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Rumänischer Präsident kommt nach Berlin
Hohe Erwartungen an die deutschen Partner

Es war eine rumänische Sensation, als der deutschstämmige Klaus Iohannis im letzten November die Stichwahl gewann und Präsident wurde. Viele Rumänen hoffen, dass er ausländische Investoren ins Land holt und die Korruption in den Griff bekommt. Heute besucht Iohannis Deutschland.

Von Ralf Borchard |
    Er ist der erste Rumäniendeutsche im Präsidentenamt. Und Klaus Iohannis will Rumänien umkrempeln: weg vom Image der Armut und Korruption, hin zu einem attraktiven Standort für deutsche Investoren:
    "Deutschland ist auf jeden Fall jetzt schon, mit oder ohne meine Deutschstämmigkeit, einer der wichtigsten Partner Rumäniens, und das möchte ich natürlich ausbauen. Deutsche Investoren sind in Rumänien überall sehr gesucht. Das ist eine Tendenz, die ich natürlich fördern möchte."
    Thema "Armutszuwanderung" werde in Deutschland einseitig diskutiert
    Bei seinem Antrittsbesuch in Berlin will Iohannis auch für einen möglichst schnellen Beitritt zur Schengen-Zone, also den Wegfall der Grenzkontrollen auch in Richtung Deutschland werben. Die Sicherung der Außengrenzen Rumäniens sei längst auf dem entsprechenden Niveau, sagt er:
    "Ich denke wir sollten nicht versuchen, ein Europa in zwei Geschwindigkeiten aufzubauen, sondern ein gemeinsames Europa. Dazu gehört auch, dass die europäischen Bürger sich frei bewegen können, da, wo natürlich die Bedingungen erfüllt sind. Aber die technischen Bedingungen sind in Rumänien seit 2011 erfüllt, sodass ich denke, dass es jetzt allerhöchste Zeit ist, dass man die Sache ganz konkret angeht."
    Die Angst vor sogenannter Armutszuwanderung aus Rumänien ist für den 55-Jährigen kein Gegenargument. Das Thema werde in Deutschland einseitig diskutiert, sagt Iohannis. Auch er sei gegen ein Ausnutzen des deutschen Sozialsystems. Doch es kämen viel mehr gut qualifizierte Rumänen, die einzahlen, nach Deutschland:
    "Es ist für Rumänien nicht einfach zu sehen, wie viele gut qualifizierte junge Leute auswandern, nach Deutschland, nach Großbritannien, nach Frankreich, nach Spanien, dort arbeiten, Leute, die Rumänien dann nicht hat – im Gegenzug dann aber ein viel, viel kleinerer Strom von Auswanderung in dem Sinne von Leuten, die tatsächlich versuchen, vielleicht ein leichtes Auskommen zu finden, dass dieser Teil dann immer wieder hochgespielt wird."
    Weil Rumänien direkt an die Ukraine grenzt, wird auch der Konflikt mit Russland ein Schwerpunkt bei den Gesprächen in Berlin sein. Iohannis ist dabei eine Art Gegenpol zum Russland-freundlichen ungarischen Regierungschef Viktor Orban:
    "Das ist schon ein bisschen weit aus dem Fenster gelehnt, was die ungarischen Nachbarn da in der Beziehung mit Russland beziehungsweise natürlich in der Beziehung mit den europäischen Partnern tun. Ich denke, es ist wichtig, dass man über kurz oder lang auf europäische Ebene sich einig wird. Weil, wenn da mit vielen verschiedenen Stimmen gesprochen wird, dann wird das Resultat natürlich nicht sehr durchschlagskräftig sein."
    Sollte es erforderlich sein, werde Rumänien auch schärfere EU-Sanktionen gegen Russland mittragen:
    "Rumänien hat die Sanktionen gegen Russland von Anfang an unterstützt. Da werden wir an der Seite unserer europäischen Partner auch weiter mitgehen."
    Sieht sich Rumänien direkt von Russland bedroht?
    "Rumänien fühlt sich nicht militärisch bedroht. Also wir gehen nicht davon aus, dass der Konflikt auf Rumänien überschwappt. Aber wir wollen für jeden Fall gewappnet sein. Und das bedeutet Unterstützung der NATO."
    Iohannis fordert mehr NATO-Präsenz, etwa ein neues Nato-Divisionskommando in Rumänien. Im Gegenzug verspricht er, den eigenen Verteidigungshaushalt deutlich zu erhöhen:
    "Die NATO braucht es nach wie vor genau aus den Gründen, aus denen sie erfunden wurde. Rumänien nimmt seine Rolle in der NATO ganz, ganz ernst, möchte andererseits von der NATO den Rücken gestärkt bekommen in dieser extrem exponierten Position, in der wir uns zurzeit befinden."
    Klaus Iohannis hat sich viel vorgenommen, auch in der Korruptionsbekämpfung. Der Erwartungsdruck ist hoch in Rumänien. Zu hoch? Der 1,90 Meter große Präsident lächelt und sagt: Nein, Erwartungsdruck ist für ihn Motivation - und Rumänien besser als sein Ruf:
    "Rumänien ist viel besser als sein Image. Aber damit das Image eben zu dem passt, was Rumänien wirklich ist, müssen wir uns alle ein bisschen mehr anstrengen."