Dienstag, 19. März 2024

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Rote Liste von IUCN
"Giraffen müssen unter einen noch strengeren Schutz gestellt werden"

Bisher waren Giraffen völlig ungeschützt, sagte der Biologe Axel Janke im DLF. Mit der Aufnahme auf die Rote Liste bedrohter Tierarten der Weltnaturschutzunion IUCN sei es nun möglich, Strafen zu verhängen, zum Beispiel gegen Wilderer. Janke plädierte für einen ebenso hohen Schutz von Giraffen wie bei Nashörnern und Elefanten.

Axel Janke im Gespräch mit Arndt Reuning | 08.12.2016
    Sechs Giraffen sind im Krüger Nationalpark (Südafrika) zu sehen
    Bei ihrer Einstufung der Giraffe als gefährdete Art geht die IUCN noch von einer Giraffenart aus. Seit September dieses Jahres steht aber fest: Es gibt vier Giraffenarten (imago stock&people)
    Arndt Reuning: Herr Janke, wer und was bedroht denn die Bestände der Giraffen?
    Axel Janke: Die Giraffenbestände sind im Wesentlichen durch Zersiedlung der Landschaft bedroht. Durch Wilderei natürlich und auch besonders südlich der Sahel-Zone durch Kriege und zivile Unruhen.
    Reuning: Ungefähr einhunderttausend Tiere leben zur Zeit noch in Afrika. Das klingt erst einmal nicht unbedingt nach einer kleinen Zahl, oder?
    Janke: Naja, diese einhunderttausend Tiere - das müssen Sie sich vorstellen - sind über 21 Länder in gesamt Afrika verteilt und wenn Sie das vergleichen mit etwa 350.000 Elefanten, die auch unter sehr hohem Schutz stehen, dann relativiert sich das schon. Dann ist diese Zahl nicht sehr groß.
    Reuning: Im September hatten Sie im Fachblatt Current Biology über Ihre genetischen Untersuchungen an den Giraffen berichtet. Sie haben entdeckt, dass vier Giraffenarten existieren und nicht nur eine, wie man bis dahin angenommen hatte. Welche Rolle spielt das denn für die Schutzbemühungen?
    "Es gibt vier Giraffenarten" - entsprechend ist ihre Gefährdung noch höher
    Janke: Die ICUN geht bei ihrer bisherigen Einstufung der Gefährdung der Giraffe nur von einer Art aus. Wir haben vor gut zwei Monaten allerdings gefunden, dass es vier Giraffenarten gibt, das geht in diese Beurteilung noch nicht ein. Bei vier Giraffenarten ist die Gefährdung der Giraffe natürlich sehr viel höher. Weil diese 90.000 oder hunderttausend Tiere, die es noch gibt, verteilen sich jetzt nicht gleichmäßig auf diese vier Arten, sondern von der Nordgiraffe gibt es beispielsweise nur noch 4.000 Stück und von der Netzgiraffe nur noch 8.000 in freier Wildbahn. Und das können Sie vergleichen mit der Anzahl von Nashörnern. Da gibt es nur noch 5.000 und die sind unter einem sehr hohen Schutz. Und eigentlich sollten diese Arten einen sehr viel höheren Schutz bekommen.
    Reuning: Die Tatsache, dass vier Arten existieren: Könnte das auch das Umsiedeln der Tiere erschweren, was ja als eine Option zu ihrem Schutz diskutiert wird?
    Janke: Ja genau. Also man ist bisher ja auch von neun Unterarten ausgegangen, es sind jetzt insgesamt vier Arten. Wenn jetzt in einem Gebiet eine Art ausstirbt, dann ist diese Art weg. Man kann dann beispielsweise die Nordgiraffe nicht durch eine Massai- oder Netzgiraffe ersetzen. Die Biodiversität, die genetische Variabilität dieser Art ist dann verschwunden.
    Giraffen müssen strenger geschützt werden
    Reuning: Was muss also aus Ihrer Sicht geschehen, um die wildlebenden Giraffen besser zu schützen?
    Janke: Giraffen müssen unter einen noch strengeren Schutz gestellt werden. Vergleichbar dem von Elefanten oder Nashörnern, um bei Wilderei zum Beispiel auch entsprechende Strafen verhängen zu können. Bisher waren Giraffen ja völlig ungeschützt, das heißt, Wilderei wurde gar nicht groß verfolgt. Jetzt ist sie ein wenig geschützt, als eine Art. Aber die Zahlen, die ich genannt habe, zeigen ja, wie sehr die Giraffe bedroht ist. Zwei der Arten sind sehr stark bedroht und die brauchen einen sehr viel höheren Schutz und auch viel mehr Aufmerksamkeit einmal von den Regierungen aber auch von uns westlichen Geberländern, die solchen Schutz mit unterstützen müssten und einen Schutzstatus erreichen sollten, wie sie für Nashörner oder für Elefanten beispielsweise besteht.
    Reuning: Welche Rolle spielen denn Nichtregierungsorganisationen beim Schutz dieser Tiere?
    Janke: Die Giraffe ist eigentlich unter dem Radar vieler Naturschutzorganisationen, auch dem WWF beispielsweise durchgeschlüpft. Es gibt allerdings eine Organisation, die Giraffe Conservation Foundation in Namibia, die sich seit zehn Jahren intensiv für den Schutz der Giraffen in allen 21 afrikanischen Ländern bemüht und die auch besonders daran mitgearbeitet haben, dass die ICUN die Giraffe jetzt als gefährdet einstuft hat.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.