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Polizeigewalt in den USA
Staatsanwaltschaft: Klarer Fall von Mord

Nach dem Kopfschuss auf einen Afroamerikaner darf der anklagte Ray Tensing nur gegen die Kaution von einer Million Dollar auf freien Fuß. Eine Körperkamera lieferte den Beweis: Der weiße US-Polizist hat direkt geschossen. Der Richterspruch ist eine Genugtuung für die Angehörigen des Opfers.

Von Marcus Pindur | 31.07.2015
    Der Ausschnitt der Körperkamera des angeklagten Polisten Ray Tensing zeigt, dass er Samuel DuBose ohne dessen vorherigen Angriff erschossen hat.
    Der Ausschnitt der Körperkamera des angeklagten Polisten Ray Tensing zeigt, dass er Samuel DuBose ohne dessen vorherigen Angriff erschossen hat. (picture-alliance / dpa/Hamilton County Prosecuting Attorny)
    Im Gerichtssaal brandete Applaus auf, als die Richterin die Kaution verkündete.
    "Eine Million Dollar."
    Es bestehe Fluchtgefahr, deshalb lege das Gericht eine Million Dollar Kaution fest gegen den Angeklagten, Ray Tensing. Erneut ein Fall, bei dem ein weißer Polizist einen schwarzen Autofahrer erschossen hat. Der 25-jährige Polizist erklärte sich gestern bei seiner ersten Anhörung vor Gericht für nicht schuldig.
    "Nicht schuldig."
    Tensing ist des Mordes an dem 43-jährigen Samuel DuBose angeklagt. Der Staatsanwalt von Cincinnati, Joseph Deter erklärte, dies sei für ihn ein klarer Fall von Mord.
    Körperkamera liefert Beweis
    "Können sie sich die Trauer und die Empörung der Familie vorstellen, wenn jemand wegen einer Verkehrskontrolle erschossen wird? Er hat keine Gewalt ausgeübt, er hat den Polizisten nicht an seinem Wagen mitgeschleift. Aber der Polizist zog seine Waffe und schoß ihm in den Kopf."
    Der Vorfall ist von der Körperkamera des Polizisten aufgezeichnet worden. Er hatte Sam DuBose angehalten, weil dessen vorderes Nummernschild fehlte. Dann forderte er Sam DuBose mehrfach auf, seinen Führerschein zu zeigen. Als DuBose diesen nicht vorzeigen kann, fordert der Polizist ihn auf, auszusteigen. Daraufhin zieht DuBose die Tür zu und greift zum Zündschloss. Ray Tensing lehnt sich in den Wagen und schießt dem 43-jährigen DuBose aus nächster Nähe in den Kopf.
    Der Polizist behauptete später, er sei von Sam DuBoses Wagen mitgeschleift worden und habe um sein Leben gefürchtet. Staatsanwalt Deter erklärte, das Video zeige klar und eindeutig, dass dies nicht der Fall gewesen sei.
    "Es ist schrecklich. Er hat ihn vorsätzlich getötet, deshalb ist es Mord."
    Angehörige atmen auf
    Der Fall hat erneut die Debatte um Polizeigewalt gegen schwarze Bürger angeheizt. Die Familie des Getöteten rief dazu auf, Ruhe zu bewahren. Seine Schwester, Terina Allen erklärte, sie sei froh, dass die Wahrheit ans Licht gekommen sei.
    "Mein Bruder hatte keine Waffe. Er hat dem Polizisten nichts getan. Niemand hat so etwas verdient. Ich bin zwar wütend, aber ich bin auch froh, dass wir ein Mindestmaß an Gerechtigkeit für Sam bekommen. Ohne die Körperkamera wäre das bestimmt nicht ans Licht gekommen."
    Im laufenden Jahr haben einer Statistik der "Washington Post" zufolge Polizisten in den USA 558 Menschen erschossen. In vier Fällen wurde Anklage gegen die Polizisten erhoben. Anfang Mai, während der Unruhen in Baltimore nach dem Tod von Freddie Gray hatte die Obama-Administration ein bundesweites Programm angekündigt. 75 Millionen Dollar sollen in den nächsten drei Jahren darauf verwendet werden, die lokalen Polizeibehörden mit Körperkameras auszustatten.
    Die Hoffnung: Mehr Transparenz soll dafür sorgen, dass Polizisten im Dienst vorsichtiger vorgehen. Im Falle von Samuel DuBose hatte die Körperkamera offensichtlich keine abschreckende Wirkung.