
    So sei die Übernahme der Kosten der nordkoreanischen Delegation durch Südkorea und auch die kurzfristigen Ausnahmeregelungen der Sanktionen, nicht bei jedem in Südkorea auf Verständnis gestoßen, sagte der Leiter des Südkorea-Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung.
    Die Eröffnungsfeier habe ganz klar im Zeichen der Annäherung zwischen Nord- und Südkorea gestanden, analysierte Samse. "Die hätte es ohne Olympia nie gegeben. Ganz klassisch Sportpolitik. Dafür schlagen auch die Herzen der Koreaner, sowohl im Süden als auch im Norden."
    Kim Yo Jong (links), Schwester des nordkoreanischen Machthabers Kim, steht mit dem hochrangigen Politiker Nordkoreas Kim Yong Nam (rechts) an einem Tisch im Haus des südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in in Seoul. 
    Kim Yo Jong (links), Schwester des nordkoreanischen Machthabers Kim, steht mit dem hochrangigen Politiker Nordkoreas Kim Yong Nam (rechts) an einem Tisch im Haus des südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in in Seoul (PA/dpa/Kim Ju-sung/Yonhap )
    "Moon Jae-in darf es nicht überziehen"
    Allerdings müsse der südkoreanische Präsident nun aufpassen, dass er den Bogen nicht überspanne. "Moon Jae-in darf es nicht überziehen. Deshalb hat er die Einladung von Kims Schwester auch nicht gleich angenommen, so wie er das am liebsten vielleicht gleich gemacht hätte", sagte Samse.
    Die aufgeladene Wiederannäherungs-Symbolik würde sehr stark über den gesamten Spielen lagern. Während bei weitem nicht alle Sportveranstaltungen ausverkauft seien, hätten für den Auftritt des nordkoreanischen Orchester 150.000 Tickets nicht gereicht.
    Won Yun Jong, Bobfahrer aus Südkorea, und Hwang Chung Gum, Eishockeyspielerin aus Nordkorea, halten bei der Eröffung der Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang gemeinsam eine Fahne mit den Umrissen eines geeinten Koreas
    Die gemeinsame Olympia-Mannschaft von Süd- und Nordkorea marschiert während der Eröffnungsfeier ins Olympiastadion ein (dpa / Michael Kappeler)
    Die Hoffnung auf Frieden und Wiedervereinigung schwinge aktuell sehr stark mit, berichtete der Südkorea-Experte. "Die Geschwindigkeit und Dynamik der Annäherung ist sehr bemerkenswert." So wäre es vor 40 Tagen noch undenkbar gewesen, dass ein Mitglied der nordkoreanischen Herrscherfamilie nach Südkorea zum Besuche komme.
    "Quasi ohne Medaillenchance und doch schon gewonnen"
    "Die mediale Dominanz dieses Thema lässt schon etwas Verwunderung bei vielen zurück. Nordkorea nutzt das aus nordkoreanische Sicht auf nahezu perfekte Art und Weise. Quasi ohne Medaillenchance und doch schon gewonnen", fasste Samse die Ereignisse der ersten Olympia-Tage zusammen.
    Viel würde dabei auch von Südkoreas Präsident Moon Jae-in ausgehen, dieser hatte nach seinem Wahlsieg eine Verbesserung der innerkoreanischen Beziehungen und auch eine Annäherung an den Bruderstaat im Norden versprochen. "Der Präsident widmet der nordkoreanischen Delegation in Pyeongchang nahezu seine gesamte Aufmerksamkeit. Das ist viel, viel mehr als man der amerikanischen Seite hat zukommen lassen", sagte Samse.
    Dabei haben die Südkoreaner beim Protokoll aber einige formelle Fehler begangen und es sich mit den Amerikanern verscherzt. "Das Verhältnis zum mit Abstand wichtigsten Verbündeten, den USA, das ist in den letzten Tagen nicht einfacher geworden."
    Die Sportpolitik scheine im Annäherungsprozess aber optimal zu greifen, "sie ist die Initialzündung, um das Ganze überhaupt erst in Gang zu bringen".
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.