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Schluss mit dem langen Suchen

Die Suche nach einem Parkplatz in der Innenstadt dauert oft länger, als der gesamte Aufenthalt eigentlich geplant war. In San Francisco ist das öffentliche Parksystem auf das jeweilige Verhältnis von Angebot und Nachfrage optimiert worden. Das sorgt für schwankende Preise, erleichtert aber auch das Finden von Parkmöglichkeiten.

Von Maximilian Schönherr |
    Es fing mit einem Buch an: "The high cost of free parking." Darin begründete der amerikanische Städteplaner Donald Shoup von der Universität von Kalifornien in Los Angeles seine These, kostenloses Parken sei Gift für Großstädte: Es dient niemandem, wenn ein Auto zehn Mal um den Block schleicht, in zweiter Reihe hält, lauert, zuschlägt, wenn endlich ein Parkplatz frei wird. Das behindert den öffentlichen Nahverkehr, das macht die Lage unübersichtlich für andere Verkehrsteilnehmer, Fußgänger und Radfahrer, das kostet Treibstoff und fördert den Smog.

    "Wir haben massive Fehler bei der Städteplanung gemacht. Der Bau der Satellitenstädte im 20. Jahrhundert orientierte sich immer am Auto. Die Grundannahme war damals: Jeder Erwachsene hat ein Auto, er kann damit überall hinfahren, und er wird am Ziel immer einen Parkplatz finden!"

    Alle Großstädte büßen heute dafür. Der Parkraum ist knapp und teuer.

    Statt, wie es etwa London vormacht, die Innenstadt für den Normalverkehr komplett zu sperren, schlug Donald Shoup der für ihre Innovationsfreundlichkeit bekannten Stadtverwaltung von San Francisco vor, das Parken auf Angebot und Nachfrage umzustellen. Je begehrter ein Parkplatz ist, desto mehr soll er kosten.

    Die gängigen mechanischen Parkuhren kannten nur starre Preissysteme, typischerweise um die drei Dollar pro Stunde, also ersetzte die Stadt sie. Und sie ließ in den Boden von über 18.000 Parkplätzen der Innenstadt Sensoren ein, die feststellen: Hier parkt gerade ein Wagen, oder hier parkt kein Wagen. Die Sensoren melden diese Information laufend an den Zentralrechner in der Stadtverwaltung, und der diktiert den neuen, internetfähigen Parkuhren in bestimmten Zeitintervallen neue Preise.

    Der Algorithmus, mit dem der Preis bestimmt wird, ist einfach: Wenn in einem Block, also einer Häuserzeile weniger als zwei Parkplätze frei sind, steigt der Preis. Sind mehr als zwei Parkplätze frei, sinkt er.

    Die Autofahrer nutzen in der Regel ein kleines Computerprogramm, eine App, auf ihrem internetfähigen Mobiltelefon, um sich zu einem möglichst günstigen Parkplatz in der Nähe des Wunschziels leiten zu lassen. Eine Reservierung des Parkplatzes ist nicht möglich, eine Bezahlung übers Mobiltelefon, wenn man dort angekommen ist, aber schon.

    "Ein Jahr nach der Einführung des Systems war das Parken in San Franciscos Innenstadt ein Prozent billiger als mit dem alten starren System. Und man findet nun rund um jeden Häuserblock freie Parkplätze – während vorher alles zugeparkt war. Manche Parkgebühren betragen nur 25 Cent, andere bis zu sechs Dollar pro Stunde. Wenn Sie Geld sparen wollen, ermutigt Sie unser Modell, weiter weg zu parken, vielleicht sechs Straßenzüge entfernt, und dann zu Fuß zu Ihrem Ziel zu gehen. Ich denke, das ist gesund für die Stadt."

    Donald Shoups Idee wird nun auch in Boston umgesetzt, und andere Städte in anderen Ländern sympathisieren bereits damit. Die Umstellung auf das neue System kostete San Francisco etwa zwölf Millionen Euro und führte schon nach wenigen Monaten zu einer für alle Verkehrsteilnehmer spürbaren Entzerrung, vermutlich auch zu weniger Unfällen. Die Verkehrsbehörde von San Francisco bereitet jetzt die ersten Statistiken vor, wo das dann nachprüfbar sein wird.

    Alle Einnahmen aus Parkgebühren steckt die Stadt direkt in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Das neue Parkmodell, so Donald Shoup, unterstützt also nicht nur Busse und Bahnen, sondern auch die Menschen, die sich kein Auto leisten können.


    Links ins Netz:

    Seite mit erklärendem Video zum flexiblen Parken