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Russland
"Wir sind gegen den Kalten Krieg"

Moskau werde das Votum auf der Krim "respektieren", sagte der russische Gesandte in Berlin, Oleg Krasnizkij, im Deutschlandfunk. Die angedrohten Strafmaßnahmen der EU empfinde man als "kontraproduktiv", dennoch werde man weiter das Gespräch mit Berlin, Brüssel und Washington suchen.

Oleg Krasnizkij im Gespräch mit Friedbert Meurer |
    Der Kreml an den Ufern der Moskwa in Moskau.
    Oleg Krasnizkij sieht die Annäherung Russlands an den Westen nicht gefährdet. (dpa picture alliance / Matthias Toedt)
    Friedbert Meurer: Auf der Krim herrscht Jubelstimmung, wie wir gehört haben, vor allen Dingen unter den Wahlsiegern natürlich. Diejenigen, die mit Nein gestimmt haben, oder erst gar nicht zur Wahl gegangen sind, denen dürfte weniger freudig zumute sein. In der ukrainischen Hauptstadt Kiew kann man den Jubel auf der Krim sowieso nicht teilen. Man hofft darauf, dass nicht noch weitere Teile des Landes verloren gehen.
    Oleg Krasnizkij ist der russische Gesandte in der Botschaft in Berlin, spricht also für die russische Regierung. Herr Krasnizkij, guten Morgen nach Berlin.
    Oleg Krasnizkij: Guten Morgen, Herr Meurer.
    Meurer: Wird Moskau die Krim auf jeden Fall in die Russische Föderation aufnehmen?
    Krasnizkij: Das wird man sehen in den nächsten Tagen, denn die Entscheidung steht noch aus. Das Votum, das Ergebnis des Referendums wird aber respektiert von der russischen Führung.
    Meurer: Das heißt dann doch konsequenterweise, dass Sie dann auch die Krim aufnehmen werden?
    Krasnizkij: Konsequenterweise bedeutet das, dass man dieses Votum für den Anschluss an Russland nicht ignorieren wird.
    Krim-Krise: "Die Umstände waren außerordentlich"
    Meurer: Herr Krasnizkij, dieses Referendum auf der Krim, ist das unter irregulären Umständen zustande gekommen?
    Krasnizkij: Die Umstände waren außerordentlich und der Auslöser war dieser gewaltsame Staatsstreich, der Umsturz in Kiew und die Entmachtung von Janukowitsch. Dann war die Reaktion auf der Krim so, wie sie ist mit dem Referendum.
    Meurer: Gewaltsamer Staatsstreich in Kiew, sagen Sie. Andere sagen, das ist eine Revolution und so ein Ergebnis könnte man auch in Moskau anerkennen.
    Krasnizkij: Man hat gesehen, was in Kiew geschah, am 21. Februar, 22. Februar, und es stand diese Vereinbarung vom 21. Februar auf der Tagesordnung damals. Die wurde aber von Seiten des Maidan gar nicht befolgt und die westlichen Garantiemächte haben auch nichts gemacht, um diese Vereinbarung über die Abgabe der Macht von Janukowitsch an die Opposition irgendwie zu verwirklichen.
    Meurer: Das heißt, dann wäre die Krim noch ukrainisch, wenn man bis Dezember, bis zur Wahl gewartet hätte?
    Krasnizkij: Vielleicht. Jetzt ist aber die Situation ganz anders und die muss jetzt wiederum besprochen werden, auch international, und die Verbindungen, die Gespräche, die Kommunikation zwischen Russland und den Amerikanern, zwischen Russland und der EU, zwischen Russland und Deutschland, diese Kommunikation läuft weiter.
    Meurer: Aber Deutschland hält das Referendum für völkerrechtswidrig, die USA, die gesamte Europäische Union. Warum hat Russland noch nicht mal den Versuch unternommen, ein Referendum auf der Krim im Konsens zu organisieren?
    Krasnizkij: Ja, das ist die Tatsache, dass die USA und die EU und Deutschland dieses Referendum nicht akzeptieren. Man bleibt aber im Gespräch mit unseren Partnern und wird nach einer diplomatisch-politischen Lösung weiter suchen müssen. Das ist auch eine Realität, mit der wir jetzt zu tun haben in der Ukraine.
    Meurer: Wird der diplomatische Preis ziemlich hoch sein, den Russland zu bezahlen hat?
    Krasnizkij: Es gibt Drohungen von Sanktionen. Diese werden ernst genommen in Moskau.
    Meurer: Welche Schlüsse werden daraus gezogen in Moskau?
    Krasnizkij: Dass man erstens die Realitäten nicht ignorieren wird in Bezug auf die Krim, und man wird auch darauf bestehen, dass diese Vereinbarung vom 1. Februar dieses Jahres über die Verfassungsreform, über die Entwaffnung der ungesetzlichen bewaffneten Formationen, dass all diese Punkte jetzt verwirklicht werden in Bezug auf die Ukraine.
    Krasnizkij: Angedrohte Sanktionen sind kontraproduktiv
    Meurer: Die EU will Einreisesperren verhängen, Kontosperrungen für namhafte russische Personen, die in die Krim verwickelt sind. Was wird Ihre Antwort sein? Was wird die Antwort der Regierung in Moskau sein?
    Krasnizkij: Wir finden diese Sanktionen, die uns angedroht werden, kontraproduktiv für die Suche nach einer politischen Lösung der Krise in der Ukraine. Wie die Antwort ausfallen wird, da gab es auch schon Andeutungen, dass Russland auch symmetrische Maßnahmen ergreifen wird.
    Meurer: Welche könnten das sein?
    Krasnizkij: Da bin ich überfragt. Man rechnet nicht damit, dass die Sanktionen so scharf werden, dass man die Kommunikation zwischen beiden Seiten, zwischen der EU und Russland kippen wird.
    Meurer: Herr Krasnizkij, Sie arbeiten in Berlin, sind der russische Gesandte in der Botschaft. Eigentlich sollte Russland näher an den Westen herangeholt werden. Ist es das alles wert jetzt?
    Krasnizkij: Diese Annäherung ist da! Wir sind gegen den Kalten Krieg. Das wird keinem einen Gefallen tun. Es entsteht großer Schaden dann für ganz Europa und für die Welt, denn Russland ist ein Mitglied der internationalen Gemeinschaft und ist auch bei der Regelung aller internationalen Sachen mit dabei. Man kann nicht den Zustand wiederum haben in Europa wie vor 25 oder 30 Jahren. Das wird keinem von Nutzen sein. Russland ist auch in die Weltwirtschaft integriert. Auf solche Weise können diese Maßnahmen, die uns angedroht werden, eine neue Krise auslösen in Europa.
    Meurer: Oleg Krasnizkij, der russische Gesandte in Deutschland, bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk. Herr Krasnizkij, besten Dank und auf Wiederhören nach Berlin.
    Krasnizkij: Danke schön, Herr Meurer. Auf Wiedersehen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk/Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.