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Recycling
Neue Verpackungsordnung stopft einige Schlupflöcher

Die Rücknahme von Verpackungsmüll im Supermarkt lohnt sich für die Geschäfte nicht mehr. Denn die Möglichkeit wurde gestrichen, durch die sogenannte Eigenrücknahme die Abgabe an den Müllentsorger zu reduzieren. Der Grund für die neue Verpackungsordung: Das Duale System funktioniert nicht mehr richtig.

Von Philip Banse | 01.10.2014
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    Verpackungsmüll wird über Gelbe Säcke entsorgt. (picture-alliance / dpa / Patrick Pleul)
    Die Sortieranlage des Berliner Entsorgers ALBA. Plastiktüten, Suppendosen, Reifen, Toaster, Jogurtbecher - 600 Tonnen werden hier jeden Tag sortiert, sagt Anlagenleiter Björn Schwich und lobt die Verbraucher.
    "Die sortieren schon ganz gut. Es könnte immer besser sein, klar, aber man merkt auch, dass da eine Schulung am Bürger stattfindet."
    Schlupflöcher im System
    Deutschland ist Sortier-Weltmeister. Gut 40 Prozent des Hausmülls werden recycelt, aber diese Berechnung ist sehr umstritten. Eckpfeiler des deutschen Abfallwesens ist die Verpackungsverordnung. Sie schreibt vor: Wer Verpackungen in Verkehr bringt, muss auch dafür sorgen, dass sie eingesammelt und wieder verwertet werden. Deswegen müssen heute alle Firmen, die Verpackungen in die Welt setzen, Geld bezahlen. Mit diesem Geld sammeln Entsorger wie ALBA all die Jogurtbecher und Milchtüten wieder ein, die wir in gelben Säcken vor die Tür stellen.
    Dieses System hatte jedoch einige Schlupflöchern. Firmen konnten ihre Recycling-Gebühr erheblich drücken. Sie brachten also verpackte Produkte auf den Markt, ohne für die Entsorgung der Verpackung zu zahlen.
    Agnes Bühnemann vom Sachverständigenbüro Cyclos kontrolliert die Umsetzung der Verpackungsverodnung und schätzt: Für ein Drittel der Verpackungen in Deutschland haben die verantwortlichen Firmen nicht die fällige Entsorgungsgebühr bezahlt. Schaden zuletzt rund 50 Millionen Euro.
    "Nach meiner Einschätzung war die Situation im letzten Jahr existenzbedrohend, weil es einfach eine große Finanzierungslücke war, weil viele Erstinverkehrbringer alle Möglichkeiten ausgenutzt haben, um für einen großen Teil dieser Mengen, nicht mehr zu bezahlen."
    Mit der erneuerten Verpackungsverordnung seien diese Schlupflöcher jetzt gestopft, das System sei stabilisiert.
    Besser für die Umwelt?
    "Die 7. Novelle der Verpackungsverordnung hat offensichtlich einzelne Schlupflöcher gestopft, aber sie hat der Umwelt gar nichts gebracht."
    Kritisiert Benjamin Bongardt, Abfallexperte des Naturschutzbunds NABU. Bongardt kritisiert vor allem, dass die gesetzlich vorgeschriebene Recyclingquote seit 15 Jahren nicht mehr angehoben worden sei und derzeit bei gut 40 Prozent liegt.
    "Das Umweltbundesamt hat 2012 eine Studie vorgelegt, da steht drin, die Recyclingquote sollte 2015 bei 55 Prozent liegen. Und sobald sich heraus stellt, dass das obere Drittel der Regionen in Deutschland diese 55 Prozent einhält beziehungsweise überschreitet, soll sich diese Quote automatisch nach oben korrigieren. Also selber lernt, wenn die Technologie weiter ist und viel recycelt werden kann, dann steigt auch diese Quote und das ist ein sinnvoller Mechanismus",
    sagt auch Gutachterin Agnes Bühnemann.
    Bundesweite Wertstofftonne im Gespräch
    Deswegen fordert der Naturschutzbund seit Jahren ein Wertstoffgesetz. Dieses Gesetz solle auch eine bundesweite Wertstofftonne einführen. In den gelben Sack dürfen ja nur Verpackungen. In die Wertstofftonne darf alles, was aus Plastik, Metall oder Verbundmaterial ist, also etwa Getränkeverpackungen. In Berlin gibt es diese Wertstofftonne bereits.
    Über die Fließbänder des Entsorgers ALBA rasen nicht nur Jogurtbecher und Plastikfolien, sondern auch Bratpfannen, Plastikspielzeug und Toaster. Susanne Jagenburg von ALBA begrüßt die Wertstofftonne:
    "Das ist eine sehr gute Sache, weil es sehr vereinfacht ist das Recycling. Wir können wesentlich mehr Materialien aus der Verbrennung raus holen und ins Recycling geben, was in einem rohstoffarmen Land wie Deutschland sehr, sehr gut ist."
    Das Bundesumweltministerium hat angekündigt, bis Ende des Jahres ein Gesetz für die bundesweite Wertstofftonne vorzulegen.