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Plötzlicher Eichentod
Leben mit dem Feind

Der plötzliche Eichentod hat schon Millionen Bäume getötet und immensen wirtschaftlichen und ökologischen Schaden angerichtet. Mitte der 1990er-Jahre trat er zum ersten Mal in Kalifornien auf, mittlerweile breitet sich die Baumkrankheit auch in Großbritannien aus. Nun stellen Forscher neue Ansätze zur Bekämpfung vor.

Von Monika Seynsche | 14.08.2014
    Den großen Kampf hat Richard Cobb aufgegeben, bevor er überhaupt begann.
    "Wenn diese invasiven Arten neue Lebensräume erobern, sind sie in der Regel sehr widerstandsfähig und es ist völlig unrealistisch, sie wieder loszuwerden. Wir müssen also lernen, mit ihnen zu leben. Ich will deshalb herausfinden, welche Schäden diese Arten anrichten, und wie sie sich mindern lassen."
    Der Ökologe der Universität von Kalifornien in Davis und seine Kollegen entwickeln dafür Computermodelle, die zum einen das Risiko und den Zeitpunkt eines Krankheitsausbruchs simulieren und zum anderen die Auswirkungen der Pathogene auf Ökosystemfunktionen der betroffenen Waldgebiete projizieren:
    "Krankheiten können viele Dinge in Wäldern verändern. Manchmal verschlechtern sie nur die Gesundheit der Bäume, sorgen also für langsameres Wachstum und ein ausgedünntes Blätterdach. Dadurch verändern sie die Bedingungen im Unterholz. Oder aber sie töten die Bäume. Wenn das passiert, erhöht sich durch das Totholz der Anteil leicht entzündlichen Brennmaterials. Gleichzeitig verändert sich der Kohlenstoffkreislauf, der Wald kann nicht mehr so viel Kohlenstoff speichern. Und auch als Lebensraum wird er von den Krankheiten verändert."
    Besonders anfällig für den Eipilz
    Richard Cobb interessiert sich bei seiner Arbeit besonders für den plötzlichen Eichentod, der in Kalifornien schon verheerende Schäden angerichtet hat. Besonders anfällig für den Eipilz ist Lithocarpus densiflorus oder Tanoak, eine Baumart, die nur in einem schmalen Küstenstreifen in Kalifornien und Oregon vorkommt. Früher wurde diese Art für eine Eiche gehalten, daher der Name plötzlicher Eichentod. Die Früchte des Tanoak sind eine wichtige Nahrungsgrundlage für viele Vogel- und Säugetierarten. Außerdem hat der Baum eine große kulturelle Bedeutung für die indigenen Stämme der Region, die ihn als Nahrungsquelle, Holzlieferant und für religiöse Rituale nutzen. Richard Cobb arbeitet deshalb eng mit den Ureinwohnern der Region zusammen.
    "Wir wissen sehr viel über den plötzlichen Eichentod, wann und wie er übertragen wird, und wie diese Krankheit Ökosysteme und den Kohlenstoffkreislauf verändert. Also haben wir uns mit unseren indigenen Nachbarn zusammengesetzt und überlegt, welche Dinge müssen wir schützen? Welche Waldgebiete sind besonders wertvoll? Jetzt setzen wir unsere Modelle ein, um die möglichen Auswirkungen auf das Ökosystem zu untersuchen und arbeiten mit den betroffenen
    Gemeinden zusammen, um die Auswirkungen in den für sie wertvollsten Gebieten zu minimieren."
    Nutzen für beide Seiten
    Die Zusammenarbeit nützt beiden Seiten. Die indigenen Stämme können mithilfe der Modelle besonders gefährdete Waldgebiete auf ihrem Territorium erkennen und mögliche Überträgerpflanzen herausnehmen bevor der Pilz sich ausbreitet. Die Forscher wiederum profitieren vom traditionellen Waldmanagement der Ureinwohner.
    "Das wirklich Tolle ist: Unsere indigenen Kollegen haben uns einige ihrer Waldgebiete gezeigt, die sehr sorgfältig gehegt werden, und zwar in einer Art und Weise, die die Bäume der Krankheit gegenüber wesentlich widerstandsfähiger zu machen scheint."
    Verglichen mit den staatlichen Forsten stehen in den indianischen Wäldern zum Beispiel deutlich weniger Tanoaks. Dafür sind die einzelnen Bäume größer und robuster.