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Pinkwart fordert Abgrenzung zur Linkspartei

Der FDP-Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen, Andreas Pinkwart, kritisiert mögliche Koalitionsgespräche von SPD und Grünen mit der Linkspartei als "verantwortungslos". Er könne sich nicht vorstellen, dass SPD und Grüne ernsthaft zusammen mit einer linksextremen Partei Regierungsverantwortung übernehmen wollten.

Andreas Pinkwart im Gespräch mit Gerwald Herter |
    Gerwald Herter: Wir bleiben beim Thema der Suche nach einer Regierungskoalition im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland, in Nordrhein-Westfalen. Die FPD geht in die Opposition, mit den Grünen und der SPD wollen die Liberalen nicht mehr verhandeln. Oder bleibt da doch eine letzte Chance?

    Der FDP-Landesvorsitzende Andreas Pinkwart kann uns das jetzt sagen. Mit ihm bin ich telefonisch verbunden. Guten Morgen, Herr Pinkwart!

    Andreas Pinkwart: Ja, guten Morgen!

    Herter: Herr Pinkwart, hoffen Sie immer noch darauf, dass sich Grüne und SPD heute dazu durchringen, der Linkspartei den Laufpass zu geben?

    Pinkwart: Ja, ich hielte das für absolut notwendig, auch für Nordrhein-Westfalen. Wir müssen sehen, wir sind das mit Abstand bevölkerungsreichste Bundesland, ein wichtiges Industrie- und Innovationsland, und das muss stabil regiert werden im Interesse von Millionen von Arbeitsplätzen.

    Herter: Aber wir haben es gerade gehört: Auch Frau Löhrmann von den Grünen geht davon aus, dass Sie eine Einladung erhalten zu Koalitionsgesprächen, die Linkspartei aber auch.

    Pinkwart: Ich kann mir ernsthaft nicht vorstellen, dass die sozialdemokratische Partei, die jahrzehntelang für dieses wichtige Land Verantwortung getragen hat, wie die Grünen, heute eine Einladung an eine linksextreme Partei richten, obwohl es Gesprächsbereitschaft demokratischer Parteien wie der CDU und der FDP gibt. Ich hielte das für verantwortungslos.

    Herter: In der Erklärung ihres Fraktionschefs Papke von gestern hörte sich das viel eindeutiger an mit der Absage an die Ampelkoalition. Zwischen ihm und Ihnen soll es heftigen Streit gegeben haben über die Linie. Das stimmt sicher nicht, oder?

    Pinkwart: Es gibt zurzeit in jeder Partei viele Stimmen, aber entscheidend ist, dass diejenigen, die einen klaren Auftrag haben, auch deutlich machen, wofür ihre Parteien stehen.

    Das habe ich für die FDP getan, nachdem wir das im Landesvorstand am Montag einvernehmlich festgehalten haben. Und bei dieser Gesprächsbereitschaft bleibt es. Die setzt aber voraus, dass SPD und Grüne auch ihr Verhältnis klären zur Linkspartei, und das heißt eben auch, dass man deutlich anerkennt, dass es sich hier eben nicht um eine demokratische Partei handelt, sondern eine extreme Partei handelt, die vom Verfassungsschutz nach wie vor zu Recht beobachtet wird.

    Und ich kann mir nicht vorstellen, dass SPD und Grüne ernsthaft wollen, mit einer solchen Partei Regierungsverantwortung für Nordrhein-Westfalen zu übernehmen.

    Herter: Wir haben den O-Ton zu Anfang dieser Stunde gehört: Der FDP-Bundesvorsitzende Westerwelle hatte ja die Ampel eigentlich schon am Dienstag ausgeschaltet mit einer eindeutigen Bemerkung in dieser Frage.

    Pinkwart: Der Bundesvorsitzende hat eingangs der Woche klargelegt, dass der Landesverband Nordrhein-Westfalen für Koalitionsgespräche verantwortlich ist, namentlich der Landesvorsitzende, und in der Funktion habe ich das für die Partei getan, nachdem wir im Landesvorstand am Montag - in Gegenwart auch des Bundesvorsitzenden - unsere Verhandlungslinie abgestimmt haben.

    Herter: Bundeskanzlerin Merkel hat Anfang der Woche ja eingeräumt, dass der Ministerpräsident Rüttgers im Wahlkampf keinen Rückenwind aus Berlin bekam. Haben Sie im Wahlkampf Rückenwind aus Berlin auch von der Bundes-FDP bekommen?

    Pinkwart: Wir haben es sicherlich insgesamt schwer gehabt im Landtagswahlkampf gegen den Trend, auch unsere Erfolge hier in Nordrhein-Westfalen darstellen zu können. Die Verantwortung für die Ergebnisse tragen aber jeweils die Ebenen, die auch den Wahlkampf geführt haben, und sie müssen dann auch sehen, dass vernünftige Ergebnisse vor allen Dingen für das Land danach auch möglich bleiben.

    Herter: Nachher ist man natürlich immer klüger. Wäre es nicht besser gewesen, die Steuersenkungen vor dem Wahlsonntag auf die lange Bank zu schieben?

    Pinkwart: Vorher auf die lange Bank zu schieben - weiß ich nicht, ob das so der richtige Weg ist. Man muss dem Wähler vorher sagen, was man beabsichtigt, zu tun, hier gibt es eine Koalitionsvereinbarung, hier gibt es eine Regierungserklärung. Und wir haben hier in Nordrhein-Westfalen, FDP und CDU, in den letzten fünf Jahren gezeigt, dass es richtig und gut ist für ein Land, wenn man das, was man sich vorgenommen hat, auch konsequent umsetzt und auch verlässlich abarbeitet.

    Denn wir haben gezeigt, dass in Nordrhein-Westfalen trotz Wirtschaftskrise heute eine Viertelmillion sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mehr sind als im Jahr 2005, und auch in anderen Bereichen Nordrhein-Westfalen kraftvoll vorangekommen ist. Und das muss man durch verlässliches Regierungshandeln auch ermöglichen.

    Herter: In der Frage der Steuererleichterungen für Hoteliers haben Sie ja auch eine deutlich nuanciertere Haltung vertreten als der Bundesvorsitzende Westerwelle. Müssen Sie das jetzt bereuen? Ist Ihr Verhältnis zu Westerwelle in den letzten Tagen schlechter geworden?

    Pinkwart: Wir haben unsere Punkte immer vernünftig auch besprochen in unseren Gremien, es gibt auch zu Inhalten unterschiedliche Auffassungen in Parteien. Ich finde, das ist auch gut so. Aber entscheidend ist, dass man auch zu gemeinsamen Ergebnissen findet und sie dann auch gemeinsam nach außen vertritt, gerade in Situationen wie jetzt geht es um Geschlossenheit in den Parteien und es geht auch darum, dass wir unserer Rolle verantwortlich gerecht werden.

    Herter: Schließen Sie eine Jamaika-Koalition eigentlich aus, schwarz-grün-gelb?

    Pinkwart: Ich habe deutlich gemacht für die FDP, dass es eine Gesprächsbereitschaft mit allen demokratischen Parteien gibt unter der Maßgabe, dass sie Koalition mit extremen Parteien vom linken wie vom rechten Rand ausschließen.

    Das ist unser Beschluss von Aachen, vor der Wahl so getroffen. Und sollten die Grünen ihr Verhältnis zur Linkspartei endlich klären, dann wären natürlich auch Gespräche über eine Jamaika-Koalition aus unserer Sicht grundsätzlich möglich.

    Herter: Was passiert, wenn bei der Linkspartei die Einladung zur Aufnahme von Koalitionsgesprächen im Fax ankommt oder im Briefkasten liegt?

    Pinkwart: Ja, die Frage ist ja jetzt an SPD und Grüne gestellt, wie sie sich verhalten wollen. Entscheidend ist für mich, dass sie eine Klärung vornehmen in ihrem Verhältnis zur Linkspartei und ich erwarte, dass sie nicht sozusagen parallele Einladungen an extreme Parteien verschicken, wenn sie ernsthafte beabsichtigen, mit demokratischen Parteien ins Gespräch kommen zu wollen.

    Herter: Wenn Sie in der Opposition landen, Herr Pinkwart, was wird dann Ihre Rolle dort sein?

    Pinkwart: Meine Rolle ist ganz klar definiert. Ich bin Landesvorsitzender und stellvertretender Bundesvorsitzender, Mitglied des Landtages, und in diesen Rollen werde ich die Oppositionsarbeit aus Nordrhein-Westfalen heraus wie die Regierungsmitverantwortung im Bund in der gewohnt konstruktiven und engagierten Weise mitbegleiten.

    Herter: Die schwierige Suche nach einer Koalition in Nordrhein-Westfalen. Das war der Landesvorsitzende und stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP, Andreas Pinkwart. Herr Pinkwart, vielen Dank für das Gespräch!

    Pinkwart: Ganz herzlichen Dank, schönen Tag!