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Rüstung in Israel
Deutsche U-Boote bringen Netanjahu unter Druck

Israel bekommt demnächst ein sechstes U-Boot - gebaut in der Thyssen-Krupp-Werft in Kiel. Obwohl die Flotte damit eigentlich komplett wäre, hat Regierungschef Benjamin Netanjahu beschlossen, drei weitere U-Boote in Deutschland zu ordern. Die Hintergründe dieses Milliardengeschäfts bringen ihn nun zunehmend in Bedrängnis.

Von Peter Kapern | 21.11.2016
    Israels Regierungschef Netanjahu betritt das U-Boot "Rahav" über eine Brücke.
    Israels Regierungschef Netanjahu nimmt im Januar das U-Boot "Rahav" entgegen. (picture alliance / dpa / EPA / Abir Sultan)
    Mitte Januar 2016 war es, da wurde die Rahav mit Pauken und Trompeten im Hafen von Haifa empfangen. Sogar Staatspräsident Ruven Rivlin war da, um Israels U-Boot Nummer fünf, gebaut in der Thyssen-Krupp-Werft in Kiel, zu begrüßen:
    "Die deutsch-israelischen Beziehungen umfassen eine schreckliche Vergangenheit. Aber auch eine Zukunft. Es ist doch ein Symbol, dass die Rahav das größte U-Boot ist, das seit dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland gebaut worden ist."
    U-Boot Nummer sechs wird auch demnächst ausgeliefert. So wie die anderen von der Bundesregierung bezuschusst. Und damit ist die wichtigste israelische Abschreckungswaffe – die U-Boote können nämlich Atomwaffen tragen - eigentlich komplett. Und Ersatzbeschaffungen sind Experten zufolge frühestens in 15 Jahren notwendig.
    Drei weitere U-Boote sollen in 10 Jahren ausgeliefert werden
    Trotzdem hat Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu beschlossen, bei Thyssen-Krupp drei weitere U-Boote zu ordern, die in 10 Jahren ausgeliefert werden sollen. Die Hintergründe dieses Milliardengeschäfts bringen Netanjahu zunehmend in Bedrängnis. Denn er hat die U-Boote gegen den Willen des damaligen Verteidigungsministers Moshe Jaalon bestellt. Und am Verteidigungsministerium sowie den Streitkräften und den militärischen Planungsgremien vorbei. Warum dieser seltsame Entscheidungsweg – fragt sich die israelische Öffentlichkeit?
    Und der Fernsehsender Channel 10 lieferte vor wenigen Tagen eine mögliche Antwort: Netanjahus Privatanwalt und Vertrauter David Shimron ist geschäftlich mit dem Thyssen-Krupp-Konzern verbandelt. Vor der sonntäglichen Kabinettssitzung verteidigte sich Netanjahu, um den Korruptionsvermutungen die Durchschlagskraft zu nehmen.
    "Bei der Entscheidung, die U-Boote zu kaufen, habe ich mich nur von einer einzigen Erwägung leiten lassen: Nämlich die Sicherheit und die Stärke des Staates Israel zu vergrößern. Das ist die Erwägung, die mich immer leitet, ohne Ausnahme."
    Opposition fordert Untersuchung des Generalstaatsanwalts
    Die treuherzige Bekundung, mit fester Stimme vorgetragen, dürfte die U-Boot-Affäre kaum beenden. Ex-Verteidigungsminister Jaalon forderte eine gründliche Untersuchung dieser, wie er sagte –"beunruhigenden Vorgänge". Die Opposition fordert eine Sondersitzung des zuständigen Knesset-Ausschusses. Und Generalstaatsanwalt Avidchai Mandelblit soll das U-Boot-Geschäft unter strafrechtlichen Gesichtspunkten prüfen.
    Denn die israelischen Zeitungen erinnern auch daran, dass Thyssen-Krupp schon zuvor verdächtigt worden war, seine U-Boot-Verkäufe mit Schmiergeld angekurbelt zu haben. Netanjahus Anwalt David Shimron kann sich zudem auf standesrechtliche Ermittlungen einstellen. Die Israel Bar Association, die einer Rechtsanwaltskammer ähnelt, ist von einem Knesset-Abgeordneten aufgefordert worden, die Rolle Shimrons zu untersuchen. Der weist jedoch jeden Interessenskonflikt von sich. Er habe niemals mit Netanjahu über sein geschäftliches Engagement für Thyssen-Krupp oder über U-Boote gesprochen.