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Schweden
Stockholm will aufrüsten

Vier Monate nach den Parlamentswahlen könnte es in Schweden wieder zu einer rot-grünen Minderheitsregierung unter Stefan Löfven kommen. Die Verhandlungen wurden hart geführt. Bei einem Thema gab es aber über Parteigrenzen hinweg Zustimmung.

Von Carsten Schmiester | 17.01.2019
    Micael Bydén, Oberbefehlshaber der schwedischen Streitkräfte (von links), Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven und Verteidigungsminister Peter Hultquist vor einem Panzer auf der Ostseeinsel Gotland
    Micael Bydén, Oberbefehlshaber der schwedischen Streitkräfte (von links), Schwedens amtierender Ministerpräsident Stefan Löfven und Verteidigungsminister Peter Hultquist vor einem Panzer auf der Ostseeinsel Gotland (Deutschlandradio/ Gunnar Köhne)
    In einem Punkt gibt es übergreifende Einigkeit: Schweden ist zu schwach, militärisch, und hat der als immer größer wahrgenommenen Bedrohung durch Russland nicht genug entgegenzusetzen.
    "Die Sicherheitslage hat sich in letzter Zeit in eine ungute Richtung bewegt und ist schlechter geworden, egal wohin man schaut. Das Verhalten der Russen erschüttert ganz Europa."
    Das sagt General Micael Bydén. Er ist Oberkommandierender der schwedischen Streitkräfte, die nach der Jahrtausendwende immer kleiner gespart und vor allem auf begrenzte Auslandseinsätze ausgerichtet worden sind. Inzwischen haben die Schweden erkannt, dass ihnen ihre Neutralität und Bündnisfreiheit womöglich nicht mehr allzu viel hilft.
    Schweden fühlt sich bedroht
    Die Wehrpflicht wurde wieder eingeführt, die Bevölkerung im vergangenen Mai mit einer Broschüre auf aktuelle Gefahren hingewiesen und darauf, was dann zu tun ist. Das hat weltweit Schlagzeilen gemacht, weil es so gar nicht zum gängigen Schwedenbild passt. Der Titel "Om Krisen eller Kriget kommer", "Wenn es eine Krise oder einen Krieg gibt".
    Krieg? Seit mehr als 200 Jahren leben die Schweden doch in Frieden. "Eigentlich nicht mehr wirklich", so General Bydén: "Denn wir werden digital angegriffen und ausspioniert". "Keine Zukunftsmusik", sagt er, "ich rede über das Hier und Jetzt. Wir sind bereits kontinuierlich Versuchen ausgesetzt, in unsere Systeme einzudringen."
    Cyberkompetenz soll gestärkt werden
    Also will die Armee jetzt in einem ersten Schritt 30 Cybersoldaten ausbilden, hochspezialisierte Fachleute in der Abwehr elektronischer Attacken, man könnte auch sagen "Hacker im Kampfanzug".
    "Sie sollen sowohl unsere eigene Cyberkompetenz als auch die anderer Behörden vergrößern. Wir müssen uns ja vor sehr cleveren Gegnern schützen, die das schwedische Verteidigungssystem und andere Gesellschaftsfunktionen manipulieren wollen." Soweit der Hightech-Aspekt der stetigen schwedischen Aufrüstung.
    Zahl der Wehrpflichtigen soll steigen
    Weiter ist geplant, die Zahl der Wehrpflichtigen, die tatsächlich gezogen werden, im kommenden Jahr von 4.000 auf 5.000 zu erhöhen und bessere, vor allem finanzielle Bedingungen zu schaffen, um mehr Frauen und Männer als Offiziere anwerben zu können. Da herrscht im Moment besonderer Personalmangel.
    Das Ziel, zwei Kampfbrigaden bis 2020 einsatzbereit zu haben, ist deshalb schon nicht mehr zu erreichen. Dazu sollen mehr Kampfjets, moderne Luftabwehrsysteme und neue Kriegsschiffe für die Marine angeschafft werden. Das alles wird teuer, sehr teuer: Die Rede ist von umgerechnet etwa einer Milliarde – bis 2021.