Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Rohstoffe aus Konfliktregionen
EU ringt um Vorschriften zur Achtung der Menschenrechte

Mobiltelefone oder Laptops können nur dank wertvoller Rohstoffe hergestellt werden, die aber oft unter zweifelhaften Bedingungen gefördert werden. Einige Mineralien stammen aus Bürgerkriegsländern. In der EU wird nun überlegt, wie dies verhindert werden kann und wie Hersteller in die Pflicht genommen werden können.

Von Monika Hoegen | 04.04.2016
    Schwarze Arbeiter sitzen, stehen und laufen auf einer hügeligen Oberfläche am Rande der Mine. Die Luft ist staubig. Einige Arbeiter halten Schaufeln in den Händen.
    Die sogenannte Mudere-Mine am 28.5.2013 in der Demokratischen Republik Kongo, wo das Mineral Coltan abgebaut wird, das zur Herstellung von Handys benötigt wird. (AFP / Junior D. Kannah)
    Wie so oft, wenn es um soziale Unternehmensverantwortung geht, scheiden sich die Geister vor allem an einer Frage: Wie verbindlich soll eine Regelung aussehen, die blutige Geschäfte verhindert? So sah ein Vorschlag der EU Kommission zu Konfliktmineralien zunächst nur vor, dass sich Unternehmen freiwillig dazu bekennen, auf die Einhaltung der Menschenrechte beim Handel mit diesen Rohstoffen zu achten. Das ging der Mehrheit des EU Parlamentes nicht weit genug, sagt der sozialdemokratische Europa-Abgeordnete Bernd Lange, Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel. "Deswegen hat das Parlament ja nach langer Diskussion klar gesagt: Wir wollen ein verpflichtendes System. Und da gab es gleich einen Aufschrei."
    Und der kam von den Unternehmen selbst. Dabei, so sagen Parlamentarier wie Lange, werde nur gefordert, was Unternehmen auch umsetzen können. Auch die Gefahr von Wettbewerbsnachteilen für europäische Händler und Produzenten – etwa gegenüber der Konkurrenz aus China – habe man im Blick.
    Die meisten Unternehmen kennen ihre Zulieferkette sehr genau
    "Wichtig ist natürlich auch, dass wir hier natürlich auch Importe besonders unter die Lupe nehmen müssen. Und zwar nicht nur die Importe von Mineralien und Rohstoffen, sondern die Importe von Produkten. Weil wir hier ja eindeutig eine Waffengleichheit haben wollen – und auch mit einer verpflichtenden Gesetzgebung keine Verlagerungstatbestände schaffen wollen."
    Selbst die EU-Kommission hat sich inzwischen hin zu mehr Verbindlichkeit bewegt - allerdings nur in eine Richtung. Sie möchte nämlich, dass nur die vorgelagerten Unternehmen von der Mine bis zur Schmelze nachweisen müssen, dass beim Geschäft mit den Mineralien keine Menschenrechte verletzt und keine bewaffneten Konflikte finanziert wurden. Für die Produzenten von technischen Geräten und ihre Importeure auf der hiesigen Seite des Globus würde es reichen, sich auf die Aussagen der Zulieferer zu verlassen. Signe Ratso von der Generaldirektion Handel bei der Europäischen Kommission erklärt das so: "Was aber gleich bleibt, ist unser Fokus auf den Bereich, in dem wir am meisten erreichen können. Denn, wenn man nicht weiß, wo die Schmelzer die Mineralien herhaben, dann können die übrigen Akteure in der Lieferkette nicht mehr viel tun, als zu raten."
    Für die Vertreter der Nichtregierungsorganisationen, die sich in der Kampagne "Stop Mad Mining", zu deutsch etwa: Stoppt den verrückten Bergbau, zusammengeschlossen haben, macht eine Regelung, die die hiesigen Unternehmen nicht in die angemessene Sorgfaltspflicht, "due diligence", nimmt, hingegen wenig Sinn. Nele Meyer von Amnesty International: "Was man natürlich sehen muss, ist, dass die Unternehmen neu denken müssen. Sie müssen neue Informationen erfragen. Aber wir wissen auch, dass die meisten Unternehmen ihre Zulieferkette sehr genau kennen. Sie wissen sehr genau, was die Qualität von bestimmten Materialien ist, und so weiter. Deshalb sollte es auch kein größeres Problem sein, die zusätzlichen Informationen zu bekommen, die für so eine due diligence erforderlich wären."
    Was ändert sich an den Arbeitsbedingungen?
    Nun wird in Brüssel krampfhaft nach einem Kompromiss gesucht. Der Rat, also die Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten, halten gar nichts von einer verbindlichen Regelung. Und selbst wenn sie sich in Europa doch noch auf eine solche verständigen würden – viele Bergbauarbeiter in betroffenen Ländern wie dem Kongo oder Südafrika bezweifeln, ob das an ihrer alltäglichen Situation viel ändert. Denn die geplante EU Regulierung zielt nur darauf, gröbste Menschenrechtsverletzungen zu verhindern. Von menschenwürdigen Arbeitsbedingungen und fairer Bezahlung ist nicht die Rede. Glen Mpufane, Direktor von industriALL Global Union – einem Zusammenschluss weltweiter Gewerkschaften, unter anderem aus dem Bergbau-Sektor – formuliert es so: "Die Frage ist, wie wir denn in Konfliktgebieten würdige Arbeitsbedingungen schaffen wollen? Ist der Anspruch an angemessene Unternehmenssorgfalt erfüllt, wenn es diese Arbeitsbedingungen nicht gibt?"
    Dass eine künftige EU-Regulierung zu Konfliktmineralien nicht alle gravierenden sozialen Probleme vor Ort lösen würde, räumen auch die Befürworter einer solchen Vorschrift ein. Doch immerhin sei sie ein erster Schritt – idealerweise auf dem Weg zu einem wirklich fairen Geschäft mit den Rohstoffen für Handys und Laptops.